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Gegeneinander, nebeneinander, miteinander?

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Das zukünftige Verhältnis der christlichen Konfessionen in Europa

Peter Walter

Die drei titelgebenden Adverbien stehen nicht in alphabetischer Reihenfolge, sonst müsste »nebeneinander« den Schluss bilden. Ob sie wirklich eine Klimax ergeben, die das Abweichen vom Alphabet rechtfertigt, »miteinander« also zu Recht den Zielpunkt bildet, muss sich zeigen. Es kann sich allerdings erst zeigen, wenn die Zukunft da ist. Für jetzt bleibt das Ganze hypothetisch. Für mich jedenfalls ist es eine Hypothese, deren Bewahrheitung nicht nur wünschenswert, sondern auch realistisch ist. Dass das Gegeneinander am Anfang steht, wundert jedoch nicht. Dafür verfügen wir über genügend historisches Anschauungsmaterial. Das Gegeneinander mit seinen nicht selten auch kriegerischen Auseinandersetzungen schafft es am ehesten in die Geschichtsbücher. Ohne dieses gäbe es keine Vielzahl von christlichen Konfessionen, diese haben sich gegeneinander ausgebildet und profiliert. Als bereichernde Vielheit, wie man die Konfessionen in unseren postmodernen Zeiten bisweilen sieht, wurde ihr Nebeneinander nicht von Anfang an empfunden und verstanden. Ob diese Sicht der gegenseitigen Bereicherung mehr ist als ein Euphemismus oder letztlich doch nur das Nebeneinander auf Dauer stellt, wird uns noch beschäftigen.

Ökumenische Theologie gilt nicht als eine besonders spannende Sparte der Theologie. Leute, die sich damit beschäftigen, stehen eher im Verdacht, um der Harmonie willen Spannungen oder gar Gegensätze zu verkleinern. Vom Ende der Konsensökumene ist die Rede. An ihre Stelle solle eine Ökumene der Profile treten. Diese Alternative scheint mir allerdings eher einer Bankrotterklärung des ökumenischen Gedankens gleichzukommen. Ökumene ohne Suche nach einem Konsens kann es nicht geben. Das Hauptproblem scheint mir zu sein, dass die komplexen Überlegungen der an den zahlreichen bi- und multilateralen Gesprächen zwischen den christlichen Konfessionen beteiligten Personen über diesen relativ engen Kreis hinaus so gut wie nicht wahrgenommen werden, und wenn, dann meist mit einer »Hermeneutik des Verdachts«. Dies gilt sowohl für die Kirchenleitungen als auch für die übrige Theologie. Eberhard Jüngel hat vor langer Zeit vorgeschlagen, die unterschiedlichen theologischen Disziplinen sollten sich mit dem Problemhorizont der jeweils anderen belasten, um diese zu entlasten.1 Die Exegese also solle sich mit dem Problembewusstsein der systematischen Theologie belasten, um diese zu entlasten, und umgekehrt. Statt sich den Schwarzen Peter für das fehlende innertheologische Miteinander zuzuschieben, sollte das Miteinander durch diese Strategie gefördert werden. Ich möchte dieses Modell der gegenseitigen Entlastung durch Selbstbelastung für den Umgang der getrennten Kirchen vorschlagen.

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