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Leidenschaft – das wesentliche Merkmal visionärer Pastoral
ОглавлениеOft haben Pfarreien, ja ganze Diözesen eine wirklich schöne Vision. Sie haben Leitbilder niedergelegt und veröffentlicht, die dann auch für die pastorale Planung benutzt werden – aber zuweilen werden sie dennoch nicht umgesetzt. Woran liegt das? Natürlich kann es Hunderte von Gründen geben, weswegen ein Leitbild keine Umsetzung findet. Vor allem liegt es oft daran, dass diese Visionen gar nicht wirklich gemeinsam gewachsen sind – und deswegen die Gemeinschaft der Gläubigen sie sich nicht zu eigen gemacht hat. Es kann auch daran liegen, dass die Leitung nicht glaubwürdig hinter dieser Vision steht. Es kann aber auch daran liegen, dass Strukturen fehlen oder nicht angemessen gestaltet sind, um diese Vision Fleisch werden zu lassen. Ein weiterer Grund kann darin liegen, dass die großen Ziele und Leitbilder nicht in umsetzbare kurzfristige Meilensteine umgemünzt werden. Und natürlich kann es auch daran liegen, dass einige Menschen, gerade auch aus der Leitung der Gemeinschaft, die Vision abtöten. Sofort fallen mir Beispiele ein: Da gibt es jene, die so gesättigt sind, dass sie sich gar nicht mehr auf den Weg machen wollen; es gibt die bekannte Gestalt des Bedenkenträgers, die ewigen Kritiker und auch jene, die das Misslingen vorhersagen. Hier gilt es achtsam zu sein und sich zu überlegen, wie man mit diesen Personen, die es immer und überall gibt, umgeht.
Aber vielleicht der wichtigste Faktor ist in diesem Zusammenhang einer Vision und eines Leitbildes die Frage nach der Leidenschaft. Ohne Leidenschaft ist es unmöglich, eine Vision und ein Leitbild ins Leben zu bringen. Leidenschaft antwortet auf die Frage nach dem „Warum“! Warum haben wir eine Vision, ein Leitbild? Es ist die Leidenschaft, die uns letztlich eine Vision verfolgen lässt und die dann zur Umsetzung eines Leitbildes antreibt. Ja, Leidenschaft ist so etwas wie das Blut, die Energie und der „spirit“, der eine Vision und eine Sendung durchpulsen muss.
Ohne Leidenschaft wird der ganze Weg, den wir auf ein Ziel zugehen, ein unglaublicher Kraftakt – und wir verwirklichen vielleicht einfach irgendein Projekt, irgendeinen Traum, der aber nicht unser eigener ist. Leidenschaft ist aber notwendig, denn eine Vision, die in ein Leitbild mündet, ist eine Herzensangelegenheit, und Leidenschaft ist das Herzblut, das man dafür gibt. Zuerst muss die Leidenschaft da sein, dann kann man eine Vision entfalten und sich auf einen Umsetzungsprozess einlassen.
Solche Leidenschaft ist letztlich eine Leidenschaft für Jesus, eine Leidenschaft für Gott und sein Reich der Liebe, des Friedens und der Gerechtigkeit – und also eine Leidenschaft all derer, die ihm folgen. Es geht also immer um das Reich Gottes, das Fleisch wird in der tiefen und ehrlichen Sehnsucht des Volkes nach einem guten und sinnvollen Leben, nach einer Richtung und Orientierung für das alltägliche Leben und zugleich um die tiefen Sehnsüchte, die in jedem Menschen eingewurzelt sind.