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Literarische Gattungen – nicht verwechseln!
ОглавлениеEs klingt simpel, aber biblische Texte gehören literarischen Gattungen an, und es führt in die Irre, sie zu verwechseln. Wer einen Liebesbrief mit einem Steuerbescheid verwechselt, macht sich keine Freunde. Wer den großartigen Hymnus auf eine ideal geordnete Welt ohne Leid und TodTod (Gen 1,1–2,4aGen1,1–2,4a) mit einem wissenschaftlichen Bericht über die Entstehung der Welt und des Lebens verwechselt, verstrickt sich in Aporien. Der Schlüssel zum Verständnis liegt in diesem Text, dass das immer und überall Gültige und nicht das einmalig Zufällige das eigentlich Wahre ist: Die Menschheit gehört untrennbar zur Natur, deren Rhythmen durch Sonne und Mond definiert sind. Der Mensch entwickelt sich weiter und repräsentiert in seiner Kreativität Gott selbst im Gegenüber zur Welt. Er ist nicht vom Niederen gedacht, sondern vom Höheren, von dem her, was er erst noch werden soll. Von daher besitzt er seine unverlierbare und unteilbare WürdeWürde (→ 3.7 MenschenwürdeMenschenwürde).
Eine andere Gattung sind die Paränesen: Tue dies und lass das andere (z.B. Ex 23,20–33Ex23,20–33; Röm 12,1–21Röm12,1–21 u.v.a.). Das ist relativ eindeutig. Wir finden auch eigentliche Gesetzestexte kasuistischen RechtsRecht: Wen du wagst, dieses zu tun, folgt jenes als Strafe (z.B. Ex 21–22Ex21–22). Die zehn Gebote, deren Zählung umstritten, aber freilich nicht biblisch ist, sind kein Gesetzestext, sondern eher eine Präambel, die die Freiheit proklamiert, die es nicht zu verletzen gilt (Ex 20,2–17Ex20,2–17 ⫽ Dtn 5,6–21Dtn5,6–21). Ob sich das sogenannte Tötungsverbot des Dekalogs (Ex 20,13Ex20,13 ⫽ Dtn 5,17Dtn5,17) nur im Wortsinn des verwendeten Verbs auf vorsätzlichen Mord beschränkt, oder daneben aber auch Fahrlässigkeit oder gar Töten lassen impliziert, ist eben Auslegungssache. Man muss die Leitlinie auf den Fall anwenden, und damit muss man sie im Konkreten diskutieren (→ 2.4 Ansätze biblischer EthikEthik).