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5. Bibel, Archäologie und Geschichte

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Für Maximalisten hat die Archäologie höchstens eine dienende Funktion, und Minimalisten spielen die Archäologie häufig gegen die Bibel aus. Bis heute finden sich im Feuilleton und in populärwissenschaftlicher Diktion noch Ansätze, in denen die Archäologie nur die Funktion hat, die Bibel – je nach dem Stellenwert, der ihr zugemessen wird – entweder zu beweisen oder zu widerlegen. In fundamentalistischen Kreisen ist es beliebt, Beweise für die Bibel im Stil von Werner Kellers 1955 zuerst erschienenem Bestseller »Und die Bibel hat doch recht« zu finden. Das Doch verrät die apologetische Sicht, dass die Bibel an Wert verlieren würde, wenn sie nicht in einem historischen Sinne wahr wäre. Dem Ansinnen liegt meist das Missverständnis zugrunde, der Bibel gehe es um eine oder gar die historische Wahrheit und der Glaube lasse sich beweisen, wenn diese enggeführte Übereinstimmung der Bibel mit der Geschichte aufgezeigt werden könne. Doch so wenig, wie die Bibel ein Geschichtsbuch ist, so wenig kann die Archäologie den Glauben beweisen oder auch nur plausibilisieren (und auch nicht falsifizieren). Die Archäologie ist eine eigenständige Disziplin, die eigene Methoden und Ziele hat. Ihre Funktion sollte nicht auf eine dienende reduziert werden, auch wenn die Pioniere der Biblischen Archäologie (und der Name sagt schon viel!) im 19. Jh. manches Mal den Spaten in der einen und die Bibel in der anderen Hand hielten. Inzwischen ist die Palästinaarchäologie als Unterdisziplin der Vorderasiatischen Archäologie eine hoch komplexe, methodisch vielfältige und gegenwärtig auch zunehmend naturwissenschaftlich geprägte Disziplin.61 Nicht umsonst spricht man unter dem Titel science revolution von einem gegenwärtigen Paradigmenwechsel der Archäologie und meint damit die Datierung über Radiokarbonanalysen (14C), mikroarchäologische DNA-Untersuchungen in Gräbern oder die Analyse von Pollen und Residuen in Gefäßen, um damit etwa Handelsbeziehungen aufzudecken oder den Speiseplan der antiken Bewohner Palästinas zu klären.62 Die gegenwärtige Archäologie ist sozialwissenschaftlicher, kulturwissenschaftlicher, naturwissenschaftlicher und technischer geworden und nicht mehr an der Bibel als Leitmedium orientiert (und oft auch nicht interessiert).

Die Archäologie hat eine eigene Geschichte, und das im doppelten Sinne: Nicht nur, dass sie sich von der Bibel und den Interessen der Bibelwissenschaft emanzipiert hat, sondern auch, dass sie ihr eigenes Geschichtsbild und ihre eigene Geschichtsrekonstruktion hat. Es wäre allerdings ein Missverständnis, wenn man dieses Bild der Geschichte Israels, weil es stärker auf vermeintlichen Fakten als auf der Bibel beruhe, für immer und ausschließlich historischer halten würde. In der einst sehr kontrovers geführten Diskussion um das Verhältnis von Bibel und Geschichte wird oft betont, dass eine Grundvoraussetzung in der Unterscheidung zwischen dem biblischen Israel und dem historischen Israel liegt (Philip R. Davies). Diese Unterscheidung ist richtig, insofern das biblische Israel nicht das historische Israel ist. Doch auch das archäologische Israel ist nicht das historische Israel, sondern eine, soweit es geht, wissenschaftlich gestützte Konstruktion dessen, was als das historische Israel vorgestellt wird. Es ist richtig, dass das in der Bibel gezeichnete Israel und das historische Israel oft weit auseinandertreten und man sich vergegenwärtigen muss, dass das biblische Israel zu keinem Zeitpunkt eine real in der Geschichte existierende Größe war, jedoch darf ebenso wenig verkannt werden, dass beide Größen aufeinander bezogen sind. Als antiker Text ist das »biblische« Israel zudem Teil des »historischen« Israel, was aufgrund der langen Entstehungs-, Traditions- und Rezeptionsgeschichte der Texte zu vielfältigen Differenzierungen herausfordert.

Die Welt der Hebräischen Bibel

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