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1. Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff. StGB, § 29a OWiG)

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Vorschriften zur Vermögensabschöpfung waren im StGB lange Zeit nicht enthalten, da die Geldstrafe früher mit der Gewinnabschöpfung zu verbinden war (§ 27b StGB a.F.). Mit der Reform des AT zum 1. Januar 1975 ging das StGB allerdings zum Tagessatzsystem über, womit die Vorschriften zum Verfall (§§ 73 ff. StGB a.F.) geschaffen werden mussten. Im OWiG wurde die Verfallsvorschrift des § 29a OWiG (a.F.) jedoch erst sehr spät, zum 1. August 1986[138], eingeführt. Zuvor wies die Abschöpfung große Lücken auf, da Gewinne aus rechtswidrigen, aber nicht vorwerfbaren Wirtschaftsstraftaten sowie Gewinne, die nicht der Täter, sondern der Verband erlangt hatte, nicht der Abschöpfung unterlagen.[139] Seit dem 7. März 1992 bezog sich der Verfall nicht mehr (nur) auf den Wert des aus der Tat erlangten Vermögensvorteils, sondern auf das „erlangte Etwas“, womit nicht mehr (nur) der Nettogewinn abgeschöpft werden sollte (Nettoprinzip), sondern die „Gesamtheit des Erlangten“ (Bruttoprinzip).[140] Durch das „Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung“ vom 13. April 2017[141] wurde zum 1. Juli 2017 die Vermögensabschöpfung grundlegend neu geregelt. Anlass war, dass das Regelungswerk zum Verfall äußerst komplex, unübersichtlich und mit zahlreichen rechtlichen Zweifelsfragen belastet war, womit Entscheidungen in hohem Maße fehleranfällig waren.[142] Durch die Reform wurde der Terminus „Verfall“ in Anpassung an die europäische Terminologie („confiscation“) durch den der „Einziehung“ ersetzt.[143] Vor allem sollte aber die Bestimmung des „erlangten Etwas“ modifiziert und das Bruttoprinzip (angeblich) „gestärkt“[144] werden. Die Änderung des Wortlauts („durch“ die Tat statt „aus“ der Tat) beseitigte das Erfordernis eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs zwischen Tat und Bereicherung. Das „erlangte Etwas“ wird nunmehr zweistufig bestimmt: Auf der ersten Stufe (§ 73 Abs. 1 StGB) werden mittels einer „rein gegenständlichen“ Betrachtungsweise alle Vermögenswerte erfasst, die einem Tatbeteiligten oder Drittbegünstigten durch die Tat zugeflossen sind; auf der zweiten Stufe (§ 73d Abs. 1 StGB) sind die Aufwendungen des Tatbeteiligten oder Drittbegünstigten abzuziehen.[145] Hierbei bleibt außer Betracht, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt wurde; Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat sind hingegen stets abziehbar. Im Ergebnis gilt damit ein abgemildertes Bruttoprinzip.

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Erlangt eine juristische Person bzw. Personenvereinigung durch eine Straftat einen Vermögensvorteil, wird gegen diesen Verband – der weder Täter noch Teilnehmer ist – nach § 73b StGB die sog. Dritteinziehung angeordnet. Voraussetzung ist nach der komplexen Regelung des § 73b Abs. 1 S. 1 StGB, dass der Verband durch die Tat „etwas erlangt“ hat und (Nr. 1) der Täter „für ihn gehandelt“ hat oder (Nr. 2) ihm das Erlangte unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde (lit. a); dasselbe gilt, wenn dem Täter das Erlangte übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass es aus einer mit Geldbuße bedrohten Handlung herrührt (lit. b). Entsprechendes gilt, wenn der Verband – der nicht Täter ist – durch eine mit Geldbuße bedrohte Handlung etwas erlangt hat (§ 29a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 OWiG) und die Abschöpfung nicht bereits im Rahmen der Bemessung der Verbandsgeldbuße erfolgt ist.[146] Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung hat gemäß der bisherigen h.M.[147] klargestellt, dass das „Handeln für einen anderen“ nicht eng i.S.v. § 14 StGB, § 9 OWiG zu verstehen ist. Vielmehr fallen hierunter nicht nur die Taten aller Verbandsangehörigen (Vertretungsfälle), sondern auch die Fälle der unentgeltlichen bzw. bemakelten Zuwendung (Verschiebungsfälle); nicht einbezogen sind allein die Fälle, in denen einem gutgläubigen Dritten Tatvorteile in Erfüllung einer nicht bemakelten entgeltlichen Forderung zugewendet werden (Erfüllungsfälle).[148]

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Darüber hinaus ist nach § 76a Abs. 4 StGB die selbstständige Einziehung möglich. Danach soll ein aus einer rechtswidrigen Tat herrührender Gegenstand, der in einem Verfahren wegen des Verdachts einer Katalogtat (§ 76a Abs. 4 S. 3 StGB) sichergestellt worden ist, auch dann selbstständig eingezogen werden, wenn der von der Sicherstellung Betroffene nicht wegen der Straftat verfolgt oder verurteilt werden kann. Zu den Katalogtaten zählen u.a. nicht nur Straftaten aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität und der Terrorismusfinanzierung, sondern vor allem auch die Geldwäsche, was für Unternehmenszusammenhänge von großer Bedeutung ist.

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Die Rechtsnatur der Einziehung von Taterträgen ist wie die des früheren Verfalls umstritten. Unter Geltung des Nettoprinzips war der Verfall eine quasi-kondiktionelle Ausgleichsmaßnahme,[149] da nur eine Gewinnabschöpfung stattfand. Seit dem Übergang zum Bruttoprinzip[150] war dagegen alles, was der Täter „für“ die Tat oder „aus“ ihr erlangt hatte, für verfallen zu erklären. Angesichts dessen wurde dem strafrechtlichen Verfall – sofern dem Täter ein Strafübel in Form nutzloser Aufwendungen auferlegt wurde – verbreitet Strafcharakter[151] attestiert. Dies gilt im Wesentlichen auch für die heutige Einziehung von Taterträgen, da das Bruttoprinzip lediglich abgemildert wurde. Konsequenz wäre, dass die Anordnung, soweit über die Gewinnabschöpfung hinausgegangen wird, nur bei einem Verschulden zulässig wäre und schuldangemessen sein müsste.[152] Entsprechendes hätte mit Blick auf den Ahndungscharakter für den ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfall zu gelten.[153] Der BGH[154] hat den Verfall dagegen als Maßnahme eigener Art begriffen, die primär einen Präventionszweck verfolgen soll: Es gehe allein um die Abschöpfung erlangter Vorteile, das Bruttoprinzip habe nur den Berechnungsmodus modifiziert, um die Regelungen für die Praxis „effektiver“ auszugestalten. Dies soll nach der Auffassung des Reformgesetzgebers auch für die Einziehung gelten.[155]

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