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Der Nationalsozialismus – eine europäische Angelegenheit
ОглавлениеDer Nationalsozialismus ist in Deutschland entstanden, aber seine Weltanschauung entspringt einem gemeineuropäischen Nährboden, zu dem der Antisemitismus ebenso wie der Sozialdarwinismus gehört. Er bildet eine Art Negativbild zum Europa der Aufklärung und verlängert auf seine Art die Brutalität der westlichen Welt – von der kolonialen Eroberung über die ökonomische Ausbeutung bis hin zur Verherrlichung der „Leistung“. All das weist zurück auf eine europäische Genealogie.
10. Reichsparteitag in Nürnberg 1938.
Die Darstellung des Phänomens Nationalsozialismus in einem Werk, das sich dem europäischen Gedächtnis widmet, erscheint bereits auf den ersten Blick einleuchtend. Die ungeheuren materiellen Zerstörungen, die Tiefe der menschlichen Trauer und die Abgründigkeit der moralischen Katastrophe, für die das „Dritte Reich“ und seine Verbrechen stehen, betreffen den gesamten europäischen Kontinent, vom zerstörten Brest im Westen bis zum Ural, der für die Nationalsozialisten zur Grenzmark ihres großen Kolonialreichs, ihres Lebensraums im Osten werden sollte. Und doch kann es überraschen, wenn man den Nationalsozialismus als europäische Frage behandelt: Gewiss, er ist eine deutsche Angelegenheit – aber auch eine europäische? Wenn man schon den Blick weiten will, warum ihn dann nicht als westliches beziehungsweise als globales, ja universelles, gemeinmenschliches Phänomen abhandeln? Wir beabsichtigen jedenfalls nicht, von all dem Elend zu sprechen, das vom „Dritten Reich“ über Europa gebracht wurde, uns geht es vielmehr um die Frage, was uns der Nationalsozialismus über Europa sagt, ja verrät, was er uns enthüllt. Wir fragen also danach, inwiefern er einen europäischen Gedächtnisort darstellt.