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Die Entwicklung von 1407 bis um 1430

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Ein Überblick über das gesamte 15. Jahrhundert lässt gleichsam eine Dreiteilung erkennen: Das erste Drittel (bis ca. 1432) ist durch Krisen und Konflikte sowie die Klärung wichtiger Fragen der Stadtherrschaft (1407) gekennzeichnet. In den Jahren bis zum Herrschaftsantritt Bischof Johanns von Dalberg 1482 folgte eine sehr ruhige und von Kompromissen zwischen Stadt und Geistlichkeit gekennzeichnete Phase, während ab 1482/83 wiederum ganz massive Schwierigkeiten und in ihrer Schärfe und ihrem Verlauf neuartige Konflikte zwischen Rat und Bischof auftreten, die mit dem Auszug des Klerus 1499 ihren Höhepunkt finden.

Wie bereits angedeutet, überlagerten sich zwischen 1400 und 1411 eine Reihe unterschiedlicher Konfliktebenen. Dazu gehört ein sehr langwieriger Konflikt zwischen der Stadt und namhaften Familien der Hausgenossenschaft238. Zwischen 1406 und 1408 bzw. von 1407 bis 1409 – während der Zeit des Bürgermeisters Peter Kronberger – geriet der Rat in massive Konflikte und Kriegshandlungen mit Henne Malthus und dem aus einem Mainzer Geschlecht stammende Peter Klemann, einem Verwandten des bereits genannten Bischofs Salmann Klemann. In beiden Fällen vermengten sich Aktivitäten im Finanz- und Kreditwesen, politischer Ehrgeiz bzw. Aktivitäten im Rat und der (Finanz-)Verwaltung der Stadt, die Berufung auf die Sonderrechte der Hausgenossen, Engagement für auswärtige Herren (die Kurpfalz und Kurmainz), Kriegs- und Fehdebereitschaft sowie der Rückgriff auf starke finanzielle und personelle Unterstützung bei regionalen Niederadligen in für die Stadt verhängnisvoller Weise. Worms wurde von beiden Personen samt ihrer nicht unbedeutenden Anhängerschaft mit verlustreichen Fehden überzogen; man konnte sich nur mühsam auf Sühneverträge einigen.

Nach dem Tod des stets in Diensten des pfälzischen Königtums stehenden Bischofs Matthäus von Krakau 1410 kam es wegen der Wahl des Nachfolgers zu Streitigkeiten. Der schließlich Gewählte, Johann von Fleckenstein, stand schon längere Zeit im Dienst der Kurie. Sein Einzug in seine Stadt verzögerte sich wegen Misshelligkeiten mit dem Rat, wobei der Streit 1410/11 zu neuen Auseinandersetzungen um die Rechte von Klerus und Bischof in der Stadt eskalierte. Die Einigung der Kurfürsten auf die Wahl Sigismunds im August 1411 war Voraussetzung für die dann erst auf dem Konstanzer Konzil wirklich gelungene Beendigung des päpstlichen Schismas239. Der Bischof erkannte auch den ohne seine Zustimmung ernannten Rat an. Vorausgegangen war im Januar 1411 wiederum ein Auszug des Klerus240. Zahlreiche Details der auch vor dem König und seinem Hofgericht ausgetragenen Konflikte gehen aus den städtischen Klageschriften hervor. Die Stadt warf der »Pfaffheit« dabei unter anderem die Umgehung der Steuerpflicht, die Unterhaltung offener Tavernen, unerlaubte Anbauten an die Stadtmauer, die Missachtung von Urteilen des weltlichen Gerichts, das heißt des Stadtgerichts und des Rates, die Übervorteilung der Bürger, die betrügerische Fälschung von Zinsbriefen, das Tragen von Waffen sowie die Zerstörung eines geweihten Kirchhofes für den Bau von Kellern und Häusern vor. Die Quellen lassen eine zunehmende Verbitterung und Verschärfung der Konflikte erkennen.

Seit dem Jahr 1421 kam es im Bistum Worms zu einer Reihe von Inquisitionsverfahren gegen vermeintliche oder tatsächliche Auswirkungen der hussitischen Bewegung, ein deutliches Anzeichen für die vermehrte Verbreitung ketzerischer Lehren am Mittel- und Oberrhein. Diese Tendenzen lösten starke Befürchtungen des Pfalzgrafen und der übrigen Reichsfürsten aus und schlugen sich auch in Worms selbst nieder, wo 1422 ein Verfahren gegen den Lektor des Wormser Franziskanerklosters Peter Wyrach angestrengt wurde, der die energische Unterstützung der Wormser Führungsschicht genoss241. Nach dem Tod des Bischofs kam es im Zusammenhang mit der Wahl und Einsetzung seines Nachfolgers, des Domdekans Friedrich von Domneck 1426/27 zu in städtischen Quellen detailliert geschilderten Schwierigkeiten. Der Bischof stand danach bis zu seinem Tod 1445 in recht gutem Einvernehmen mit der Stadt. Die bereits geschilderte Stärkung der Rolle der Zünfte durch eine Übereinkunft vom Jahr 1430 (s.o.) verlief ohne erkennbare innere Schwierigkeiten, wiewohl sich in dieser Zeit politische, wirtschaftliche und soziale Krisenfaktoren gegenseitig verstärkt haben. Ausdruck dieser von einer schweren Hungersnot begleiteten Schwierigkeiten war im Winter 1431/32 ein das Wormser Umland erschütternder Bauernaufstand, der in neuartiger Intensität die Unzufriedenheit breiter ländlicher Schichten mit ihrer Lage erkennen lässt und sich mit antijüdischen und antiklerikalen Tendenzen vermischte242. Es kam dabei zu Zusammenrottungen von Bauern unterschiedlicher Herrschaften aus dem Umland der Stadt gemeinsam mit einigen Adligen und Wormser Bürgern, Folge vielfältiger sozialer Spannungen, zu deren Hintergrund auch die starke Verschuldung bei Wormser Juden gehört hat. Auslöser für die schweren Unruhen waren enttäuschte Erwartungen auf Tilgung von so genannten »Judenschulden«. Die Stadt suchte die entstandenen, in starkem Maße in die Stadt zurückwirkenden Probleme durch enge Absprachen mit den Ratsfreunden in Speyer und Zusicherung militärischer Unterstützung von dort und aus Frankfurt zu entschärfen. Die Ereignisse zeigen auch, wie stark die Stadt mit ihrem agrarwirtschaftlich geprägten Umland verflochten und wie labil und anfällig die bestehende Herrschaftsordnung im Grunde war. Aus dieser Zeit liegt auch eine Reihe von Quellen über Konflikte mit rechts- und linksrheinischen Gemeinden vor, mit denen die Wormser wegen Weide- und anderer Nutzungsrechte im Streit lagen243. In einem Umkreis von fünf bis zehn Kilometern um die Stadt befand sich ein in den Quellen um 1440/1460 mehrfach genannter Burgbannbezirk; für das Jahr 1490 ist die Befreiung von 17 Dörfern des Umlandes von einem dem Bischof zustehenden Pfortenzoll belegt, was Rückschlüsse auf den direkt der Stadt zugeordneten Bereich des Umlandes zulässt244.

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