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Beispiel 2: Behandlungszentrum für Psychosomatik der Solothurner Spitäler in Olten
ОглавлениеIm Behandlungszentrum für Psychosomatik der Solothurner Spitäler in Olten besteht seit 2011 ein offen geführtes, stationäres Angebot nach ACT zur Behandlung von psychosomatischen Krankheiten (z. B. chronische Schmerzstörungen), Traumafolgestörungen, Angststörungen und Depressionen mit im Vordergrund stehenden körperlichen Beschwerden sowie schwerer Adipositas. Der anfängliche, an der 2. Welle orientierte KVT-Ansatz wurde zunehmend in Richtung Achtsamkeit, Akzeptanz und Werteorientierung umorientiert und die ACT wurde durch die Klinikleitung als evidenzbasierte Behandlungsausrichtung festgelegt. Das interdisziplinäre Angebot besteht heute aus psychotherapeutischen Einzelsitzungen und störungsübergreifenden gruppentherapeutischen Sitzungen, Bewegungstherapie, medizinischer Kräftigungstherapie, Kunsttherapie, Sozialberatung sowie durch die Pflege geleitete, zweimal tägliche Achtsamkeitsgruppen, aromatherapeutische sowie milieutherapeutische Angebote und wöchentliche pflegerische Einzelgespräche. Weiterhin wird zur Ergänzung des ACT-Programms eine Einführung in MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction, Kabat-Zinn 2011) vermittelt. Das ganze Team bildet sich in der ACT durch Fortbildungen und Supervision weiter. Bereits beim Vorgespräch wird die therapeutische Herangehensweise nach ACT skizziert und die wichtigsten Behandlungselemente werden vorgestellt (Achtsamkeit, Orientierung am Wertesystem der Patientin bzw. des Patienten, neue Wege erforschen im Umgang mit den Beschwerden). Nach Eintritt findet in den ersten zwei Wochen die diagnostische Phase statt. Neben der störungsbezogenen Diagnostik nach ICD-10 wird eine ACT-spezifische Fallkonzeptualisierung anhand der ACT-Matrix (vgl. Polk et al. 2016) im Kernteam (Fallführende Psychologin bzw. Psychologe oder Assistenzärztin bzw. Assistenzarzt, Bezugspflegende oder -pflegender) mit der Patientin oder dem Patienten erarbeitet. Durch die Struktur der Matrix beginnt sich die Patientin oder der Patient damit zu beschäftigen, wie sie oder er bisher auf die eigenen Beschwerden reagiert hat, wie wirkungsvoll dies war und wie es sich auf die eigene Lebensführung ausgewirkt hat (vgl. Kreative Hoffnungslosigkeit, welche wir so jedoch nicht gegenüber der Patientin bzw. dem Patienten benennen). Es werden anhand dieser Analyse Ziele für den Aufenthalt entwickelt, die im Einklang mit den Wertigkeiten der Patientin oder des Patienten stehen. Wöchentliche, ärztlich geleitete Visiten, interdisziplinäre Rapporte und Intervisionen dienen der Prozesskontrolle und -steuerung sowie zur Besprechung medikamentöser Fragen. So wird beispielsweise in der Intervision die mit den Patientinnen und Patienten erstellte Matrix durch Beobachtungen und fallkonzeptuelle Gedanken vertieft, interdisziplinäre Ziele werden abgeleitet sowie die Arbeitsteilung im Team besprochen. In der vierwöchigen Behandlungsphase begleitet die Matrix die Patientinnen und Patienten, die durch die Teilnahme an einer ACT-Gruppe die sechs Kernprozesse (Defusion und Bereitwilligkeit, Kontakt zum gegenwärtigen Moment und stabiles Selbst, Werterichtungen und engagiertes Handeln) in praktischen Übungen erlernen. Das Gruppenmanual orientiert sich an dem Programm »Living with chronic pain« (Vowles und Sorrell 2007),wobei sich die adaptierte Version nicht nur auf körperlichen Schmerz, sondern auch generell auf psychische Leidenszustände bezieht. Die ACT-Prozesse sind keine Entitäten, sondern dienen der Vergrößerung der persönlichen Wahlfreiheit und Flexibilität. Um dies präsent zu halten, hat sich die Matrix als zentrales Arbeitsinstrument beim Team und den Patientinnen und Patienten gut etabliert. Das funktionale Denken kann so jederzeit in Form der »HIN oder WEG«-Frage aufgeworfen werden. In den letzten zwei Wochen liegt der Behandlungsfokus auf der Austrittsplanung. Im stationären bzw. teilstationären Rahmen umgesetzte neue Verhaltensmuster sollen im persönlichen Umfeld verankert werden, sodass es idealerweise zu einer längerfristigen und sich verstärkenden Kursänderung kommen kann.