Читать книгу Die Hexe zum Abschied - Günter Billy Hollenbach - Страница 8
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ОглавлениеStreitereien haben das oft an sich.
Sie flackern aus nichtigem Anlass auf.
Monas nächste Frage, meine arglose Antwort – zündende Funken.
„Hast Du noch Kontakt mit diesem Bodyguard Carey?“
„Ab und zu per E-Mail. Auch mit seiner Schwester Belinda. Gelegentlich telefonieren wir miteinander.“
Corinna fährt auf.
„Sieh einer an! Wieso kriege ich das rein zufällig erst jetzt mit?!“
„Hey, hey, halt mal, Corinna! Mit wem Du während der Woche den lieben langen Tag sprichst, erfahre ich auch nicht.“
So leicht dreht sie nicht bei.
„Das ist wohl etwas anderes ... und rein dienstlich. Ausgerechnet die!“
Mona zieht die Augenbrauen zusammen.
„Wieso, Mammi? Kennst Du diese ... Belinda Carey?“
„Nein, Mona. Aber der Kollege Wiegand kennt sie. Er hat sie vor Jahren auf einer Konferenz in New York getroffen ...“
„Zufällig dein Lieblingsarschloch ...“
„Mona, bitte, beherrsch dich. Jedenfalls hatte diese Dame Carey im Oktober nichts Besseres zu tun, als Wiegand anzurufen ...“
„Wieso das denn?“
„Mädchen, davon reden wir die ganze Zeit. Da hatte unser Held hier gerade die Entführung dieses Chinesen-Mädchens verhindert.“
Die Kollegin in San Francisco war beeindruckt und wollte sich über mich erkundigen. Weil ich leichtsinnigerweise von Corinna und ihrem Beruf erzählt hatte.
„Pah. Mammi, versteh ich nicht. Kannst Du doch stolz drauf sein.“
„Von wegen! Ich saß da wie dumm. Mein Robert hatte es nicht für nötig gehalten mich anzurufen. Dafür hat Wiegand mir höchst genüsslich von dem Vorfall mit dem Kind berichtet.“
„Sage ich doch, dein Lieblingsarschloch.“
Natürlich war ich überrascht, und es war mir peinlich, als Detective Carey im Polizei-Hauptquartier San Francisco mir freundliche Grüße aus dem Präsidium in Frankfurt bestellte. Ausgerechnet von Wiegand, der die interne Ermittlung der Schuster-Schießerei geleitet hatte.
Vergangenheit, für mich wenigstens.
Immerhin hat Wiegand sich bei Belinda sehr anerkennend über Corinna und mich geäußert. Sage ich, um das Thema zu beenden.
„Ohne mich vorher zu fragen. Geschenkt.“
Nicht ganz, zeigt Corinnas Blick. Mir fällt das Wort leichte Gewitterwolke ein. Klar, dass eine bissige Frage folgt.
„Und, Robert, hast Du etwas mit ihr gehabt, mit dieser Belinda? Bestimmt eine rassige Indianerin. Und überaus verständnisvoll für einen trostbedürftigen Mann im gesetzten Alter.“
Frau Mutter ist angesäuert und erwartet das Verständnis der Tochter.
Die jedoch wundert sich.
Noch ehe ich antworten kann, erklärt Mona:
„Mammi, Du bist albern, aber volle Kanne! Robert ist ein erwachsener Mann. Und als Schürzenjäger hat er sich noch nicht hervorgetan.“
Sachlich, wohl gut gemeint, aber Öl ins Feuer.
Corinna, hörbar gereizt:
„Dich habe ich nicht gefragt, Mädchen!“
Mona springt die Rauflust in die Augen.
„Oh, Gnädigste gibt sich missgestimmt. Auch wenn Du es ungern hörst: Nicht jede Frau ergreift so schnell die Flucht wie Du, sobald ein Mann ihr näher kommt. Erst recht, wenn sich zeigt, dass er in Ordnung ist. Wenn so etwas passiert, eine Erfahrung auf Leben und Tod ...“
Corinna schnappt nach Luft, wird rot im Gesicht, zuckt mit den Beinen, als wolle sie an die Zimmerdecke oder ihrer Tochter an den Hals springen.
Eh es dazu kommt, stelle ich fest:
„Mona, Du hast eine erfrischende Art, Komplimente zu verteilen.“
„Wieso, stimmt doch! Mammi hat keinen Grund, überheblich zu tun.“
„Ich? Überheblich?,“ bringt Corinna beinahe kreischend hervor. „Das ist doch nicht zu fassen! Mona, wenn Du weiter ...“
Die unterbricht im Hochgefühl ihrer Gewissheit.
„Du musst dich gerade aufspielen! Bei dir war es doch genauso ... als Robert auf Schuster geschossen hat. Also tu jetzt nicht pikiert. Immerhin hat er dich damit gerettet, ... ich meine, so etwas zu erleben, das verbindet, oder, Berkamp?“
Ich nicke stumm.
Zum Glück war Mona nicht dabei, vorigen August in der Sonntagsnacht auf dem Parkplatz vor Corinnas Wohnblock. Als Schuster ankommt, aus dem Wagen steigt und sofort auf seine Hilfe rufende Chefin schießt. Dass ich mich ein paar Meter weiter zwischen zwei Autos duckte und mit einer kurz vorher entwendeten Waffe auf ihn zielte, wusste er nicht.
Mona fühlt sich bestätigt in ihrer Vorhaltung.
„Kapier das mal, Mammi. Für eine Beziehung ist das wertvoller als hohles Liebesgeflüster an einer schummrigen Bar.“
Wenn du erlebst, der Andere hält echt zu dir, auch wenn es gefährlich wird. Findet Mona jedenfalls. Wenn das mit dieser Belinda ähnlich war?! Abgesehen davon; man kann sich sehr mögen, ohne deswegen gleich miteinander rumzubumsen. Selbst wenn, na und? Wenn beide es wollen, was ist schlimm daran ...?
„Oder hat Berkamp dir nach eurem ersten Schießtraining ewige Treue geschworen? Richtig, Berkamp?“
Die Tochter ihrer Mutter.
Auf den Mund gefallen ist sie wirklich nicht.
Vor allem: Jedes ihrer Worte ist mir aus dem Herzen gesprochen.
„Richtig, Mona-Sonne. Hiermit gebe ich amtlich zur Kenntnis: Belinda Carey ist eine kluge, gutaussehende und attraktive Frau. Wahrscheinlich verdanke ich ihr mein Leben. Das vergesse ich ihr nicht. Aber ein Dankeschön im Bett hat nicht stattgefunden. Ich bin sicher, wir beide hätten es für falsch gehalten.“
Ich erinnere mich nicht mehr, welche der Sandner-Frauen als erste der anderen die Zunge rausstreckt und zu grinsen beginnt.