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2. Der gegenwärtige Stand des ökumenischen Gesprächs 2.1 Der Dialog zwischen der römisch-katholischen und den reformatorischen Kirchen

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Aus der Einsicht heraus, dass die seit Beginn des Dialogs der römisch-katholischen mit den reformatorischen Kirchen erzielten Ergebnisse für Nichtfachleute kaum zu überschauen sind, hat der ehemalige Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Walter Kasper, eine auf die wesentlichen Punkte konzentrierte Zusammenschau veröffentlicht, zunächst in englischer Sprache, die mittlerweile auch auf Deutsch vorliegt.31 Hier sind die erreichten Übereinkünfte leichter greifbar als in der mittlerweile auf vier Bände angewachsenen Sammlung Dokumente wachsender Übereinstimmung32. Kasper versammelt in seinem Buch die Ergebnisse des Dialogs der römisch-katholischen Kirche mit den Anglikanern, Lutheranern, Reformierten und Methodisten; die sogenannten Freikirchen werden nicht berücksichtigt. Ich beschränke mich auf die Amtsfrage, die immer wieder als der neuralgische Punkt des ökumenischen Gesprächs benannt wird und die in Kaspers Früchtekorb breiten Raum einnimmt (108–161). Das Kapitel beginnt vielversprechend mit dem Abschnitt »Sendung und Amt des ganzen Volkes Gottes« (108–110), in dem aus den ausgewerteten vier Dialogprozessen die Aussagen über das gemeinsame Priestertum der Gläubigen zusammengetragen werden. Aber dann geht es, wenn das ordinationsgebundene Amt betrachtet wird, auf getrennten Wegen weiter. Zunächst wird der mittlerweile abgeschlossene Dialog mit den Anglikanern in den Blick genommen, sodann der noch in Gang befindliche mit den übrigen drei Partnerkirchen. Mit den Anglikanern konnte in einem längeren Dialogprozess, der wegen der Interventionen der Glaubenskongregation zwischenzeitlich zu scheitern schien, am Ende ein Konsens erreicht werden, was das Amt als integrales Element der Kirche, was dessen Sakramentalität, dessen Dreigliedrigkeit und apostolische Sukzession angeht (111–116). Es wurde ausdrücklich nicht von einem vollen Konsens gesprochen, sondern von einem »Konsens in Fragen, in denen Übereinstimmung für die Einheit unabdingbar ist« (116). Der Konsens wurde erzielt, insoweit es um das Wesen des ordinationsgebundenen Amtes geht. Die Frage nach den Subjekten, d. h. danach, wer zu ordinieren ist, hat den Dialog jedoch stocken lassen. »Bedauerlicherweise haben die folgenden Entwicklungen« – gemeint ist die Einführung der Ordination von Frauen zum dreifachen Amt bei den Anglikanern – »eine weitere konstruktive Diskussion dieser Anregung verhindert, und sie haben […] den Weg zu einer gegenseitigen Anerkennung der Ämter wirklich blockiert.« (117) Kasper schweigt zu dem von Papst Benedikt XVI. (2005–2013) 2009 geschaffenen ›Auffanglager‹ für Anglikaner, die die Frauenordination ablehnen und deshalb zur römisch-katholischen Kirche übertreten unter weitgehender Beibehaltung ihres Ritus.33 Es stellt sich die Frage, ob die von Johannes Paul II. abgelehnte Frauenordination den bis dahin erreichten Konsens grundsätzlich in Frage stellt oder nur ein retardierendes Moment ist. Wenn Ersteres der Fall wäre, könnte man alle Gespräche über die Amtsfrage mit den Kirchen, die Frauen ordinieren, einstellen.

In einem zweiten Unterabschnitt behandelt Kasper den Dialog mit den übrigen reformatorischen Kirchen, wegen des unterschiedlichen erreichten Ergebnisstandes auf differenzierte Weise. Zunächst wird das ordinationsgebundene Amt wie im anglikanisch-katholischen Dialog als integrales Element der Kirche herausgestellt, das nicht einfach in einer Delegation der Kirche, sondern in der Sendung Jesu Christi seinen Ursprung habe und dem die Aufgabe zukomme, den Herrn durch die Verkündigung des Wortes Gottes und die Darreichung der Sakramente gegenüber der Gemeinde zu vergegenwärtigen (118–121). Auch wenn diese Kirchen die Rede von der Ordination als Sakrament mehr oder weniger ablehnen, stimmen sie doch mit der katholischen darin überein, durch Handauflegung und Gebet in dieses Amt zu ordinieren (121 f.). Bei der Frage jedoch, wer ordiniert, gehen die Positionen auseinander. Am nächsten stehen sich noch Katholiken, bei denen ausschließlich Bischöfe ordinieren dürfen, und Lutheraner, bei denen die Ordination in der Regel von Personen mit kirchenleitender Funktion wahrgenommen wird. Die Methodisten kommen dem durchaus nahe, auch wenn sie ein dreigliedriges Amt und die apostolische Amtssukzession nicht für notwendig erachten. Am schwierigsten tut sich der katholisch-reformierte Dialog mit diesen Fragen (123–125). Überhaupt wird die apostolische Sukzession im Bischofsamt, die nach römisch-katholischer Überzeugung konstitutiv ist für das Kirchesein, von den übrigen Kirchen nicht in derselben Weise gesehen und gehört nach Kasper zu den offenen Fragen (125 f.). Von der in diesen Kirchen seit über 50 Jahren praktizierten Frauenordination ist dabei gar nicht die Rede.

Ein eigener Abschnitt ist dem Thema der »Episkope« gewidmet, der mit »Konvergenzen« überschrieben ist, obwohl hier keine einheitliche Linie in Sicht ist (127–132). Einigung besteht darüber, dass es nicht nur lokale, sondern auch regionale Ämter braucht, die für die Einheit der Kirche zuständig sind. Jedoch gibt es unterschiedliche Vorstellungen darüber, von wem und wie ein solches übergemeindliches kirchenleitendes bzw. Aufsichtsamt wahrgenommen werden soll: personal oder/und synodal. Die Reformierten sprechen ausdrücklich von der »Synode als ein[em] korporative[n] Episkopat« (131). Die Tatsache, dass hier wie in den Synoden der anderen reformatorischen Kirchen, wenn auch in jeweils unterschiedlicher Weise, ein hoher Anteil von nichtordinierten Mitgliedern vorgesehen ist, während in der römisch-katholischen Kirche das Bischofskollegium allein aus zu Bischöfen geweihten Männern besteht und Laien als Teilnehmer nur bei Diözesansynoden vorgesehen sind,34 die dabei wie auch die teilnehmenden Kleriker nur eine beratende Stimme haben,35 wird nicht problematisiert. Auch innerhalb der römisch-katholischen Kirche dürfen meines Erachtens künftige Synoden und Konzilien nicht ohne eine angemessene Beteiligung von nichtordinierten Personen und darunter selbstverständlich Frauen stattfinden. Da der geltende Codex Iuris Canonici vorsieht, dass zu einem Ökumenischen Konzil neben Bischöfen »auch einige andere, die nicht Bischöfe sind, von der höchsten Autorität der Kirche berufen werden« können, die auch »deren Stellung im Konzil näher zu bestimmen«36 hat, erscheint eine Erweiterung des Teilnehmerkreises durchaus möglich.

Was die übergemeindliche Einheit der Kirche angeht, ist bei Kasper auch von weltkirchlichen Dimensionen und schließlich vom Petrusamt die Rede. Im Hinblick auf Letzteres sieht Kasper im Dialog mit den Anglikanern die meisten Anknüpfungspunkte, auch bei den Lutheranern gebe es eine gewisse Offenheit, während bei den Reformierten und Methodisten offensichtlich Zurückhaltung vorherrsche (140–145).37

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