Читать книгу Coltpoker der Gnadenlosen: Western Sammelband 4 Romane - Glenn Stirling - Страница 18

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Während sie mit Fackeln herumrannten, dabei schrien und sogar zweimal schossen, war Jim mit seiner Gefangenen zu jener Stelle gelangt, wo die Bahn mächtige Wassertanks für ihre Lokomotiven errichtet hatte.

Lily gehorchte jetzt. Dass sie aufgegeben hatte, mochte Jim nicht glauben, doch vielleicht war sie zu klug, um sich selbst noch mehr Schmerzen zuzufügen, denn Jims Griff war hart und nicht sehr rücksichtsvoll. Für ihn war sie eine Mörderin, nicht mehr eine anbetungswürdige Frau.

Sie versuchte auch nicht wieder zu schreien, nachdem Jim ihr angedroht hatte, sie zu knebeln. So stand sie zitternd vor Kälte in ihrem von Lehm und kalkigem Schlamm verdorbenen Samtkleid an einen Schwellenstapel gelehnt und rang nach Atem. Jim hatte sie die ganze Zeit hinter sich hergeschleppt, ohne Erbarmen und Mitgefühl.

„Bitte, ich bin eine schwache Frau – bitte, lass mich gehen!“, bat sie mit vor Atemnot stockender Stimme.

„Gehen?“ Er lachte leise.

„Ich bin eine Frau, Jim, es könnte alles so schön sein. Ich habe Geld hier, viel Geld, wir könnten zusammen …“

„Schweigen Sie!“, fuhr er sie an.

„Ich verspreche …“

Er kam mit seinem Gesicht dem ihren ganz nahe und spürte den Duft ihres Haares, ihrer Haut. „Seien Sie ganz still, Lily! Oder soll ich lieber Judy sagen? Sagen Sie nichts mehr! Ich bringe Sie vor ein Gericht in Green River City, das bin ich dem Mann schuldig, den Sie auf dem Gewissen haben. Sie Mörderin!“

„Ich habe es nicht getan, ich …“

„Ruhe jetzt! Sie lügen, wenn Sie nur den Mund aufmachen. O ja, Judy, Sie sind schön, ja, äußerlich sind Sie ein Engel, aber innen, da sind Sie ein Teufel. Ein schlimmer Teufel, Mädchen. – Schade um so eine Hülle.“

„Sie wissen nicht, was Sie sagen, Short!“, erwiderte sie schroff. „Was wissen Sie schon von Frauen?“

„O'Hagan war einer der besten Burschen, die ich je kannte. Sie haben ihm das Leben genommen, ausgerechnet ihm, der mehr wert gewesen ist als hundert von Ihrer Sorte.“

„Sind Sie so allmächtig, dass Sie über jeden und alles richten können?“, fragte sie spöttisch.

„Nein. Aber ich werde Sie zu Leuten bringen, die das verstehen. Und ich habe O'Hagan meinen Freund genannt. Deshalb soll Gerechtigkeit herrschen, und das werden Sie erleben.“

„Wir sind noch nicht in Green River City. Komisch, bis jetzt hatte ich maßlose Angst vor Ihnen. Nun nicht mehr. Auch vor dem Tod nicht. Vielleicht wird Rick Sie erwischen oder einer seiner Leute. Wenn sie nahe genug sind, werde ich schreien.“

„Das wird Ihnen leid hin, und weh tun wird es Ihnen auch.“

„Wollen Sie, dass ich vor dem Gericht sage, dass Sie mich laufend misshandelt haben? Soll ich dann die blauen Flecke an meinen Armen zeigen? Meinen Sie, man wird dann Beifall klatschen? Auch wenn ich eine Mörderin bin, wie Sie sagen?“

„Wie ich sage? Wie Sie es sind, Judy!“

„Jim, sei vernünftig. Wem bringt es etwas ein, wenn du hier den Helden spielst? Noch glaubst du dich sicher, aber Debré ist kein Narr. Er hat etwas für dich übrig gehabt, deshalb lebst du noch. Nun nicht mehr. Er wird dich hetzen lassen, und am Ende wird er dich besiegen. Hopkins gehört zu denen, die nicht danach fragen, ob du eine Frau als Schutzschild vor dich hältst. Er tötet uns beide, wenn es ihm gefällt. Dabei könnte alles so schön sein.“

Sie schmiegte sich dicht an Jim, aber er schob sie von sich. „Hör auf damit, es zieht nicht!“

„Du großer Junge! Ich bin eine Frau, die dir alles gibt, wenn du nur etwas Verstand zeigst. Stattdessen rennst du einem Klaps nach, der dir nichts einbringt. Ja, ich habe manches getan, was nicht gut ist. Aber es ist mir eine Lehre gewesen. Ich werde es nicht wieder tun. Doch wenn ich gejagt werde wie ein Fuchs, muss ich mich wehren, immer wieder. – Hör doch zu, Jim! Gehen wir beide von hier weg. Ich habe in Cheyenne ein Bankkonto. Wir heben es ab und ziehen irgendwohin nach Osten oder nach Süden. Weit weg von hier, und dort fangen wir beide neu an.“

Er lachte spöttisch.

„Ja, neu, wie zwei Zwanzigjährige, die noch nichts erlebt haben. Ich würde dir die beste Frau der Welt sein, und du …“

„Und ich wache eines Tages mit einem Messer in der Brust auf, was? Oder einem Schuss im Hinterkopf. Das mit Guiness, das geht doch auf dein Konto, nicht wahr?“

„Nein, ich war die ganze Zeit …“

„Du bestimmt, aber Renard?“

Sie lachte leise. „Renard? Das war bestimmt nicht mein Mann. Der war gegen mich, schon immer. Allerdings auch gegen Guiness.“

„Und O'Toole?“ fragte er. Es war mehr ein Versuch, doch als er spürte, wie Judy Stevenson zusammenzuckte, fragte er schärfer: „Hast du ihn etwa auf Guiness gehetzt?“

„Er hasste Guiness.“

„Und du, warum wolltest du ihn umbringen lassen?“

Sie schwieg, doch dann sagte sie leise: „Er war drauf und dran, mich zu verhaften. Ich wusste, dass er kein Prediger ist. Er hatte sich hier ganz raffiniert ein geschlichen, aber er war zu viel Mann, um das sein zu können, was er vorgab. Jim, er konnte sich als scheinbarer Reverend nicht mit den Tanzmädchen und Dirnen einlassen. Aber mit mir wollte er es, immer wieder.“

„Wieso wollte er dich verhaften?“, fragte Jim misstrauisch.

„Es hat nichts mit O'Hagan zu tun.“

„Ah“, murmelte Jim, „also noch mehr Sachen. O'Hagan, Guiness, und nun also noch jemand. Wer?“

Sie schwieg.

Er lauschte in die Nacht, aber es war still. Rechts stand schattenhaft der große Wassertank, noch weiter entfernt waren die Umrisse einzelner Waggons zu erkennen, die auf einem Nebengleis standen.

„Weiter, und wehe, du versuchst etwas!“, raunte er und ergriff ihren Arm.

Sie gehorchte widerstandslos. Nebeneinander huschten sie auf den Kohlenbunker zu, der allerdings leer war und für die Zukunft galt. Zur Zeit heizten die Loks hier Holz und keine Kohle. Etwas weiter entfernt lagerten die Holzstapel. Unweit davon stand ein einzelner offener Waggon. Jim zog Lily mit sich auf diesen Waggon zu.

Es begann zu regnen. Erst kamen nur einzelne Tropfen, doch dann rauschte es in Schauern. Die Sicht wurde so schlecht, dass Jim nur noch langsam weitergehen konnte und erst merkte, dass er den Waggon erreicht halte, als er ihn mit den Händen berührte.

Bevor es so stockfinster geworden war und zu regnen begonnen hatte, meinte Jim etwas weiter eine Bauhütte der Bahnleger gesehen zu haben. Er tastete sich am Waggon entlang weiter, und gerade wollte er am Waggonende das Gleis überqueren, als Lily stolperte und gedämpft aufschrie. Er fasste sie fester und raunte ihr zu: „Bis dorthin, dann haben wir eine Weile Ruhe!“

Sie stöhnte, sagte aber nichts.

Plötzlich sagte eine raue Stimme hinter ihnen: „Das ist weit genug! Steht beide ganz still. Keine Bewegung!“

Ridgeway!, durchfuhr es Jim. Wie kam der hierher?

Jim war es, als atme Lily erleichtert auf. Er stand so dicht neben ihr, dass er hören konnte, wie sie erlöst seufzte.

„Bist du dabei, Lily?“, fragte Ridgeway.

„Ja, Dale, du kommst früh genug.“

„Ist Short der Mann?“

Lily antwortete: „Ja, es ist Short, aber sieh dich …“

Jim wirbelte herum. Er hatte jetzt keine andere Wahl mehr. „Lass fallen, Ridgeway!“, keuchte er. „Drei Schritte Entfernung sind eine sichere Sache, und ich habe ihn ebenso in der Hand wie Sie!“

Ridgeway schrie:„Weg von ihm, Lily!“

Lily riss sich los, und Jim machte keinen Versuch, sie zu halten. Er warf sich zu Boden und sah vor sich die Feuerkugel des Mündungsfeuers vor Ridgeways Revolverlauf. Sie war so rund und so groß, diese Flamme, dass er daran sah, wie gut Ridgeway in seine Richtung zielte. Aber er verfehlte ihn dennoch, und Jim schoss, bevor ihn das grelle Licht richtig blenden konnte.

Ridgeway feuerte ein zweites Mal, aber schon am Mündungsfeuer, das diesmal lang und spitz war, erkannte Jim, dass Ridgeway zum Himmel und nicht mehr auf ihn feuerte. Dann gab es einen eigenartig anzuhörenden Klatsch. Schotter rieselte, danach war tiefe Stille. Trotz des Regens, der nach dem ohrenbetäubenden Knallen zunächst für Jims Ohren gar nicht zu hören gewesen war, vernahm Jim nun sogar den keuchenden Atem der Frau, und plötzlich hörte er ihre raschen Fußtritte.

Er sprang auf, lief ihr nach und erreichte sie, als sie gerade über etwas stolperte und mit einem Aufschrei zu Boden fiel.

„Auf! Deine Chancen schmelzen wie Schnee in der Sonne, Lily“, raunte er ihr zu.

„Oder deine!“, sagte sie kurzatmig und lauschte zur Stadt hin, von wo plötzlich Rufe herüber hallten. Fackeln flammen zuckten zwischen den Häusern auf, und dann kamen sie näher.

Coltpoker der Gnadenlosen: Western Sammelband 4 Romane

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