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METAL ON METAL Vorrede

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Metal on metal / Gets you so high

Excitement and action / Won’t pass you by

Anvil

Punk kann man vermutlich sein, ohne sich in der entsprechenden Musik besonders gut auszukennen. Da reicht die richtige Einstellung, gutes linkes Basiswissen mit zwei sympathisch durchgestreckten Mittelfingern. Metalheads kennen die durchaus auch, aber das Politische bildet bei ihnen nicht den Kitt, der den Laden zusammenhält. Im Gegenteil, Politik wird hier gern kleingeschrieben und als schöne Nebensache abgetan. Die unveräußerliche Hauptsache, der wesentliche Faktor, der Gruppenzugehörigkeit herstellt, ist solide, cum ira et studio erworbene Materialkenntnis. Und Material ist wörtlich gemeint, man muss die Musik nicht nur gehört haben, man muss sie auch besitzen, als Hard Copy versteht sich.

Ein Metalhead sollte die Klassiker kennen, und mindestens genauso wichtig: Geheimtipps, die unterschätzten, abseitigen, sich unter dem Radar der Fachpresse wegduckenden, am liebsten in Bonsai-Auflage erschienenen kleinen Meisterwerke der Gattungsgeschichte, die bisher alle übersehen hatten – außer ihm. Außer uns!

Beim Ventil Verlag ist vor einiger Zeit mit »Damaged Goods. 150 Einträge in die Punk-Geschichte« eine Bestandsaufnahme für das Nachbargenre erschienen. Das Buch versammelt Texte zu 150 Alben, die man aus welchen Gründen auch immer gehört haben sollte. Die Punks können das machen – wir müssen es tun! Siehe oben. Deshalb gibt es nun diese komplementäre Anthologie, eine exemplarische, ja, wenn nicht sogar paradigmatische Plattensammlung, zusammengetragen von Fans, Addicts, Diggers, Mad Scientists, hochinteressierten Laien und komplett einseitig gebildeten Weirdos.

Achtzig (in Zahlen: 80!) Fachleute haben sich noch einmal über ihre Sammlung gebeugt und ihre persönlichen Favoriten herausgesucht, die sie hier narrativ oder analytisch, sportlich oder elegant, kritisch, abwägend oder auch emotional völlig verblendet vorstellen. Alle wollen nur das Beste. Die Welt soll endlich erfahren, welche Alben sie schmählich überhört, welche sie unterschätzt oder missverstanden hat, aber auch welche Standardwerke der Gattung völlig zu Recht dort stehen, wo sie stehen, und wieso, weshalb, warum sie Musikgeschichte geschrieben haben. Denn die Novizen brauchen eine Handreichung für ihre Wunschliste. Und sowieso ist immer noch viel zu viel Unwissen über Heavy Metal im Schwange.

Eine solche Anthologie herauszugeben, macht keinen Spaß. Die geballte Fachkompetenz, mit der man sich tagtäglich konfrontiert sieht, ist einschüchternd und lässt einen ganz demütig zurück. »Es gibt immer einen, der mehr weiß«, versuchte mich mal ein weiser Altmetaller zu trösten. »Klar«, könnte ich jetzt antworten, »aber so viele?«

Nein, selbstredend macht es enormen Spaß, eine solche Anthologie herauszugeben, weil sie quasi von allein entsteht. Man muss nur ein paar mal hineinstechen in den Bienenkorb, schon kommen sie angeflogen, die Texte. Man lädt eine befreundete Autorin ein und drei weitere schreiben zurück, manchmal mit wohlformulierten, konzisen, absolut druckfertigen Manuskripten im Anhang. So lässt es sich arbeiten.

Auch für das zwar nicht ganz paritätische, aber ich nenne es mal gesunde Mischungsverhältnis zwischen jung und alt, männlich und weiblich, arm und reich musste ich nicht viel tun. Das ergab sich fast von allein. Und damit auch eine mich selbst erstaunende Vielfalt der Stillagen, Schreibweisen und Perspektiven. Ein Headbanger Jahrgang 65 hat andere Präferenzen als ein 1989 geborener Metalhead, vor allem aber eine ganze andere Sprache, um seine Favoriten leuchten zu lassen. In der chronologischen Abfolge der Platten spiegeln sich also nicht nur 50 Jahre Metalgeschichte, sondern eben auch 50 Jahre Rezeptionsgeschichte mit ihren je eigenen verbalen und ideologischen Usancen, Moden und Marotten.

Ich glaube, zumindest hoffe ich es, dass sich in diesen weit über 150 Texten ein halbwegs repräsentativer Querschnitt der aktuellen Metalkultur offenbart. Es sind immer noch zu wenige Frauen, die über ihre Passion reden und schreiben, aber es werden mehr. Vor 20 Jahren war der Männerüberhang wesentlich deutlicher. Die Älteren überwiegen zwar immer noch, aber zumindest die 80er- und frühen 90er-Jahrgänge bringen sich mittlerweile mit eigenen Entdeckungen lautstark ein. Und dass hier alle Subgenres so friedlich nebeneinander stehen und allenfalls ironisch ein bisschen gegen die vermeintlichen Antagonisten herumrüpeln, ist ohnehin allzeit gelebter Konsens in der Szene.

Noch eine Klarstellung, bevor es zur Sache geht, damit die Pedanten – sie infiltrieren bekanntlich jede Subkultur – nicht schon am Anfang des Buches meckern können: Die Gattungsgrenzen sehen wir hier ausnahmsweise mal nicht so eng. Das Rubrum Metal versteht sich als Sammelkategorie – wir unterscheiden also nicht zwischen Hard und Heavy. Auch die frühen, das Genre vorwegnehmenden oder erst konstituierenden und ebenso die späten, das Genre transzendierenden Alben sollen hier Aufnahme finden. Im Grunde geht es hier noch einmal so freimütig zu wie 1968 ff. in den USA und ab 1979 auch in Europa, wo für die Musikjournaille praktisch alles Heavy Metal sein konnte, was mit verzerrten Riffs operierte.

Horns!

Frank Schäfer, Oktober 2018

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