Читать книгу einfach unverschämt zuversichtlich - Группа авторов - Страница 38

Eigentlich

Оглавление

Dorothee Dieterich

Eigentlich wollte ich über Dich schreiben,

von der sie sagen,

dass sie die Planeten in Bewegung hält,

die Bäume blühen lässt

und die Kinder lachen.

Sie sagen,

dass Du im Glitzern der Sonne auf dem Wasser

genauso wohnst

wie in den Tränen

meiner wütenden Kinder,

die ich zu Unrecht zurechtwies.

Eigentlich wollte ich über Dich schreiben.

Dass es mir gefällt,

dass Du Dir allzu konkrete Bilder

verbittest – ich lasse mich auch nicht gerne festschreiben

und wie solltest Du

einfacher einzuordnen sein

als ich?

Eigentlich wollte ich davon schreiben,

dass ich denen glauben möchte,

die sagen,

Du seiest mitten unter uns,

erfahrbar für jede,

in der Kraft, die zwischen uns wirkt – wenn wir sie lassen.

Davon, dass es so eine Sache ist

mit der Sehnsucht der Menschen

nach Gebeten und

Riten und

Feiern und

Verbundenheit

und Dir,

bild- und namenlos. |40|

Davon,

dass es uns doch gelingen sollte,

von Dir so zu reden,

dass Dich die Namen nicht einfangen,

aber auch nicht fernhalten.

Von meiner Sehnsucht nach etwas,

das trägt

oder zieht

oder schiebt

und davon, wie gut es ist,

dass Du in und zwischen uns

und nicht nur im Himmel wohnst.

Von meinem Verlangen,

dass da etwas sei,

das leise dazwischentritt,

wenn der Lärm

unsere Ohren verschliesst,

und singt,

wenn alles verstummt.

Nun aber merke ich:

ich fülle Seite um Seite

und denke immer nur nach

über mich:

Über meinen Zweifel,

der immer grösser war

als mein Glaube,

der mich zog

und schob

durch die Bilder hindurch,

die sie von Dir machten,

und mich

nicht stehenbleiben lässt

bei den neuen Bildern. |41|

Über die Scham,

die in mir aufsteigt,

wenn andere Neugier

und Lust am Denken

mit Glauben verwechseln.

Über mein unbegründetes Vertrauen,

dass mir mein Teil

zufallen wird

und die Gewissheit,

dass es gut ist zu leben.

Über meine Furcht,

es könnte mir etwas

zu nahe treten –

auch Dich

halte ich lieber

in sicherer Distanz.

Während ich von mir schreibe,

denke ich immerzu nach

über Dich

und hoffe,

dass ich Dich erkenne,

im Glitzern der Sonne auf dem Wasser

und in den wütenden Tränen

meiner Kinder.

Erschienen in FAMA 1/1998: «Gott oh Gott»

|42|

einfach unverschämt zuversichtlich

Подняться наверх