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7. Nachdenken über Geschichte in der Hebräischen Bibel
ОглавлениеAn vielen Stellen der Bibel wird grundsätzlich über Geschichte nachgedacht. Dabei lässt sich gut zeigen, dass Geschichte immer zielgerichtet und orientiert an der Gestaltung der Zukunft ist. Keine Geschichte wird um ihrer selbst willen erzählt, auch nicht die Geschichte. So wird beispielsweise in der Exodusüberlieferung darüber reflektiert, wie Erfahrung und Geschichte zusammenhängen. Geschichte kann nur dann Bedeutung erlangen, wenn sie relevant ist, und diese Relevanz wird z. B. in der sog. Kinderfrage (Ex 13,14; Dtn 6,20) durch die Generationen in die jeweilige Gegenwart getragen. Denn nicht nur diejenigen, die das Exodusereignis erlebt haben, sollen von ihm erzählen, sondern alle Generationen sollen die Erfahrung der Errettung weitergeben und durch Memorialzeichen und Rituale (Ex 13,15–16; Dtn 6,9; 11,18–20) bewahren (und das bis heute, zuvorderst am Sederabend zu Pessach). Das wird auch in Ps 78,2–4 deutlich, wo der Beter die ḥidôt, »die Rätsel, die Geheimnisse«, der Vorzeit (qӕdӕm) der ganzen Gemeinde kundtun will. Es geht dabei aber nicht um etwas Unzugängliches, sondern um die Weitergabe der Tradition (vgl. Ps 44,2). »Was wir hörten und erfuhren, was uns die Väter erzählten, das wollen wir ihren Kindern nicht verbergen, sondern dem kommenden Geschlecht erzählen: die ruhmreichen Taten des HERRN und seine Stärke, die Wunder, die er getan hat.« (Ps 78,3–4) Über das Aufdecken von Zusammenhängen und die Deutung der vergangenen Ereignisse konstituiert sich die Identität Israels. Geschichte ist Erinnerung, und Erinnerung konstituiert Identität. Es ist das Moment der Deutung, das die Geschichte vom Geschehen unterscheidet. Geschichte macht Sinn.