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Die postheroische Ära: der Soldat als Opfer

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Was ist daraus geworden? Hat sich Europa in dieser Hinsicht vielleicht gewandelt? Sind wir wirklich in ein „postheroisches Zeitalter“ (Herfried Münkler) eingetreten, das auch die Kriegerdenkmäler in einem anderen Licht erscheinen lässt? Hat sich das Verhältnis von Helden und Opfern, von Reue, Buße und Versöhnung verändert? Das sind Fragen, die hier nicht prinzipiell beantwortet werden können. Aber vielleicht zeigt ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit, dass sich in manchen Teilen Europas tatsächlich Grundlegendes gewandelt hat. Am 11. November 2014, dem 96. Jahrestag des Waffenstillstandes von 1918, ist vom französischen Staatspräsidenten François Hollande das Gefallenenmahnmal Mémorial de Notre-Dame-de-Lorette eröffnet worden. Das Spektakuläre: Es soll als Monument die Erinnerungen an alle diejenigen Soldaten bewahren, die während des Ersten Weltkrieges im regionalen Umfeld des Mahnmals fielen, und zwar von allen Beteiligten, egal ob Freund oder Feind. Der „Ring der Erinnerung“ (der Anneau de Mémoire), ein über 300 Meter im Umfang dimensionierter ellipsenförmige Ring aus Beton, listet auf 500 Metallstelen ohne Hinweis auf ihre Nationalität, alphabetisch geordnet, die Namen von fast 580.000 in Nordfrankreich Gefallenen auf. Was Staatszugehörigkeit, Ideologie, Fronten und Schützengräben einst trennte, hatte nach dem Tod die Erde vereint. Nun sind in den Erinnerungen die Nationalgrenzen und damit auch die Unterteilung in Sieger und Besiegte aufgehoben.

Bereits im Ersten Weltkrieg hatte der selbst kurz vor dessen Ende noch gefallene englische Dichter Wilfred Owen (1893–1918) die Horaz-Sentenz als das entlarvt, was sie wirklich ist: the old Lie. „My friend, you would not tell with such high zest/To children ardent for some desperate glory,/The old Lie: Dulce et decorum est/Pro patria mori.“5 Dass übrigens auch schon Horaz, der Dichter der Zeilen über das ruhmvolle süße Sterben, diese selbst nicht als Handlungsanleitung angesehen hat, lässt seine Biografie erahnen. Hatte doch der Dichter im Herbst 42 v. Chr. bei Philippi, einer Schlacht im römischen Bürgerkrieg, als er selbst die Süße eines tödlichen Hiebs hätte kosten können, die Waffen lieber in die Büsche geworfen und Fersengeld gegeben.

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