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5 Das Problem der nationalen Integration Pakistans und die Geburt Bangladeschs
ОглавлениеDie Schaffung Pakistans war ein Höhepunkt der kolonialen Ethnifizierungspolitik. Der neue Staat wurde zum einen aus der Furcht eines schwachen muslimischen Bürgertums geboren, durch ein starkes hinduistisches Bürgertum in Indien unterdrückt zu werden – Jinnah sprach 1943 gar von einer »Entmannung der gesamten muslimischen Nation ... (und) Etablierung der Hindu-Mehrheitsregierung auf diesem Subkontinent«. Zum anderen wurden die Befürworter durch die naive Hoffnung angetrieben, einen exklusiven und geschützten Markt für und von Muslimen zu finden. Viele Muslime hatten sich für den von Religionspolitikern präsentierten Islam entschieden, jedoch wirtschaftliche Emanzipation und gesellschaftliche Selbstgestaltung gemeint. Die Träger des neuen Staates – Militär, Verwaltung, Großgrundbesitzer und Industrie – setzten die koloniale Tradition in dem abgegrenzten Territorium fort, ein Integrationsprozess erwies sich als mühselig, ja unmöglich.28 Der Großteil der Muslime war im neuen Indien zurückgeblieben, da seine wirtschaftliche Grundlage in der einen oder anderen Form an das Land gebunden war – als Landarbeiter oder -besitzer. Kennzeichnend waren Indifferenz gegenüber der Teilung, oder die Forderung nach einem multi-religiösen, säkularen Indien, wofür sich die meisten Islamgelehrten aussprachen, die traditionsgemäß noch über Ländereien in den qasbahs verfügten. Verflechtungsgeschichte oder Islamicate culture im Sinne Marshall Hodgsons mit ihren verschiedenartigen Traditionen mag für eine solche Haltung ebenfalls eine wirkungsmächtige Rolle gespielt haben.
Westpakistan zog den Großteil des know-how und des Kapitals an: 90% der Migranten (muhajirin) stellten ein Fünftel der dortigen Bevölkerung, die restlichen 10% nur 2% der Bevölkerung Ostpakistans. Über 30% der Migranten ließen sich in Städten nieder, in Westpakistan bildeten sie nahezu die Hälfte der urbanen Bevölkerung. In Karachi begannen muslimische Händlergemeinden aus dem Punjab, aus Bombay und Gujarat sowie aus den United Provinces, den neuen und geschützten Markt zu ihren Gunsten zu monopolisieren. Entsprechendes geschah in Ostbengalen, welches vor der Teilung noch als landwirtschaftliches Hinterland für Kalkutta bedeutsam war: Die nach Indien ausgewanderten hinduistischen Großgrundbesitzer, Großhändler, Finanziers und Beamten wurden zügig durch Urdu-sprachige muhajirin aus den United Provinces, Bihar und Punjab ersetzt. Diese hatten durch ihre Sprache mehr Gemeinsamkeiten mit der Führungsschicht Westpakistans als mit der bengalisch-sprechenden Bevölkerung. So sahen sie sich schon früh in der hegemonistischen Position, durch die Einführung des Urdu und neuer Zölle den 1500 km entfernten ostpakistanischen Markt, der sich vom westpakistanischen ethnisch und sprachlich stark unterschied, beherrschen zu können.29 Obgleich Urdu die Muttersprache von nur knapp 2% aller Pakistanis war, forderte Jinnah, selbst des Urdu kaum mächtig, im März 1948 dessen Einführung als Landessprache. Diese Schieflage legte den Keim für bengalische Bestrebungen nach Selbstbestimmung, die sich schon 1949 in der Awami League artikuliert hatten.30 1952 kam es zu ersten ethnischen und rassistischen Krisen, denn nicht nur wurde den Bengalis eine islamische Identität abgesprochen, die muhajirin machten auch keine Anstalten, sich den örtlichen Bedingungen anzupassen. Dies spiegelte die traditionellen Ressentiments nordindischer ashraf gegenüber den ansässigen »niederen Schichten und Barbaren«, den ajlaf, wider.31 Dem Islam sollte also weiterhin eine wichtige, wenn auch zweifelhafte Rolle zukommen.