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7. Die Hebräische Bibel als sich selbst auslegende Traditionsliteratur

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Die alttestamentliche Wissenschaft hat sich mehr und mehr der Einsicht geöffnet, dass die Hebräische Bibel nicht nur Text, sondern Text und Kommentar in einem ist, dass sie über weite Strecken hinweg durch Vorgänge innerbiblischer Schriftauslegung geprägt ist.20 Diese Einsicht hat die Einschätzung der Hebräischen Bibel insgesamt verändert: Sie gilt nicht mehr im Wesentlichen als kodifiziertes mündliches Gut, sondern als schriftgelehrte Traditionsliteratur, die in ihren Überlieferungskernen wohl auf eine mündliche Vorgeschichte zurückgehen mag, in der Substanz aber nunmehr als dichte, reflektierte Literatur anzusprechen ist. Diese Bestimmungen sind grundsätzlich auf alle drei Kanonsteile des hebräischen Alten Testaments anwendbar, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung im Blick auf deren einzelne Bücher.

Die zahlreichen Befunde von innerbiblischer Schriftauslegung verschärfen noch einmal die Notwendigkeit eines literaturgeschichtlichen Zugangs zum Alten Testament: Dessen Bücher und Texte verlangen nicht nur aufgrund des Umstandes, dass sie vergangenen Zeiten und entfernten Orten entstammen, eine historisch orientierte Auslegung, sondern sie sind eben in ansehnlichen Passagen gar nicht verständlich, wenn deren Auslegungsverhältnisse und Bezugnahmen zu anderen, vorgegebenen Texten nicht erkannt werden.

Umgekehrt führen die jeweiligen Vorgänge innerbiblischer Schriftauslegung auf literaturgeschichtlich relevante Beobachtungen, da diese Auslegungsprozesse in der Regel schriften- und zeitübergreifend ausgerichtet sind. Durch solche Bezugnahmen lässt sich erkennen, welche Texte auf welche reagieren, wie sie ihre Positionen zueinander in Beziehung setzen oder voneinander abgrenzen. Ein gutes Beispiel hierfür findet sich etwa in der kritischen Aufnahme von Jes 65–66 in Koh 1: Gegenüber den prophetischen Verheißungen eines neuen Himmels und einer neuen Erde hält Koh 1 fest, dass nichts Neues unter der Sonne zu erwarten sei, sondern dass die Menschen nach wie vor an die Lebensbedingungen der vorfindlichen Welt gewiesen seien,21 womit elementare Positionen der biblischen Urgeschichte (Gen 1–11) gegenüber Jes 65–66 bekräftigt werden.22

Die Welt der Hebräischen Bibel

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