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Kirche und Kommerz

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Die Hauptkritik an der Zürcher Sinusstudie war K.-u.-K.-Kritik: Kirche biedere sich dem Zeitgeist an, lasse sich wie alle nun auch ökonomisieren, hole sich naivlings und hinterrücks Denkvoraussetzungen ins Haus, die ihr theologisch verboten seien, und erwarte Remedur genau von der Seite, die sie in Wahrheit beschädige.

Ich kann die Sorge verstehen, teile aber die Kritik nicht. Die Sinusstudie ist eine Sehhilfe. Nicht theologische Argumentation bedient sich ihrer, sondern instrumentelle Vernunft. Niemand wird bestreiten, dass für die Renovation oder den Neubau einer Kirche besser eine Architektin gefragt wird als eine Pfarrerin, wenn auch die Architektin für Fragen der Expressivität besser eine Theologin zu Rate zieht als eine Werbeagentur. Die Studie hilft zu sehen, wie die Menschen sind, stellt aber nicht die anthropologischen Grundfragen des Menschseins. Kirche hat es in Jahrhunderten verstanden, sich verschiedene Zugänge zur Wirklichkeit nutzbar zu machen, ohne ihre raison d’être schon deshalb aus dem Auge zu verlieren. So auch hier!

Die Nutzung der Studie deckt allerdings die denkwürdige Situation auf, dass längst eingetreten ist, wovor Kritiker der Studie warnen: die Ökonomisierung des ganz normalen Verhaltens im kirchlichen Alltag. Längst ist sie auch kirchlich selbstverständlich: die stille Verwandlung von Leistungen in Waren, von Gelegenheiten in Angebote, von Gliedern in Kunden, von Erfahrung in Unterhaltung, von Beteiligung in Konsum. Oft wird Kirche veranstaltet statt gelebt, Wort konsumiert statt geglaubt, Gemeinde inszeniert statt gebaut. Kirche ist aber kein service public, auch wenn sie faktisch, etwa im Kasualbereich, oft so genutzt wird. Kirche ist keine Dienstleisterin, indem sie spirituelle Waren und diakonische Hilfe über ein dichtes Filialnetz distribuiert. Kirche ist kein Kulturbetrieb, der ein Programm bietet und nach Einschaltquoten gestaltet. All dies auch zu können, tut der Kirche gewiss gut, ist aber nicht ihre raison d’être. So ist es geradezu das Alleinstellungsmerkmal einer Sinusstudie, die von Profitorientierten wie Nonprofitorientierten gleichermaßen genutzt wird, dass sie die latente Profithaltung von vielen Nonprofitorientierten ebenso aufdeckt wie die latente Nonprofithaltung von wenigen Profitorientierten!

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