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II. Die Mittäterschaft auf der Grundlage einer finalen Handlungslehre

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Die finale Handlungslehre, auf deren Grundlage sich auch die Tatherrschaftslehre entwickelte,[73] versuchte die Schwächen der Kausallehren zu überwinden, indem sie die Zwecktätigkeit menschlichen Handelns herausstellte (näher → AT Bd. 3: Noltenius, § 50 Rn. 43 ff.). Handlung ist demnach nicht bloß ein von einem Willensimpuls ausgelöster Kausalvorgang, sondern entscheidender Impuls sei ihre Zweckgerichtetheit.[74] Derjenige sei daher als Täter anzusehen, der die „finale Tatherrschaft“ innehat: „Der finale Täter ist Herr über seinen Entschluß und dessen Durchführung und damit Herr über ‚seine‘ Tat, die er in ihrem Dasein und Sosein zweckbewusst gestaltet.“[75] Bei der Mittäterschaft bestehe die Besonderheit darin, dass die Tatherrschaft über die einheitliche Tat bei mehreren gemeinsam liege. Mittäter sei derjenige, der „im Besitze der persönlichen Tätereigenschaften Mitträger des gemeinsamen Tatentschlusses ist und auf Grund dessen an der Durchführung des Verbrechens mitbeteiligt ist“.[76] Dabei beruhe die Mittäterschaft auf dem Prinzip der Arbeitsteilung, da jeder Mittäter mit seinem Tatbeitrag die Tatanteile der übrigen zum Verbrechensganzen ergänze und daher auch für das Ganze hafte.[77]

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Welzel nimmt eine Mittäterschaft auch an, wenn (wie z.B. in den sog. Fällen des Bandenchefs) jemand objektiv nur im Vorbereitungsstadium tätig geworden ist, solange er denn Mitträger des gemeinsamen Tatentschlusses ist. Denn derjenige, der den Tatplan entwerfe, die Ausführenden einteile und ihren Einsatz leite, sei auch dann Mittäter, wenn er selbst an keinem Teil der Ausführung beteiligt sei. „Das Minus in der objektiven Mitbeteiligung an der Tatbestandsverwirklichung muß durch das Plus der besonderen Mitbeteiligung an der Verbrechensplanung wettgemacht werden.“[78]

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Mit der Zweckgerichtetheit erfasst die finale Handlungslehre zwar ein wesentliches Moment menschlichen Handelns, jedoch wird der Wille als bloß abhängig von äußeren Zwecken gesetzt; unberücksichtigt bleibt damit die freie inhaltsbestimmte Entscheidung des Einzelnen hinsichtlich der konkreten Verletzung. Die besonderen Wirkverhältnisse mehrerer Beteiligter untereinander werden insoweit nicht hinreichend erfasst, sondern das Zusammenwirken von Personen wird auf Formen der gegenseitig beeinflussten finalen Gestaltung der Außenwelt reduziert[79] (vgl. näher → AT Bd. 3: Noltenius, § 50 Rn. 46). Das zeigt sich auch bei der Bestimmung der Mittäterschaft. Ist diese durch eine Gleichordnung der Handelnden geprägt, kann eine bloße Beteiligung im Vorbereitungsstadium – sei sie auch besonders intensiv – nicht genügen. Mag diese Person zwar die Planung beherrscht haben, hat sie doch nicht die Ausführungstat beherrscht, da sich die an der Ausführung Beteiligten nicht wie ein Kausalprozess final steuern lassen, sondern gerade selbstbestimmt zur Verletzung übergehen.[80]

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Auf der Grundlage der finalen Handlungslehre entwickelte auch Maurach seine Lehre von der Tatherrschaft. Täter sei, wer Tatherrschaft habe. Diese zeichne sich durch „das vom Vorsatz umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufs“ aus, d.h. die dem Handelnden bewusste Möglichkeit finaler tatbestandsgestaltender Steuerung. Tatherrschaft habe bei einem mittäterschaftlichen Handeln jeder Mitwirkende, der die Tatbestandsverwirklichung nach seinem Willen ablaufen, hemmen und abbrechen könne.[81] Maurach erkennt auch die Möglichkeit einer „intellektuellen“ Mittäterschaft an, wenn jemand, „ohne selbst Hand anzulegen, regelnd und beherrschend den Tatablauf“ überwache.[82]

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Fraglich ist bereits, ob das Merkmal der Tatherrschaft die Mittäterschaft überhaupt hinreichend kennzeichnen kann.[83] Die selbstzweckhafte Freiheit des Einzelnen als Vernünftigem verbietet es, ihn einem bloßen Werkzeug gleich als Mittel des anderen zu sehen. Die Herrschaft über ein Geschehen ist danach durch den Verantwortungsbereich des autonom Handelnden begrenzt.[84] Wie also bei der mittelbaren Täterschaft richtigerweise eine Tatherrschaft des Hintermanns über den frei Handelnden – und das heißt gerade auch: das Unrecht erkennenden – anderen ausscheidet, so kann auch bei der Mittäterschaft nicht behauptet werden, der eine besitze Herrschaft über den autonom erbrachten Tatbeitrag des anderen.[85]

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Folglich kann ihm auch keine Herrschaft über die ganze Tat bloß äußerlich zugeschrieben werden. Vielmehr hat jeder Beteiligte (auch der Teilnehmer) Herrschaft über die Tat nur in dem Maße, wie er einen eigenen verantwortlichen Beitrag erbringt.[86] Das Besondere der Mittäterschaft liegt in der Verbindung der Mittäter untereinander, die sich dennoch selbst und auch den anderen als jeweils freien Subjekt anerkennen. Es ist gerade die Autonomie der Einzelnen, die eine Erweiterung ihrer je eigenen Endlichkeit und eine Verbindung der Tatmächtigkeit erlaubt mit der Folge, dass das fragliche Verhalten des einen auch als Verhalten des anderen begriffen werden kann.[87]

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