Читать книгу HEAR 'EM ALL - Группа авторов - Страница 14

Оглавление
URIAH HEEPLook At Yourself Thorsten Hindrichs

[Bronze, 1971]

Eine meiner ersten Platten überhaupt war der 1981 von der Sparkasse herausgegebene Sampler »I Like No. 1 Oldies«. »12 SUPERHITS in ungekürzter Originalfassung« für schlappe fünf Mark waren für mich, der ich gerade erst begonnen hatte, mich in der Welt des Rock zu orientieren, sowas wie der Jackpot. Nur »Lady In Black« fand ich damals schon Scheiße (und »Lola« von den Kinks, das tut hier aber nichts zur Sache). Allerdings stand auch das Folgende auf dem Cover: »Uriah Heep galt 1970 als eine der lautesten und härtesten Gruppen der Welt«, und weiter: »Gegen diesen aggressiven Stil tendierte … Ken Hensley mehr zu leiseren und melodischen Tönen hin«. Letzteres ist, wie ich inzwischen weiß, zwar vollkommen falsch, aber »laut« und »hart« hatten mein Interesse sofort geweckt.

Ich besorgte mir umgehend »… Very ’Eavy … Very ’Umble«, die erste Platte von Uriah Heep, die ich für den Anfang schon mal ganz okay fand, »Salisbury« ließ ich aus (wegen »Lady In Black«) und legte stattdessen mit der »Look At Yourself« nach. Was für eine (für damalige Verhältnisse) Offenbarung in Sachen Lautstärke und Härte! Schon der Titeltrack brachte meinen Kinderzimmerplattenspieler umgehend an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Ken Hensleys Hammondorgel-Riffs, von Gitarre und Bass gedoppelt, das treibende Schlagzeug, der engelsgleiche Satzgesang und gegen Ende hin dann noch jede Menge Percussions zusätzlich (die übrigens von Osibisa beigesteuert wurden), »Look At Yourself« ist ein einziges Brett. Ähnlich fett scheint es im ersten Moment mit »I Wanna Be Free« weiterzugehen, das mit brachialen Powerchords beginnt, dessen erste Strophe dann aber zunächst vergleichsweise zurückgenommen klingt, ehe der Song sich ab der zweiten Strophe zu einer wesentlich besseren Version von »Gypsy« (vom ersten Album) entwickelt.

Dass auf der A-Seite der Platte nur drei Songs sind, hängt naheliegenderweise damit zusammen, dass alleine »July Morning« schon mehr als zehn Minuten dauert, in denen so ziemlich das komplette Soundrepertoire der Rockjahre um 1970 ausgebreitet wird. Erinnert die erste Minute noch sehr deutlich an Joe Cockers »With A Little Help«, geht’s danach mit einer reichlich unverblümten Anverwandlung von »Child In Time« weiter. Allerdings ist Mick Box halt nicht Ritchie Blackmore, sodass Ken Hensley sich ganz und gar auf seine Hammond verlassen muss. Deep Purple (MK II) als Referenzpunkt ist wohl ohnehin das große Problem der frühen Uriah Heep. Ken Hensley ist mindestens genauso begabt wie Jon Lord, hat aber gänzlich anderes Personal zur Verfügung, sodass ihm nichts anderes übrig bleibt, als sich trotz aller klanglichen Verweise gleichzeitig von Deep Purple abzusetzen, indem er (wie z. B. in »July Morning«) anfängt, mit Klanggestaltung zu experimentieren: Nicht nur, dass sich während der letzten vier Minuten des Songs Manfred Mann als Gaststar immer exzessiver an seinem Moog austoben darf, gegen Ende wird mit Links-Rechts-Stereophonie gespielt, dass es – jedenfalls für Soundfreaks wie mich – ein Riesenspaß ist.

»Tears In My Eyes« als Opener der B-Seite ist in dieser Hinsicht geradezu ein Best of aller Klang- und Stilspielereien der ersten Seite: fettes Anfangsriff, Slide-Gitarre, ein Beat, der nach vorne geht, jede Menge Moog, Panning-Effekte – und ein Slide-Gitarrensolo am Ende, das derart steil geht, dass wer meinen könnte, Led Zeppelin hätte sich mit den Allman Brothers verbündet. »Shadows Of Grief« macht die musikalische Auseinandersetzung mit Deep Purple mehr als deutlich; nur dass Mick Box halt nicht … Trotzdem oder vielleicht gerade drum ist das vermutlich der zweitbeste Purple-Song, den Deep Purple nie, und der beste Song, den Uriah Heep je geschrieben haben. »What Should Be Done« klingt arg nach Psychedelic-Musical und ist von daher wohl der Tiefpunkt der Platte, aber immerhin nicht richtig peinlich: »It felt good that way and seemed to be what we needed« heißt es auf dem Backcover. Nun gut, sei’s drum, nach dem ersten Durchhören der Platte wusste ich ja, was danach kommt. »Love Machine« ist der (jetzt wirklich) beste Deep-Purple-Song, den Deep Purple nie geschrieben haben und härter und lauter als alles, was Blackmore und Co. bis dahin abgeliefert hatten; dichter im Mix, mit einer schweinigeren Schweineorgel als Jon Lord und immer wieder dieser endgeilen Slide-Gitarre. Weiter nach vorne ging um 1971 kein anderer Song.

»Paranoid« sei das für die Entwicklung des Metal einflussreichste Album überhaupt, steht so bei Wikipedia und auch sonstwo immer mal wieder. Ich werde den Teufel tun und so weit gehen zu behaupten, das wäre Quatsch, aber zumindest in Sachen Soundbrettqualität, soweit wage ich mich dann doch mal vor, hat Uriah Heep mit »Look At Yourself« Black Sabbath damals (!) um Längen geschlagen. Und wieso das Album in allen einschlägigen Prog-Rock-Publikationen trotz aller Song- und Klangtüfteleien überhaupt gar nicht vorkommt, verstehe ich erst recht nicht.

Klar, eigentlich gibt es kaum eine peinlichere Band als Uriah Heep. »Aah ha ha haha haa haha haa« kann vermutlich seit spätestens 1977 niemand mehr hören, geschenkt, müssen wir gar nicht drüber reden, aber hey, bleiben wir doch bitte fair: »Look At Yourself« ist das am meisten unterschätzte Album der Metal-Geschichte, hört’s euch wirklich mal an!

HEAR 'EM ALL

Подняться наверх