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III. Die Mittäterschaft als funktionale Tatherrschaft

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In der – die aktuelle Diskussion um die Bestimmung von Täterschaft und Teilnahme dominierenden – Tatherrschaftslehre hat sich eine materiell-objektive Lehre, insbesondere in der von Roxin herausgearbeiteten Form entwickelt. Während die formell-objektive Lehre als Täter nur denjenigen ansah, der den Tatbestand insgesamt durch eine eigenhändige Ausführung (formal) realisierte (vgl. näher → AT Bd. 3: Noltenius, § 50 Rn. 37 ff.), sieht die materiell-objektive Lehre denjenigen als Täter an, der sich (materiell) als „Zentralgestalt des handlungsmäßigen Geschehens“ erweist.[88]

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Der Begriff der Tatherrschaft ist in der Lehre Roxins jedoch eher Grundidee denn Prinzip. Verzichtet wird im Wesentlichen auf eine Orientierung am Handlungsbegriff und eine einheitliche Begriffsbestimmung der Täterschaft.[89] So soll bei Pflichtdelikten und eigenhändigen Delikten die Tatherrschaft durch andere Kriterien ersetzt werden.[90] Eine einheitliche Täterlehre wird damit aufgegeben und durch drei verschiedene Teiltheorien ersetzt, was die Gefahr in sich birgt, zu einem ergebnisorientierten Einzelfallstrafrecht zu führen.[91] Die aktuellen Tatherrschaftslehren vermögen daher weniger eine Begründung für die gegenseitige Zurechnung von Handlungen im Rahmen der Mittäterschaft zu geben, sondern gehen vor allem normativ-beschreibend vor[92] (vgl. näher → AT Bd. 3: Noltenius, § 50 Rn. 47 ff.). Mittäterschaftliches Handeln wird so vielfach als „arbeitsteiliges Zusammenwirken in funktionaler Tatherrschaft“ beschrieben.[93] Die Tatherrschaft des Mittäters solle sich dabei aus seiner Funktion an der Tatausführung ergeben: Er übernehme eine Aufgabe, die für die Realisierung des Tatplans wesentlich sei und ihm durch seinen Teilbeitrag die Beherrschung des gesamten Geschehens im Ausführungsstadium ermögliche.[94] Die Abgrenzung zur Teilnahme erfolgt so primär (unter Berücksichtigung des Tatplans) im Hinblick auf das äußere-objektive Geschehen.

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Eine bloß funktionale Betrachtungsweise vermag jedoch keine ausreichenden Kriterien anzugeben, um die Mittäterschaft von der Beihilfe abzugrenzen. Denn ob derjenige, der bei einem Einbruch „Schmiere steht“, oder derjenige, der das Opfer festhält, damit der andere es körperlich misshandeln oder ausrauben kann, Gehilfe oder Mittäter ist, lässt sich nicht allein unter Rückgriff auf das äußere Geschehen bestimmen. Eine Mitwirkung bei der Tatausführung in funktionaler Abhängigkeit vom anderen kann auch bei der Beihilfe vorliegen und begründet weder die Abgrenzung zur Mittäterschaft noch überhaupt die Zurechnung der gesamten Tat zum Mitwirkenden. Weder die beidseitige Beteiligung an der Tatausführung noch der gemeinsame Willensentschluss als solcher vermögen daher mittäterschaftliches Handeln zu begründen. Erforderlich ist vielmehr, dass sich die Mittäter durch den gemeinsamen Entschluss wechselseitig zum Tatmittel bei der Verfolgung des eigenen und gemeinsamen Zwecks machen.[95] Maßgeblich muss daher auch der Wille der Beteiligten sein und dieser dahingehend untersucht werden, ob hier ein gemeinsamer, gleichberechtigter Unrechtsentschluss vorliegt, durch welchen nicht nur einseitig sondern wechselseitig die Tatmacht der Beteiligten erweitert wird, oder ob der eine Beteiligte seinen Unrechtsentschluss dem Willen des Ausführenden bloß unterordnet.[96]

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