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1. Sprachen und Schriften der Bibel a) Hebräisch

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Die allermeisten Texte des Alten Testaments sind in hebräischer Sprache verfasst worden. In der Forschung wird diese Sprachstufe als »Biblisches Hebräisch« bezeichnet. Damit wird sie von späteren Entwicklungen des Hebräischen unterschieden, die beispielsweise im Buch Jesus Sirach, den Texten aus Qumran oder in der rabbinischen Literatur begegnen. Zusammenfassend werden diese späteren Sprachstufen auch »Mittelhebräisch« genannt; die rabbinischen Texte werden gelegentlich auch als »Neuhebräisch« eingestuft. Das heute v. a. in Israel gesprochene Ivrit wird im Unterschied dazu als »Modernhebräisch« bezeichnet.

Das Biblische Hebräisch beruht auf der Amtssprache Judas mit seiner Hauptstadt Jerusalem. In dem eingangs schon genannten Text 2Kön 18,26–28 (vgl. auch Neh 13,24) wird es daher als »Judäisch« bezeichnet, seine Benennung als »Hebräisch« begegnet erst im griechischsprachigen Prolog des Buches Jesus Sirach. Innerhalb der Sprachfamilie der kanaanäischen Sprachen teilte das Biblisch-Hebräische einige sprachliche Besonderheiten mit geographisch benachbarten Sprachen wie dem Moabitischen und Edomitischen, etwa das Relativpronomen oder die Akkusativpartikel, auch eine charakteristische Art der Tempusbildung beim Verb. Verwandtschaft besteht auch zum Phönizischen, Ammonitischen und Israelischen, der Sprache des Nordreichs Israel. Davon haben allerdings nur wenige sprachliche Zeugnisse überlebt, vor allem die Ostraka aus Samaria (s. u.) und – was in der Forschung strittig ist – alte Bestandteile des aus dem Nordreich stammenden Hoseabuches und das Debora-Lied in Ri 5. Im Richterbuch wird die Erinnerung an dialektale Unterschiede zwischen den Regionen in der bekannten Schibbolet-Episode in Ri 12 bewahrt; wer das Wort Schibbolæt – »Ähre« als Sibbolæt aussprach, wurde von den ostjordanischen Gileaditern als Ephraimit erkannt (Ephraim war eines der Kerngebiete des Nordreichs Israel).

Die genannten kanaanäischen Sprachen weisen verschiedene Gemeinsamkeiten auf, vor allem die »kanaanäische Lautverschiebung« von a zu o, die etwa an dem bekannten Wort schalôm – »Friede, Heil« zu erkennen ist, das andernorts schelam ausgesprochen wurde, vgl. das modernarabische salam. Zusammen mit dem Aramäischen (s. u.) und nordkanaanäischen Sprachen wie dem Ugaritischen oder Eblaitischen bilden diese Sprachen das Nordwestsemitische, das wiederum charakteristische Unterschiede zu anderen semitischen Sprachen, vor allem dem Arabischen (zentralsemitisch) und Akkadischen (ostsemitisch) hat. Die Besonderheiten des Kanaanäischen sind von ca. 1500 v. Chr. an belegt, u. a. in den Tontafeln aus dem Archiv im ägyptischen Amarna, der Residenz des Pharaos Echnaton. Hier sind auch Briefe aus dem damals noch nicht israelitischen Jerusalem erhalten; sie belegen, dass es dort der akkadischen Keilschrift mächtige Schreiber gab, durch die der König an der internationalen Korrespondenz teilnehmen konnte.

Ein gemeinsames Kennzeichen der semitischen Sprachen ist, dass die Grundbedeutung der Worte von der aus meist drei Konsonanten bestehenden Wortwurzel abhängig ist. Konkrete Formen entstehen entweder durch festgelegte Vokalfolgen oder durch Zufügung von Prä- oder Afformativen. Dabei bleibt der etymologische Zusammenhang mit der Grundbedeutung der Wortwurzel fast immer erkennbar: So bedeutet das Verbum šmr in der Grundbedeutung »wachen/bewachen«108, mit der Vokalisation šāmar – »er hat bewacht«, als šomer – »Wächter«, als šemurāh – »Augenlid« (das das Auge bewacht), als mišmärät – »Wache, Gefängnis«.

Ein Charakteristikum des Biblisch-Hebräischen ist das Tempussystem des Verbs, das nach wie vor nicht sicher zu erklären ist. Neben den Grundformen einer Afformativ-Konjugation, bei der der Wortstamm durch am Ende angefügte Elemente modifiziert wird (mālaḵ-tî – »ich bin König geworden«), und einer Präformativ-Konjugation mit Bildeelementen vor dem Wortstamm (ji-mloḵ – »er wird König werden«), gibt es zusätzlich sogenannte Konsekutivtempora. Bei ihnen wird durch Voranstellung der Copula »und« Tempus und Aspekt der Ausgangskonjugation verändert. So bedeutet we-mālaḵ-tî dann »und ich will/werde König sein«, und waj-ji-mloḵ ist mit »und er wurde König« zu übersetzen. Besonders in poetischen Texten scheint dieses System aber nicht konsequent durchgeführt worden zu sein, auch ist nicht immer sicher zu erkennen, ob die vorangestellte Copula wirklich diesen Sinn hat oder nur als verbindendes Element zu sehen ist. Daher bleiben an verschiedenen Stellen Unsicherheiten bei der Übersetzung der Texte.

In späteren Texten tritt das genannte Phänomen seltener auf, auch werden nun Partizipien verstärkt verwendet, um eine gleichzeitige und andauernde Handlung auszudrücken. Dies ist eines der typischen Kennzeichen des »Late Biblical Hebrew«, einer Sprachform, die vor allem in deutlich nachexilischen Schriften zu finden ist, etwa den Büchern Daniel, Esra und Nehemia oder Jona. Damit ist schon innerbiblisch deutlich, dass es – sicher unter dem Einfluss des Aramäischen – einen Sprachwandel gegeben hat. Allerdings ist es nur in wenigen Fällen möglich, aufgrund der verwendeten Sprachstufe die Texte sicher zu datieren, da das Judäische/Biblisch Hebräische seit dem 8. Jh. bis in die nachexilische Zeit durchgängig als Literatursprache gebraucht wurde. Hinzu kommt, dass die Schreiber ältere Sprachstufen bewusst nachahmen konnten, um den Texten einen archaischen Anschein zu geben. Daher kann das schon genannte Deboralied in Ri 5 auch als spät entstandener Text eingeschätzt werden, der an ältere Lieder erinnern soll.

Als weiteres Problemfeld ist die Schrift zu nennen, in der das Hebräische aufgeschrieben wurde. Es handelt sich um eine alphabetische Konsonantenschrift. Sie ist zum einen von der viel schwieriger zu erlernenden und praktizierenden Keilschrift zu unterscheiden, zum anderen von Schriftsystemen, die auf der Wiedergabe von stilisierten Bildern (z. B. die Hieroglyphenschrift) oder Zeichen für ganze Worte oder Silben basieren. Das konsonantische Alphabet war im nordsyrischen Ugarit schon im 2. Jt. in Gebrauch, zunächst allerdings noch als Keilschrift ausgeführt. Im phönizischen Bereich entwickelten sich dann Schriftzeichen, die auch für das Beschreiben von Papyrus tauglich waren. Ihre Grundformen wurden schnell standardisiert und verbreiteten sich – mit regionalen Differenzen – im ganzen Gebiet der Levante. Diese – oft als »althebräisch« bezeichnete – Form des Alphabets wurde bis in die nachexilische Zeit hinein verwendet, in Ausnahmefällen auch als archaische Schreibweise sogar noch in Qumran. Auch die Samaritaner verwenden eine Schriftform, die sich aus diesen ursprünglich phönizischen Zeichen entwickelt hat. Im judäisch-biblischen Bereich setzte sich jedoch ab der Perserzeit die sogenannte Quadratschrift durch, die aus dem aramäischen Sprachraum stammt. Bei ihr werden die Buchstabenformen in ein gedachtes Quadrat eingepasst, daher der Name. Im oben angesprochenen Text Esr 4,7 war diese Schriftform als »aramäisch« bezeichnet worden. Die Quadratschrift wird bis heute für hebräische Texte aller Art verwendet, daneben gibt es eine schneller schreibbare Kursive.

Das hebräische Alphabet hat 22 Konsonanten, von denen einige auch als Zeichen für Vokale dienen können. So steht ein jod sowohl für den Konsonanten j als auch für die Vokale i, e oder ä; ein waw kann als Konsonant w oder vokalisch als o oder u gelesen werden. Daraus resultieren an verschiedenen Stellen Unsicherheiten über Bedeutung und Aussprache des betreffenden Wortes, zumal die Setzung von Vokalbuchstaben nicht einheitlich praktiziert wurde. So lässt sich die Zeichenfolge dwd sowohl als dod »Liebling« als auch als Eigenname dawid lesen. Als Folge dessen finden sich in den Texten von Qumran wie in späteren Bibelhandschriften unterschiedliche Schreibweisen eines Wortes.

Nachdem das Hebräische wohl von der hellenistischen Zeit an immer seltener im Alltag verwendet wurde, gerieten auch Details der Aussprache in Vergessenheit. Da die biblischen Texte aber weiterhin in liturgischen und religiösen Zusammenhängen verlesen wurden, entstanden seit dem frühen Mittelalter verschiedene Systeme der Vokalisation. Bei ihnen wurde der Konsonantentext der Bibel ergänzt durch Zeichen, die die harte oder weiche Aussprache von Konsonanten, die Silbenstruktur und die Länge und Qualität der Vokale mitteilten. Von ihnen hat sich ein in Tiberias entwickeltes System durchgesetzt; diese tiberische Punktation ist bis heute der Standard der Vokalisation, auch z. B. in modernhebräischen Zeitungen. Andere Systeme sind z. B. in Handschriften aus dem Jemen oder östlichen Synagogen belegt.

Das Problem dieser nachträglichen Vokalisation der Texte besteht darin, dass sie einen sehr späten Aussprachestandard festschreibt, der sicher nicht für alle Texte der hebräischen Bibel angemessen ist. Das lässt sich leicht an Transkriptionen hebräischer Worte in alten Übersetzungen erkennen: Die Namen der Städte »Sodom« und »Gomorra« sind in dieser Form aus der griechischen Übersetzung in unseren Sprachgebrauch gekommen, nach der tiberischen Punktation sind sie als Sedom und ‘Amora109 zu lesen. Hinzu kommt, dass die Vokalisationsregeln künstlich vereinheitlicht wurden. Der biblische Text ist also ein Mischtext aus altem Konsonantenbestand und jüngerer Vokalisation. Daher gibt es eine ganze Reihe von Fällen, in denen man in der Forschung auf der Grundlage der älteren Konsonanten zu anderen Lesarten kommt, als sie die spätere Vokalisation voraussetzt.

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