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„Gut, Frau Conrad, noch ein paar Denkübungen für den Heimweg.“

„Nur die Ruhe. Ein paar Minuten haben wir noch.“

„Frau Neskovaja sagt, sie hat ihr Auto geparkt, aber keine Erinnerung, wie es zu den Verletzungen kam. Wir nehmen an, sie sagt die Wahrheit. Und wir unterstellen, die Frau hat sich nicht selbst verletzt. Frage also: Wie ist sie in ihre Wohnung in der ersten Etage gekommen?“

„Sie ist hochgegangen, oder wie meinen Sie das? An der Haustür hat sie bestimmt nichts getrunken, etwa mit K.O.-Tropfen darin.“

„Warum erinnert sie sich nicht an den Weg noch oben? Kann es sein, dass sie bereits an der Haustür überfallen worden ist oder unten im Flur? Die Frau ist ordentlich gebaut, wahrscheinlich etwas massiger als Sie. Dann muss der Täter ganz schön kräftig gewesen sein, um sie die Treppe hinauf und in die Wohnung zu tragen.“

„Hhm, ja, das stimmt. Demnach könnte es unten noch Kampfspuren geben. Blöd, an was man nicht alles denken muss. Nach erstem Augenschein war im Flur nichts Verdächtiges zu erkennen.“

„Hat jemand aus der Nachbarschaft etwas gesehen? Vielleicht eine Person, die in der Nähe des Hauses gewartet hat?“

Frau Conrad lächelt verlegen.

„Mann, Sie haben sich echt Gedanken gemacht. Und führen mir nebenbei all die kleinen Nachlässigkeiten vor, mit denen wir aus Zeit- und Personalmangel zu kämpfen haben. Aber Sie haben Glück.“

Keine Heiterkeit mehr in ihrer Feststellung.

„Wie das, Frau Conrad?“

„Wenn Sie nicht der ... der Mann meiner Chefin wären, würde ich Ihre Fragen als kaum versteckte Kritik auffassen. So empfinde ich sie als bedenkenswerte Hinweise von einem, dessen Kopf von kriminalistischen Denkgewohnheiten verunreinigt ist. Wir sollten gehen.“

„Na, denn; ich werde Corinna das Kompliment weitergeben. Entschuldigung, Frau Conrad, ich gehe kurz zur Toilette.“

Tatsächlich verschwinde ich links in dem langen Gang, um Kaffee und Kuchen zu zahlen.

*

Frau Conrad steht vor dem riesigen Fensterbogen, schaut hinaus auf die Parkplätze und den Park dahinter.

„Das ist wirklich hübsch hier. Lassen Sie uns zahlen, Herr Berkamp.“

„Schon geschehen.“

„Oh. Was schulde ich Ihnen?“

„Nichts, Frau Conrad. Es war mir ein Vergnügen, mit Ihnen zu sprechen. Kleines Dankeschön für Ihr Vertrauen.“

„Trotzdem; Sie, das geht nicht, Herr Berkamp. Ich zahle die Hälfte.“

„Was nicht geht, wird einfach gefahren. Beim nächsten Mal zahlen Sie. Natürlich können wir zwei auch das Wort ,Beamtenbestechung’ buchstabieren. Nichts dergleichen ist geschehen. Zwischen uns ist kein Bargeld geflossen.“

Sie sieht mich mit mildem Tadel im Blick an.

„Wie würden Sie das sonst bezeichnen?“

„Kleine Gefälligkeit zwischen Familienmitgliedern, okay? Ob Kaffee und Kuchen ein geldwerter Vorteil sind, lässt sich bei den Eigenheiten der menschlichen Verdauung kaum feststellen. Gehen wir?!“

„Mann, wie hält Corinna es mit Ihnen aus?!“

Sie kichert verlegen.

„Entschuldigung, so habe ich das nicht gemeint ...“

„Quatsch, haben Sie wohl,“ unterbreche ich grinsend und gebe ihr einen leichten Klaps gegen den Unterarm.

„Sie denken, Sie haben das Richtige gesagt, aber es war nicht richtig, es zu sagen.“

Frau Conrad schaut mich mit halboffenen Mund an, länger als nötig.

Schließlich stellt sie mit herzerwärmendem Lächeln fest:

„Haarspalterei, Grauzonen und andere entwaffnende Eigenheiten. Man sollte Sie einsperren. Wegen Untergrabung meiner Dienstmoral.“

Ich folge ihr zum Ausgang.

Der rotuniformierte Türsteher öffnet uns mit artiger Verbeugung und lautem „Auf Wiedersehen“ die hohe Tür. Seine Augen folgen Frau Conrads sanftem Hüftschwung und werden größer. Die rehbraune Wildlederjacke hat sich über ihrem Gesäß hochgeschoben und gibt den Blick auf ein kurzes Halfter mit einer schwarzen Dienstpistole frei.

Draußen ist es windig und unangenehm kühl. Vor ihrem Wagen dreht Frau Conrad sich um, piekst mit dem Zeigefinger in meine Richtung.

„Selbstverständlich werde ich meiner Chefin über unser Zusammentreffen berichten, zumindest soweit es von dienstlichem Belang ist. Ich unterstelle, Sie sind damit einverstanden, wenn ich die eine oder andere Überlegung des Gesprächs aufgreife und weiterverfolge. Der Rest ist Schweigen, einverstanden?“

„Selbstverständlich. Dafür reden und schweigen wir ja miteinander.“

„Schön, wir verstehen uns,“ bestätigt sie in der geöffneten Autotür.

Ich schaue ihr nach, bis der graue BMW zwischen den Bäumen verschwunden ist. Montage wie dieser könnten mir bravem Hausmann ruhig öfter widerfahren.

Die Hexe zum Abschied

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