Читать книгу Damaged Goods - Группа авторов - Страница 10

Оглавление
THE NEW YORK DOLLSThe New York Dolls [Mercury, 1973] Didi Neidhart

Was haben die nur angerichtet? Kiss, Poison, Mötley Crüe sind nur drei Bands von vielen, die es ohne die Dolls nie gegeben hätte oder die ohne die Dolls auch nur halb soviel Spaß machen würden. Optisch sahen sie aus, als wären sie aus einem Warhol-Film in einen von John Waters gestolpert. Als wäre Ziggy Stardust auf dem Weg zu Diamond Dogs mit der queeren, aus San Fransicso stammenden Hippiekommune The Cockettes (der u. a. auch Sylvester angehört hat) zusammengestoßen, wo dann einiges falsch verstanden worden ist. Bevor man die Dolls aber auch jenseits von Insiderkreisen in den Prä-Punk-Pantheon aufnahm, wurden sie eher als Lachnummer rezipiert. Als Fake, Rolling-Stones-Klone und schlechte Musiker in Fummel, ohne den sie sowieso nie so bekannt geworden wären.

Rückblickend kann dazu gesagt werden: Ja, die Dolls standen spieltechnisch für ein absolutes »Everybody can do it!« Producer Todd Rundgren soll bei den Aufnahmen speziell Drummer Jerry Nolan öfters in die Sticks gegriffen haben, die Riffs wurden mit einer gewissen aggressiven Schlampigkeit/Wurstigkeit heruntergedroschen, den Stones der Exile on Main St.-Phase zeigten sie den Stinkefinger des flamboyanten Gossenglamours des New Yorker Undergrounds.

The Positive Power of Fake, Pose und das Verkleiden/Kostümieren zogen sich bei den Dolls aber auch durch die Musik. Die war im Grunde aus einem Scherbenhaufen und einer Müllhalde zwischen Rhythm & Blues, Phil Spector, Girl Groups und klassischem Rock’n’Roll zusammengeklaubt. Daraus machten die Dolls eine Art Vaudeville-Rock’n’Roll-Revue, bei der alles in- und miteinander verschwamm. Nicht aus Taktik, sondern weil die Dolls eine Band von Fans für Fans waren. Sie operierten quasi mit einem nie niedergeschriebenen American Rock’n’Roll Songbook und setzten dem eine campe Krone auf. Deshalb hat es auch etwas gedauert, bis sich hier ähnliche Effekte wie bei den Velvets oder den Stooges einstellten. Erstanden wurde die LP im Ramsch, was für eine Platte, deren zweite Seite mit einem Song namens »Trash« losgeht, schon mal eine guter Anfang war. Auch lagen Songs wie »Personality Crisis«, »Looking for a Kiss« oder »Lonely Planet Boy« voll im Trend des aktuellen persönlich-emotionalen Teenager-Haushaltes und mit »Frankenstein (Orig.)« wurde zusätzlich Sex mit einem Horror-Filmstar propagiert. Alles aber nichts gegen »Jet Boy«, wo Johnny Thunders (der hier u. a. auch das Piraten-Outfit salonfähig gemacht hat) plötzlich mit einem Riff loslegte, auf das selbst The Stooges stolz gewesen wären. Es sind diese verbeulten Riffs, deren Zutaten immer irgendwie sehr bekannt wirken, die jedoch im Gegensatz etwa zu Bowie, T. Rex oder Roxy Music nicht mit so einem konzeptuellen Überbau zusammengeschustert wurden, die in ihrer DIY-Ausgestelltheit gleichzeitig auch eine Leidenschaft darstellten, gegen die sich die Dolls am wenigsten wehren konnten (und wollten). Fast alle Songs schrammten am gerade noch Machbaren herum. Das Tempo wechselte da in ein und demselben Song schon mal öfters (am Schluss wurde meist nur noch aufs Gaspedal gedrückt, wobei der quasi »klassische« Dolls-Groove mit seiner stets durchgedrückten Bassdrum auch an Klaus Dingers »Apache Beat« bei Neu! erinnert) und es herrschte allgemein eine Stimmung von fröhlichem, ausgelassenem Chaos. Dabei ging es nicht darum, jenseits des spieltechnisch Machbaren zu gelangen, sondern jenseits eines Status quo, der Bands wie den Dolls allen Ernstes empfahl, lieber weiter im Proberaum zu üben, bis aus ihnen »richtige Musiker« geworden waren (zeitgenössische Pressekritiken waren dann auch gegenüber den Dolls um einiges aggressiver und herablassender als vergleichweise gegenüber den Stooges oder den Velvets, was sicher auch am queeren Image gelegen hat).

Glücklicherweise haben sie sich jedoch nicht fürs Üben entschieden, was unter anderem auch bei Nachfolge-Projekten wie Johnny Thunders & The Heartbreakers oder bei von den Dolls inspirierten Bands wie The Dead Boys sehr schön nachzuhören ist.

Zwar war 1973 der spätere Sex-Pistols-Manager Malcolm McLaren noch nicht mit dabei, aber auch wenn er als kurzzeitiger Dolls-Manager eher zu ihrem Ende beigetragen hat (Fotos in rotem Latex mit Hammer & Sichel-Fahnen kamen dann doch nicht so wirklich gut an), hat er quasi der Idee »New York Dolls« mit den Sex Pistols ein, wie wir wissen, sehr erfolgreiches Update verpasst.

Nachdem ich dann auch noch die zweite LP mit dem programmatischen Titel Too Much Too Soon aus einer Ramschkiste gefischt hatte, gab es zudem eine kurze Phase, in der ich fast jedes Riff der Debüt-LPs von The Clash und der Sex Pistols auf New-York-Dolls-Vorlagen zurückführen wollte und allein deshalb die Dolls mehr schätzte. Die hätten das schließlich erfunden und die anderen nur »nachgespielt«. Dieses saublöde Argument (»Wer hat’s erfunden?«) hielt zum Glück nicht lange und wurde spätestens mit dem Zitat-Popjahr 1982 als doppelt saublöd enttarnt. Aber es stimmt schon: Die New York Dolls hatten etwas, was The Clash und auch die Pistols nicht hatten. Damit sind weniger Aspekte des Queeren, Campen, Flamboyanten gemeint (das auch), sondern, so blöd das auch klingen mag, die Verschiebung von Rock’n’Roll als Punk zu Punk-ROCK. Gerade das Scheitern der Dolls an auch bei Clash und den Pistols immer noch durchschimmernden Hardrock- Anklängen, macht sie bis heute so wichtig. Fehlt dieser »Dolls-Faktor«, macht auch die lustigste Hair-Metal-Band keinen Spaß.

Damaged Goods

Подняться наверх