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BLACK SABBATHBlack Sabbath Wenzel Storch

[Vertigo, 1970]

Wir schreiben das Jahr 1972. Die Enterprise schwebt mit ihrer 430 Mann starken Besatzung erstmals über die Schulhöfe, und die Ponderosa wird um einen Esser ärmer: Hoss stirbt an einer Lungenembolie. Der Steinkauz wird Vogel des Jahres. Zu jener Zeit lebten wir glücklich und zufrieden hinterm römisch-katholischen Mond. Bis sich eines Tages – ich war gerade elf dreiviertel – das Tor zu einer besseren Welt auftat. Wenn auch nur einen Spalt breit …

Einmal im Jahr freuen sich die Kinder der Ungläubigen auf den Weihnachtsmann. Der hatte bei uns nichts verloren. Wir warteten mit glühenden Bäckchen auf das Christkind, das am Heiligen Abend seine milden Gaben – frische Unterhosen und Strümpfe, das eine und andere Spielzeug und Teller voller Pfeffernüsse – unter den Tannenbaum legte. Zum Dank wurde stundenlang geflötet, denn meine Eltern hatten, wie alle Christeneltern, einen Flötenfimmel.

Das Christkind kam hereingeflogen und brachte einen festlich verpackten Kofferplattenspieler. Dazu legte es eine Schallplatte auf den Gabentisch. Ich war baff. Hatte es sich durch die Worte auf meinem Wunschzettel foppen lassen? Und bei Black Sabbath an das dritte Gebot, an Opfertisch und Liturgie, gedacht? Konnte das Christkind etwa gar kein richtiges Englisch?

Auf alle Fälle war ich ab dem 24. Dezember 1972 im Besitz einer Black Sabbath-LP. Dachte ich zumindest, als ich die kostbare Schallplatte wie eine Hostie ins Kinderzimmer trug. Hören durfte ich sie am Heiligabend noch nicht, denn morgen, hieß es, sei auch noch ein Tag.

Am ersten Feiertag legte ich die schwarze Hostie auf den Plattenteller. Bis zum Mittagessen hatte ich beide Seiten bestimmt fünfmal durchgehört. Als ich nach dem Pudding zurück ins Kinderzimmer stürmte, waren Platte und Plattenspieler verschwunden. Ich suchte wie verrückt und bald konnte es keinen Zweifel mehr geben: Ich war bestohlen worden. Wie sich herausstellte, von den eigenen Eltern.

Kein Wunder, dass auch ich bald anfing zu klauen. Nachdem es mir gelungen war, alle elf »Asterix«-Hefte auf einen Rutsch unter den Anorak zu schieben, wurde ich übermütig. »Pop«- und »Popfoto« – sündhaft teure Musikmagazine, die in ihrem Inneren vielfarbige Riesenposter bargen – mopste ich nun regelmäßig und eines Tages, ich war inzwischen zwölf, passierte es: Eine verschrumpelte Oma hatte mich ins Auge gefasst und begann laut zu kreischen.

Welche Schmach. Ausgerechnet mit »Popfoto« mussten sie mich erwischen. Denn »Popfoto« war nicht halb so gut wie »Pop«, da waren viel zu viele Schlagersänger drin, Spastis wie Bernd Clüver und Jürgen Marcus. Der Kassierer kam angerannt und nahm mich, gemeinsam mit der Alten, ins Kreuzverhör. Schnell wurde klar: Schlimmer als das Delikt war der Umstand, was ich hatte klauen wollen. Ein Schmuddelheft – voll mit langhaarigen Männern.

Ein Bild nach dem anderen wurde mir unter die Nase gehalten: Bäh. Ob ich später auch mal so rumlaufen wolle? Igitt. Vor Schreck fing ich an, mir in die Hose zu pissen. Wer’s nicht selber erlebt hat, dem sei gesagt: Die Situation ist – von außen betrachtet – heiter, aber man kriegt das Gesicht dazu nicht hin. Still und leise lief die Pisse das Hosenbein hinunter.

Noch im selben Jahr stieg ich von »Pop« und »Popfoto« auf »Sounds« um – höchste Zeit, schließlich kam ich nun bald in die Mittelstufe. Hier erfuhr ich zu meinem Befremden, dass es sich bei Ozzy Osbourne, der damals noch treudeutsch »Ossie Osborne« hieß, um einen »Sänger ohne Kompetenz und Format« handele. Und bei Black Sabbath um »eine von den vielen bösen englischen Gruppen, die eine Menge unverdauten harten Blues und schwere, tausendmal gehörte Gitarrenriffs in den Raum schmeißen, um die Teenager zum Schwitzen zu bringen.«

Hin und wieder kaufte ich mir noch heimlich – nur so aus Scheiß – die neue »Pop«. Und so bin ich noch heute im Besitz der beiden »Farb-Super-Poster«, die sich, dreigefaltet und zum Herausnehmen, kurz vor meinem zwölften und unmittelbar nach meinem dreizehnten Geburtstag in der Heftmitte fanden und die Ozzy und seine Kollegen, von bunten Scheinwerfern grell bestrahlt, bei der Arbeit zeigen. Und die noch heute, im Wechsel mit antiken Papst-, Rennauto- oder Tierpostern, gelegentlich über meinem Bett hängen.

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