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Die interdisziplinäre/-professionelle Diagnostik und Therapie basiert auf einem teamintegrierten Ansatz

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Die Wahrnehmung der chronischen Schmerzerkrankung als bio-psycho-soziale Problematik mit ineinander verwobenen und aufeinander bezogenen Schmerzanteilen erfordert eine der Komplexität angemessene Behandlung ( Kap. 2.2). Grundlage dafür ist zum einen das Verlassen des dualistischen oder dichotomen Menschenbildes. Dieses von dem Philosophen Descartes geprägte Denken trennt den Körper und dessen Schmerz von der Seele und ihrem Leiden am Schmerz. Es führt bis in die heutige Zeit zu einem stark biomedizinisch geprägten Verständnis. Für eine adäquate und nachhaltige Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen muss daher der in den 1970er bis 1990er Jahren entstandene bio-psycho-soziale Behandlungsansatz verfolgt werden

Abb. 3.4: Multidisziplinäre/-professionelle Therapie: Eine »Multikomponententherapie ohne interdisziplinäre Abstimmung« (Arnold et al. 2009)

( Kap. 2.2). Der primäre Gedanke der Multidisziplinarität wurde durch die Entwicklung der Grundlagen für interdisziplinäre Diagnostik und Behandlungsprogramme vertieft und spezifiziert (Gatchel et al. 2014; Abb. 3.5). Die Entwicklung und die Inhalte sowie die Abgrenzung der interdisziplinären Diagnostik und Therapie wurden bereits ausführlich dargestellt ( Kap. 2.2, Kap. 2.3).

Basierend auf den von der IASP und insbesondere den von der Ad-hoc-Kommission »Interdisziplinäre Multimodale Schmerztherapie« der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. ausgearbeiteten Kriterien können folgende wichtige Voraussetzungen für die interdisziplinäre/-professionelle Versorgung chronischer Schmerzpatienten zusammengefasst werden (zusammengestellt aus Arnold et al. 2014, Arnold et al. 2009, IASP 1990, 2009):

Behandlerteam:

• Eng koordinierte Einbindung verschiedener (mind. 2) ärztlicher Fachdisziplinen, Therapeuten und Pflege

• Psychiatrische oder psychotherapeutische und physiotherapeutische Kompetenz sind obligat, sozialmedizinische Kompetenz inkl. Berufsberatung sind wünschenswert

• Umfangreiche schmerzspezifische Kenntnis

• Gleichberechtigte Verfahren und Therapeuten unter ärztlicher Leitung

Therapeutische Basis:

• Bio-psycho-soziales Schmerzmodell

• Multimodaler Ansatz

• Gleichzeitige Anwendung körperlich und psychologisch übender Therapieverfahren

• Im Team abgestimmtes identisches Therapieziel

Teamintegrierter Ansatz:

• Enge Kooperation und tägliche Kommunikation im Team (»Verzahnung«)

• Regelmäßige und geplante Teambesprechungen

• Inhaltlich und zeitlich aufeinander abgestimmte Vorgehensweise

Abb. 3.5: Interdisziplinäre/-professionelle Therapie: Teamintegrierte Kommunikation und Einbeziehung des Patienten

Individueller Gesamtbehandlungsplan:

• Unterordnung der fachspezifischen Einzelinteressen (»Ziehen an einem Strang«)

• Gemeinsame Behandlungsphilosophie

• Aktive Einbeziehung der Patienten

Voraussetzung:

• Interdisziplinäre Diagnostik (z. B. Assessment)

• Kleingruppen (max. 8 Patienten)

• Behandlungsplan

Ziel:

• Wiederherstellung von objektiver und subjektiver Funktionsfähigkeit (functional restoration)

• Schmerzlinderung

• Krankheitsverständnis.

Die interdisziplinäre / -professionelle multimodale Therapie stellt eine umfassende und effektive Therapie für chronische Schmerzerkrankungen dar, die Einzelinterventionen und multidisziplinären- / professionellen Verfahren überlegen ist (Bundesärztekammer (BÄK) et al. 2017, Guzman et al. 2001, Kamper et al. 2015, Scascighini et al. 2008). Dennoch besteht bis heute insbesondere international kein klarer Konsens zur Abgrenzung einer multidisziplinären von einer interdisziplinären Vorgehensweise. Diese Problematik wird durch zahlreiche qualitativ nicht ausreichende Behandlungsprogramme und Studien unterstrichen (Dragioti et al. 2018). Darüber hinaus bestehen u. a. Unklarheiten zur Behandlungsintensität, Therapiebeginn und -dauer und adäquaten Messparametern zur Validierung der Behandlungsqualität (Kaiser et al. 2017, Kamper et al. 2015) ( Kap. 2.3).

Die aktuellen Bestrebungen zielen daher auf eine genauere Analyse dieser Problematik und belastbare Daten für eine qualitativ hochwertige und wirtschaftliche interdisziplinäre Diagnostik und Therapie. Dazu gehören neben der Entwicklung spezifischer Messinstrumente (Kaiser et al. 2018) auch gesundheitsökonomische Überlegungen zur sektorenübergreifenden und an das Chronifizierungsstadium adaptierten Einordnung interdisziplinärer/-professioneller Therapieverfahren (Hauser et al. 2014, Pfingsten et al. 2019). Schließlich sollen künftig auch bislang zu wenig beachtete Einflüsse auf die Effektivität einer interdisziplinären Vorgehensweise einbezogen werden. Sie gehen in Richtung einer Erweiterung und eines Umdenkens für interdisziplinäre / -professionelle Behandlungsverfahren, die das Selbstverständnis der betroffenen Patienten als auch der Ärzte und Therapeuten im Sinne einer sog. transformativen Versorgung mit der Nutzung innovativer Konzepte einbeziehen (Fricton 2015).

Multimodale Schmerztherapie

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