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2.2 Die Orthodoxie

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Die Orthodoxie bietet für Außenstehende ein äußerst komplexes, nur sehr schwer einzuordnendes Bild,38 auch wenn die orientalischen Kirchen, die gegenwärtig unter der politischen Situation, besonders in Syrien, unendlich leiden, im Folgenden nicht berücksichtigt werden.39 Dies bleibt bzw. wird verstärkt, auch nachdem nach langer Vorlaufzeit vom 19. bis 26. Juni 2016 auf Kreta ein Panorthodoxes Konzil stattgefunden hat.40 Daran haben vier von vierzehn eingeladenen, panorthodox als autokephal anerkannten Kirchen nicht teilgenommen, darunter die russisch-orthodoxe. Aus der Sicht dieser Kirchen ist das Konzil nicht legitimiert (»Rumpfsynode«41). Deshalb sind für diese auch die Beschlüsse des Konzils nicht bindend, aus der Sicht des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios, der für die Durchführung gekämpft und während des Konzils den Vorsitz innegehabt hat, gleichwohl, und zwar auch für die Nichtteilnehmer. Das Konzil äußert sich in Texten unterschiedlicher Länge und wohl auch von unterschiedlichem Gewicht. Eine kürzere Botschaft der Heiligen und Großen Synode der Orthodoxen Kirche: An das orthodoxe Volk und an alle Menschen guten Willens42 und eine längere Enzyklika43 behandeln mehr oder weniger dieselben Themen, einige davon werden dann nochmals in eigenen Texten vertieft. Zwei widmen sich Grundfragen des orthodoxen Lebens wie der Fastenpraxis44 und dem Ehesakrament45, andere kirchenrechtlichen Problemen wie dem Verhältnis der orthodoxen Kirchen untereinander46. Ökumenisch von besonderer Bedeutung sind die beiden abschließenden Texte Beziehungen der orthodoxen Kirche zu der übrigen christlichen Welt47 und Die Sendung der Orthodoxen Kirche in der heutigen Welt48. Diese beiden letzteren könnte man vergleichen mit dem Ökumenismusdekret Unitatis redintegratio und der Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes des II. Vaticanums. Wie alle solche Kompromiss-Texte sind auch diese Beschlüsse nicht leicht zu interpretieren, zumal sowohl hinsichtlich der Sprache, in der sie abgefasst sind, als auch des Denkens, das darin zum Ausdruck kommt, erhebliche Übersetzungsprobleme bestehen. Darüber hinaus müsste man die vorbereitenden Schemata und die Aussprache vor Ort berücksichtigen, um die endgültigen Beschlüsse richtig einzuschätzen.49

In den Texten kommt ein gerüttelt Maß an »Säkularisierungsängste[n]«50 zum Ausdruck, aber sie bieten durchaus Anknüpfungspunkte für einen Dialog mit den anderen Kirchen. Wichtig ist, dass dieser Dialog überhaupt bejaht und die anderen Kirchen nicht pauschal als häretisch abqualifiziert werden. Diese Gefahr stand durchaus im Raum. Zu einem orthodoxen »Ecumexit« ist es glücklicherweise nicht gekommen, was sich daran ablesen lässt, dass auch einige der am Panorthodoxen Konzil nicht beteiligten Kirchen danach an ökumenischen Dialogtreffen sowohl mit der römisch-katholischen Kirche als auch mit dem Lutherischen Weltbund teilgenommen haben.51 Problematisch allerdings erscheint das Dialogverständnis, das in diesen Texten zum Ausdruck kommt. In der Botschaft etwa heißt es: »Auf diese Weise [d. h. durch den Dialog] lernt die übrige christliche Welt die echte orthodoxe Tradition besser kennen, den Wert der Lehre der Kirchenväter sowie das liturgische Leben und den Glauben der orthodoxen Christen.«52 Dass dies auch umgekehrt gilt, kommt ebensowenig in den Blick wie die Möglichkeit, dass ein echter Dialog alle, die daran teilnehmen, verändert. Explizit ausgeschlossen wird ein »Kompromiss in Glaubensfragen«53.

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