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MONKSBlack Monk Time [Polydor, 1966] Dietmar Post

Wir lebten in den USA, als Mitte der 1990er-Jahre unsere Recherche zum Dokumentarfilm Monks: The Transatlantic Feedback begann. Vielleicht war der Auslöser, wie man in den USA auf die erstmalige Veröffentlichung von Black Monk Time, des einzigen Albums der Band, reagiert hatte. Die US-Medien und -Fans steckten die deutsch-amerikanischen Mönche in die Schublade »Sixties Garagepunk«. Das machte uns stutzig, da man gemeinhin den 1960er-Jahre-Garagenpunk mit von der britischen Invasion beeinflussten US-Gruppen wie den Seeds, 13th Floor Elevators oder den Sonics in Verbindung bringt. Für uns als Dokumentarfilmer war also klar, dass wir die am Monks-Projekt beteiligten Personen direkt fragen mussten. Die Reaktionen auf die Frage, ob die Monks Punk waren oder nicht, fielen sehr eindeutig negativ aus. Und das ist auch gar nicht überraschend, denn in den Jahren der Existenz der Monks zwischen 1965 und 1967, gab es diesen Begriff zur Beschreibung von Musik überhaupt nicht. Selbst die später so betitelten und oben erwähnten Garagenbands hätten diesen Begriff für sich selbst nie angewandt, Lenny Kaye hatte ihn erst posthum Anfang der 1970er erfunden. Und so lehnten auch alle im Film von uns befragten Personen die Einordnung als Garagenpunk kategorisch ab. Eddie Shaw, Bassist der Monks und eigentlich Jazztrompeter, ging so weit zu sagen, dass die Monks aus drei Gründen natürlich keine Garagenpunkband gewesen waren: »1) Wir probten nie in einer Garage. 2) Wir waren professionelle Musiker. 3) Wir wussten, wir betraten Neuland mit unserem Sound, aber Punk war das nicht, denn mit Punk bezeichnete man in den USA etwas, was ›schäbig‹ oder ›armselig‹ war. Wir hingegen waren ein hochwertiges Popprodukt, arbeiteten mit Werbefachleuten und Künstlern zusammen, hatten einen Plattenvertrag bei Polydor und trugen unter den Mönchskutten teure James-Bond-Anzüge.«

Hinzu kam, dass der Monks-Sound sich kaum noch auf amerikanische Musiktraditionen wie Blues und R&B bezog, sondern eher europäisch fundiert war, wie Hans Joachim Irmler von Faust im Film anmerkt.

Berechtigt scheint dennoch die Frage, ob die musikalische Bewegung des 1970er-Jahre-Punk etwas mit den Monks zu tun hatte und ob die Monks etwas geschaffen haben, was ästhetisch und musikalisch damit in Verbindung steht. Punk war schließlich nicht nur ein rein musikalisches Unterfangen, sondern eine breiter gefächerte kulturelle und künstlerische Geisteshaltung. Und auch die Monks waren innerhalb der 1960er-Jahre-Beatbewegung, die ebenfalls viel mehr war als nur Musik, einer der radikaleren Ansätze. Aber das allein kann ja noch nicht Punk sein. Warum also glauben viele, dass die Monks Punk waren?

Genres sind im Grunde etwas Einengendes. Sicher, sie dienen dem Versuch einer Einordnung, Kategorisierung und manchmal gar dem besseren Verständnis. Aber was macht man, wenn etwas Neues oder schwer Einzuordnendes auftaucht? Die Monks mögen aufgrund ihre Härte für manche Leute nach den Vorboten von Punk klingen, für Jimmy Bowien, den Polydor-Produzenten von Black Monk Time, war es Heavy Metal der frühen Stunden, für andere der logische Beginn von Krautrock und dem, was Wolfgang Seidel als Freebeat bezeichnet. Die Monks scheinen eine Brückenfunktion zwischen der Beatmusik der 1960er und der freieren, experimentelleren Musik oder auch dem Prä-Heavy-Metal und -Punk der frühen 1970er innezuhaben. So betrachten es zumindest Julian Cope in seinem Buch krautrocksampler und auch das jüngste Faust-Mitglied Hans Joachim Irmler, der als Augenzeuge die Monks live im deutschen Beat-Club sah und hingerissen war von deren Wildheit, Härte und Freiheit. Nicht umsonst nahm der Punk oder später der Postpunk sehr viele Anleihen aus dem wilderen und experimentelleren Fundus der 1950er- und 1960er-Jahre. Man schätzt MC5, die Stooges, Garagenbands, die Modern Lovers, Velvet Underground und vielleicht auch die sehr viel unbekannteren Monks. 1979 wurde überraschenderweise Black Monk Time erstmals nach 1966 wiederveröffentlicht und auch erst dann von Musikern im Postpunk-Umfeld tatsächlich wahrgenommen. Das bekannteste Beispiel sind hier The Fall, die wahrscheinlich als erste Band überhaupt die Monks coverten.

In den 1960ern titelte die Bild-Zeitung nach dem allerersten öffentlichen Konzert der Monks im Hamburger Top Ten Club: »Krach, Krach und keine Melodie«. Die Monks wurden von ihren Managern bewusst als Anti-Beatles und Anti-Rolling-Stones aufgebaut: »Der Großmutterstil dieser Bands ist vorbei. Der Beat ist tot, es lebe der Hop!« Ist aber eine solche Anti-Haltung und die Ausrufung einer neuen Bewegung, der dann niemand folgte, gleichzusetzen mit Punk? Die Monks stellten das Kollektive dem individuellen Charakter der Popmusik gegenüber, was sie viel fortschrittlicher machte als viele Punkbands, die in ein auf Individuen fokussiertes Rollenbild zurückfielen. Auch die Gleichzeitigkeit und Gleichheit von Tönen und Musikern war bei den Monks weiter entwickelt: Die Band stand in einer Reihe auf der Bühne, Bass, Schlagzeug und Orgel wurden nicht in die dunkle Ecke gesetzt und waren nicht bloße Begleitmusiker. Im Vergleich dazu wirken viele Punkbands sehr konservativ, wobei solche Beobachtungen selbstverständlich nur aus der Retrospektive heraus geschehen können. Musikalische Parallelen entdeckt man bei Zeitgenossen der Monks nur wenige, vielleicht im stoischen Beat von Velvet Underground. Durchaus findet man aber später Stücke, die an die Monks erinnern: »Sunshine Girl«, »Rainy Day« von Faust, Can klingt häufiger nach »Oh’ How to Do Now«, oder Kraftwerks »Metall auf Metall«. Auch Gruppen wie Devo, Wire und Gang of Four zeigen Parallelen auf. Aber was beweist das? Popmusik ist eine internationale Musik, und Musiker lassen sich von anderen Musikern inspirieren.

Punk jedenfalls verkam schnell zu einem Marketingkonzept und der nach Greil Marcus alle x Jahre auftauchende Schrei nach Umsturz und Freiheit verhallte zumindest musikalisch sehr schnell. Als plötzlich viele aussahen wie Sid Vicious, war die Offenheit flöten gegangen. Und für Offenheit standen die Monks, die ständig mit neuen Sounds und Ideen experimentierten. So sollte ihr zweites Album Silver Monk Time aus einem einzigen langen Stück bestehen, das nur auf Rhythmus aufgebaut sein sollte. »Ihr müsst das Publikum in Tanzekstase versetzen«, forderten die beiden Manager Niemann und Remy. Der Werbe-Visionär Charles Wilp ging so weit zu sagen, dass sie die Vorläufer von Techno waren. Also waren sie all das. Punk eingeschlossen, obwohl sie 1966 natürlich nicht wissen konnten, was das einmal sein würde. Punk(t).

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