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7.7 Fähig zum Dialog

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Patienten und Mitarbeitende auf Intensivstationen kommen aus vielen Kulturkreisen oder bekennen sich zu unterschiedlichen Weltanschauungen mit oftmals differenten anthropologischen Positionen. Der Umgang miteinander und die unvermeidbaren Entscheidungen verlangen eine Verständigung über Handlungsalternativen und eine Begründung der jeweiligen Position. Auch vermeintlich reine Sachentscheidungen sind eingebettet in ein Menschenbild, gerade auf einer Intensivstation bei Fragen an den Grenzen des Lebens.


Zur Humanität einer Intensivstation gehört unverzichtbar der kooperative, herrschaftsfreie Dialog zwischen den Beteiligten.

Nur im Dialog können die kritischen ethischen Fragen im Kontext aller anderen Aspekte nachvollziehbar geklärt werden [Habermas 1983; Werbick 2005]. Das braucht institutionalisierte Zeiten, zum Gespräch einladende Räume und dialogbereite Mitarbeitende (s. Tab. 5) [Salomon 2015].

Dialog verlangt Kommunikation. Auch wenn wir in Interaktionen ständig kommunizieren, brauchen gerade Gespräche und Umgang miteinander bei kritischen, emotionalen und weltanschaulichen Inhalten eine bewusste Vorbereitung. Kommunikation darüber muss in der ärztlichen und pflegerischen Ausbildung sowie Fortbildung eingeübt werden. Jeder auf der Intensivstation Tätige bringt aus seiner Sozialisation ein Menschenbild mit, das im Diskurs versprachlicht und vertreten werden muss. Nur so können andere Positionen verstanden und respektiert werden – eine notwendige Voraussetzung, um Medizin human sein zu lassen.

Tab. 5 Elemente der Dialogfähigkeit im intensivmedizinischen Diskurs

Ein Dialog ist notwendig … Er muss mit folgenden Eigenschaften erfolgen
… mit sich selbst selbstkritisch, emotional kompetent
… mit dem Patienten offen, partnerschaftlich
… mit den Angehörigen zugewandt, aufmerksam
… mit Vertretern der eigenen Berufsgruppe kritisch, herrschaftsfrei, über Hierarchiestufen hinweg
… mit Vertretern anderer Berufsgruppen teamfähig, kooperativ, wertschätzend
… mit der Öffentlichkeit ehrlich, bescheiden

Ethik erschöpft sich nicht in Kommunikation, aber ohne Kommunikation läuft Ethik Gefahr, dogmatisch und engstirnig zu werden.

Praxisbuch Ethik in der Intensivmedizin

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