Читать книгу Coltpoker der Gnadenlosen: Western Sammelband 4 Romane - Glenn Stirling - Страница 26

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Jim war von der ersten der drei Tannen auf die mittlere und von dort auf die hinterste geklettert, hatte sich vorsichtig und nahezu lautlos wieder an der von Lily abgewandten Stammseite hinabgelassen und schlich nun wie ein Indianer durch das Gestrüpp bis zu einer tiefer gelegenen Stelle, von wo aus er, in deren Schutz liegend, zwischen den Baumstämmen hindurch sogar die näherkommenden Reiter erkennen konnte. Sie waren drei. Und das ließ Jim wieder hoffen. Dann erkannte er sogar Debré unter ihnen, und auch Hopkins konnte er ausmachen. Den dritten Mann kannte er nicht, aber er hielt das auch gar nicht für wichtig.

Jetzt kamen sie noch näher, ritten keine dreißig Schritte weit an ihm vorbei, ohne ihn nur zu bemerken. Dann schrie Lily mehrfach ihre Warnung, und Hopkins und Debré forderten Jim auf, sich sehen zu lassen.

Jim lächelte nur stumm vor sich hin. Lily hatte ihn betrogen, wie er es mit Sicherheit erwartet hatte. Und ebenso würde Debré ihn betrügen, falls er wirklich an einen freien Abzug glauben sollte.

Nein, es gab kein Pardon. Nicht hier und nirgends, wenn Rick Debré etwas durchsetzen wollte.

Jim sah, wie Hopkins auf die Bäume zuritt, wie er absaß, wie er hinauf in die Baumkronen schoss, wo niemand war.

Hopkins war zu Fuß, und das bedeutete für Jim Gefahr. Er nahm das Henry-Gewehr herum, zielte und schoss. Alles musste sehr schnell gehen, und Jim konzentrierte sich darauf.

Hopkins wurde getroffen, wirbelte herum und schoss fallend sein Gewehr ab. Die Schüsse wurden in einer Reflexbewegung abgegeben, ebenso wie Hopkins ohne Sinn und Verstand immerzu repetierte und abdrückte, ohne überhaupt zu zielen. Er lag auf dem Rücken und schoss, bis das Röhrenmagazin leer war.

Jim feuerte den zweiten Schuss auf Debré ab, aber er verfehlte ihn, weil gerade der Nebenmann anritt. Der kleine, hagere Martins fing mit seiner Schulter die Kugel ab und wurde abgeworfen, als sich sein entsetztes Pferd aufbäumte,

Debré schrie: „Eine Falle!“ und riss sein Pferd herum. Doch der stämmige, hochbeinige Fuchs verfing sich im Wurzelgeschlinge und strauchelte.

Jim repetierte, schoss erneut, und diesmal warf es Rick Debré aus dem Sattel.

Da feuerte Martins aus dem Revolver, doch auf diese Entfernung war er mit dem 44er ohne sichere Treffmöglichkeit. Als er erneut den Kopf hochnahm und schießen wollte, erwischte ihn Jims Gewehrschuss, und diesmal stand Martins nicht wieder auf.

Danach war Stille. Nicht einmal Vögel zwitscherten. Alles war so stumm wie in einer Gruft.

Jim wartete noch, aber er hörte nur Debré, der plötzlich stöhnte: „Short – Short – hilf mir – ich – ich verblute!“

Jim glaubte es nicht. Er wartete noch länger, und wieder rief Debré mit gequälter Stimme nach ihm.

Endlich erhob sich Jim, und in diesem Augenblick sah er Debré, der auf dem Bauch lag und sein Gewehr hochriss.

Jim sprang zur Seite, und der Schuss verfehlte ihn um Haaresbreite. Dann riss er selbst das Gewehr hoch, zielte und schoss, aber Debré hatte sich auf die Seite gewälzt.

Jim repetierte und schoss wieder. Gleichzeitig feuerte Debré, aber zu spät. Sein Schuss schlug Jim das Gewehr aus den Händen, doch Debré selbst bekam Jims Treffer in die Stirn.

Jim sah den zersplitterten Schaft des Gewehres an, das vor ihm lag, und wischte sich zerfahren über die Stirn. Als er zu Debré ging, lag der reglos auf der Seite, nicht weit von Martins, der ebenfalls tot war.

Jim ging zu Hopkins, aber auch hier war keine Hilfe mehr möglich, obgleich Hopkins noch lebte. Dann aber sah Jim zu Lily hin. Sie hing schlaff im Sattel. Blut floss über ihren zur Seite gebeugten Hals und die linke Gesichtshälfte. Nur der Strick hielt sie am Sattelhorn fest und bewahrte sie davor, vom Pferd zu fallen.

Das Tier stampfte nervös und hätte sich am liebsten losgerissen. Jim trat neben das Tier und sagte: „Lily, was ist denn?“

Sie antwortete nicht, und als er die Wunde auf ihrer Brust sah, die ein Querschläger verursacht hatte, wusste er, dass die schöne Judy Stevenson alias Lily Dollar nie wieder Männerherzen höher schlagen lassen würde, aber auch nie mehr einen Menschen umbringen konnte.

Jim löste die Handfesseln und ließ Lily vom Sattel sinken. Dann saß er auf, denn in der Ferne erklang neuer Hufschlag. Stimmen erschollen, und jemand rief immerzu: „Boss, wo steckt ihr?“

Jim ritt tief ins Dickicht hinein und wartete. Aber es kam anders. Als die ersten Reiter auftauchten und sich vorsichtig näherten, als sie Hopkins, Debré und Martins fanden und schließlich auch Lily, da sah er, wie sie die Toten aufluden, sich nach allen Seiten umsahen und wie einige von ihnen über die Steilwandkante m die Tiefe blickten. Und er hörte, wie einer sagte: „Er ist weg, vielleicht dort unten. – Verdammt, er ist mit ihnen allen fertig geworden. Ich hab nichts mit ihm abzumachen. Kommt Jungs, wir reiten zurück!“

Und das taten sie wirklich.

Jim blieb an der Kampfstätte, und später, als er sie weit genug wähnte, ritt er zurück zum Tal, wo der eine Weg die Serpentinen hinauf nach Green River City führte. Er beschloss, erst zu rasten, denn nun war alles ausgestanden …

Fast zwei Stunden schlief er tief und fest, aber dennoch weckte ihn das leise Geräusch fernen Hufschlags. Er sprang auf, sah sich um, sah aber niemanden. Doch der Hufschlag auf festem Fels klapperte deutlich und kam näher.

Um sicher zu sein, ritt Jim auf der Braunen in den Wald zurück und wartete. Er hatte nur einen Reiter gehört.

In dichtem Buschwerk stehend, hielt er seinem Pferd die Hand über die Nüstern, um es am Wiehern oder Schnauben zu hindern. Der Braune stand stocksteif und schien sehr gut abgerichtet zu sein.

Plötzlich tauchte der Reiter auf, und Jim schluckte entgeistert, als er Dale Ridgeway erkannte.

Ridgeway ritt bis zum Bach, ließ das Pferd saufen, ohne abzusitzen, und trieb es gleich wieder an, dass es die Serpentinen hinauf sollte.

Jim ließ ihn ein Stück weit reiten, dann rief er ihn an: „Ridgeway!“ Der Ruf klang im Talkessel schaurig laut und hallte von den Bergwänden wider. Und so geschah etwas, das Jim gewiss nicht vorausberechnet hatte.

Ridgeways Pferd machte einen Satz nach vorn, bäumte sich auf und raste, bevor Ridgeway es zügeln konnte, an Jim vorbei in den Wald hinein.

Jim saß sofort auf, aber er hörte nur Ridgeways Schreien, das Schnauben des durchgehenden Pferdes und das Knallen und Klatschen, wenn das Pferd an einen Ast geriet oder einen Stamm streifte.

Jim ritt, so schnell das im Wald ging, Pferd und Mann nach, aber dann, als er von hier aus wieder den Himmel sehen konnte, wo der Wald an der Steilwand endete, da hielt er die Luft an und zügelte instinktiv sein Pferd. Er sah, wie Ridgeways Tier plötzlich über die Kante schoss, wie sich Mann und Reiter plötzlich senkten und verschwanden.

Bevor Jim noch weiterreiten konnte, hörte er das helle Klatschten in der Tiefe, und dann, als er endlich zu Fuß am Rande der Steilwand stand, sah er nur noch die Ringe im Wasser des kleinen Sees, einen Hut und ein paar Schaumflocken, die vom herabstürzenden Bachwasser gleich wieder verwischt wurden.

Von Ridgeway und dem Pferd tauchte nichts mehr auf. Und Jim ahnte nicht, was der Revolvermann mit in die Tiefe genommen hatte. Niemand sollte es je erfahren. Denn die zwanzigtausend Dollar blieben verschwunden wie Ridgeway und sein Pferd. Verschlungen von diesem abgründigen See, der nie wieder etwas hergab, was er hatte.

Jim ging zu dem Braunen, saß auf und ritt schweigend und noch immer unter dem Eindruck des Geschehens davon. Er würde nie mehr in diese höllische Stadt zurückkehren, und er war um viele Erfahrungen reicher geworden. Aber was sonst hatte es ihm eingebracht?

Was er gewonnen hatte – und es war ein recht zweideutiger Gewinn, wie er sich eingestand –, waren die vierzehnhundert Dollar, die er in Rick Debrés Satteltaschen fand. Es würde Debré auch nichts mehr nützen, falls er sie zurückgab. Also behielt er sie und ritt der Sonne entgegen.

Hinter sich den Tod und vor sich die Hoffnung, so weit wie dieses wilde und große Land.

ENDE

Coltpoker der Gnadenlosen: Western Sammelband 4 Romane

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