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1.3 Die Bibel lesen: innerbiblische, geschichtliche und aktuelle Verstehensprozesse

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Klaus Scholtissek

„Herr, wer könnte mit seinem GeistGeist auch nur eines von deinen Worten ganz verstehen? Mehr als wir erfassen, bleibt unverstanden. Wir sind wie Dürstende, die an einer Quelle trinken. Das Wort Gottes hat viele Seiten, die es den Lernenden je nach ihrer Auffassungsgabe darbietet. Gott hat seinem Wort viele Farben gegeben, wer auch immer lernt, soll an ihm etwas sehen können, was ihn anspricht. Gott hat in seinem Wort Schätze von vielerlei Art niedergelegt; jeder von uns, der sich darum müht, soll daraus reich werden können. … Was du infolge deiner Unzulänglichkeit in dieser Stunde nicht erlangen kannst, bekommst du in einer anderen. Du musst nur durchhalten. Versuche nicht ungeduldig mit einem einzigen Schluck zu nehmen, was man nicht auf einmal schlucken kann. Aber höre auch nicht aus Feigheit auf, von dem zu nehmen, was du nur nach und nach empfangen kannst.“ (Ephräm der Syrer, Diatessaron 1,18–19).

Der Kirchenlehrer Ephräm der Syrer (306–373 n. Chr.) reflektiert in diesen Sätzen das Verstehen und die Auslegung der Bibel als Gottes Wort an seine Geschöpfe. Dabei rückt er anthropologische, theologische und sprachliche Aspekte in den Vordergrund: Er versteht die Menschen als „Dürstende“, die zu einer Quelle kommen, um zu trinken. Diese Dürstenden haben jeweils eine verschiedene „Auffassungsgabe“, haben „Unzulänglichkeiten“, können „ungeduldig“ und „feige“ sein. Gottes Wort in der Bibel kann nicht gänzlich ausgelotet und „verstanden“ werden. Menschen können sich des Wortes Gottes nicht bemächtigen, ohne es zu vereinnahmen. Und Gottes Wort hat „viele Seiten“, „viele Farben“ und „Schätze von vielerlei Art“, die es den jeweiligen Leserinnen und Lesern besser ermöglichen, aus dem Lesen und Hören „reich werden zu können“.

Biblisches Arbeitsbuch für Soziale Arbeit und Diakonie

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