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Allgemeinpolitisches Handlungsfenster

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Für die Durchsetzung grundlegender Strategiewechsel sind neben den Reformblockaden auch reformfördernde Bedingungen relevant. Diese reformfördernden Bedingungen können aus der Öffnung von situativen Entscheidungsfenstern entstehen (Herweg et al. 2017). Situative Entscheidungsfenster entstehen einerseits regelmäßig, etwa wenn nach Wahlen Koalitionsverhandlungen anstehen. Entscheidungsfenster können aber auch aus unregelmäßigen Ereignissen entstehen, etwa durch Krisen, die politische Neuorientierungen begünstigen und gewachsene Machtstrukturen aufweichen.

Krisen können direkte Folgen auf das Gesundheitswesen haben, wenn Rezessionen zusätzlichen Finanzierungsdruck auf die Lohnnebenkosten ausüben. Es kann auch zu indirekten Handlungsoptionen dadurch kommen, dass einzelne Institutionen oder Akteure durch ihr Verhalten in Krisen an politischem Potenzial gewinnen oder verlieren. Neben wirtschaftlichen Krisen können auch politische Krisen, also etwa Skandale einzelner Personen, Kriege, oder andere große Ereignisse Entscheidungsfenster öffnen, etwa indem sie öffentliche Aufmerksamkeit für ein Politikfeld verstärken oder von diesem ablenken.

Neben diesen unregelmäßigen Handlungsfenstern bieten regelmäßig wiederkehrende Zyklen, insbesondere der Legislaturperioden, vorhersehbare Handlungsfenster für Gesundheitsreformen. Gerade in den letzten Jahren wurden die meisten Reformelemente in Koalitionsverhandlungen festgelegt. Koalitionsverhandlungen und Koalitionsverträge sind in der aktuellen Form ein relativ neues Element und in dieser Weise auch im Grundgesetz nicht vorgesehen. Insbesondere bei Koalitionen zwischen Parteien mit unterschiedlichen normativen Zielen und Zusammensetzungen der Wählerschaft werden die Entscheidungen der Legislaturperiode so detailliert wie möglich in den immer länger werdenden Koalitionsverträgen festgelegt. Dabei steht am Beginn der Verhandlungen regelmäßig eine Bestandsaufnahme. Diese greift auf Zahlen vom BMG und in der Regel auch vom GKV-Spitzenverband zurück. Aus diesen Prognosen geht zunächst ein subjektiver Problemdruck hervor, der grundlegende Reformen ermöglicht oder verhindert. Bei den letzten Koalitionsverhandlungen fehlte etwa der Problemdruck für eine nachhaltige Klärung des Konflikts um die zukünftigen Finanzierungsgrundlagen unter dem Stichwort Bürgerversicherung. Daher kam es hier nur zu einer Einigung auf die Einrichtung einer Honorarkommission, die Möglichkeiten für eine zukünftige Angleichung zwischen Honorarsystemen erarbeiten sollte.

In der aktuellen Legislaturperiode zeigt sich allerdings, dass ein ambitionierter Gesundheitsminister die Möglichkeit hat, auf Grundlage des Koalitionsvertrags zusätzliche eigene Initiativen einzubringen. Zudem kann es während einer Legislaturperiode zu plötzlichem Handlungsbedarf kommen, der dann grundlegende Reformen auch jenseits des Koalitionsvertrags ermöglicht.

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