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Ein Plan

Irgendwo in den Nördlichen Königreichen, im Winter des Jahres 471 der Blauen Götter

»Wie viele Finger, sagtest du, Strolk?« Schlampe konnte seinen Namen noch immer nicht richtig aussprechen. Strolch hob als Antwort drei Finger. Dabei hätte er diese Zahl nun wirklich auf katauekisch sagen können. Staunen und Neugier machten ihn stumm.

Die Bande diskutierte nun seit beinahe einer Viertelstunde. Dies war bereits das dritte Mal, daß Schlampe ihm eine Frage stellte. Und was das eigentlich Erstaunliche war: Strolch verstand inzwischen genug, um zu erkennen, daß die Fragen von Kudung kamen, der es nur unter seiner Würde fand, sie selbst an den verrückten Ajunäer zu richten.

Strolch hatte Kudung noch nie so viele zusammenhängende Sätze sprechen hören. Einauge schien geradezu erregt zu sein. Selbst Narbenfresse hatte mehr als seine üblichen Grunzer beigesteuert.

Das Ganze hatte anscheinend damit zu tun, daß Strolch gestern abend Schlampe von dem fetten Schreiber in der Pferdesänfte erzählt hatte. Nun ja – davon gestammelt hatte.

Kudung hatte zunächst übellaunig darauf reagiert, daß Schlampe angefangen hatte, sich abends mit Strolch zu unterhalten. Aber wie alle Männer schien er im Grunde erleichtert zu sein, daß nicht er allein ihr ständiges Geplapper ertragen mußte. Strolch hingegen war froh darum. Er fühlte sich zum ersten Mal seit über einem Jahr so, als ob er wenigstens nur mehr bis zum Hals in Fischabfällen steckte ...

Strolch mußte sich eingestehen, daß er anfing, Schlampe zu mögen. Nicht daß sie ein Mädchen gewesen wäre, nach dem er sich in den Gassen von Maganta umgedreht hätte. Kein Vergleich mit Carmelina. Schlampe war winzig klein wie anscheinend alle Katauekinnen. Ihre Nase war platt. Sie hatte allerdings geheimnisvolle Augen – abgesehen von der Lidfalte, die sie schräg und schmal erscheinen ließen. Auch die verlorenen Finger an der Rechten, die anscheinend ihr Leben ruiniert hatten, machten sie nun wirklich nicht schöner.

Aber sie war da. Sie sprach mit ihm und behandelte ihn nicht wie ein ekliges Geschwür. Und, bei den Locken der heiligen Sarmantha, sie hatte einen wirklich süßen Hintern in ihrem von Mond zu Mond zerschlisseneren Kleid.

Nun gut, Strolch machte sich nichts vor: Selbst wenn Narbenfresse ihn gefragt hätte, hätte er vom Straßenbau zu erzählen begonnen.

Was war nun für Kudungs Halunken an der Straße so interessant? Bei den unflätigen Götzen vom Rand der Welt, was hatte Strolch diese Straße verflucht!

»Gingaling!« Die Limonenschale klatschte in Strolchs Gesicht und riß ihn aus seinen Gedanken. Tücke! Kudung, Einauge und Narbenfresse starrten ihn an.

»Was für Ziang?« wiederholte Schlampe eine Frage, die in Strolchs Nacken echote.

»Lang Waffe«, kauderwelschte er und versuchte, eine Lanze zu zeigen. »Handwerker. Axt?« Mit den Händen imitierte er die Zugbewegung einer Säge.

»Schanzbauer«, brummte Narbenfresse – oder zumindest beschloß Strolch, daß das Wort Schanzbauer heißen mußte.

Drei Finger – das hatte der Bande Eindruck gemacht. Der Bonze hatte einen Siegelring getragen, der drei Finger bedeckte. Und sein Gesicht war rot geschminkt gewesen. Ihren Reaktionen und den paar Worten zufolge, die Strolch verstanden hatte, mußte der Schreiber aus einer ganz wichtigen Stadt kommen, wenn nicht vom legendären Kaiser von Katau selbst. Und die Krieger, für die sie die Straße verbreitert hatten?

Strolch versuchte zu verstehen, was Einauge nun sagte. Großes Heer? Der Bandit machte die Geste des Kopfabschlagens. Kudung antwortete mit seiner Lieblingsgeste: wie er gelochte Münzen auf eine Schnur fädelte. Narbenfresse brummte irgend etwas Selbstbewußtes, worauf die anderen mit dem Gelächter von Männern reagierten, die endlich einen aussichtsreichen Plan hatten. Die Spießgesellen seines Vaters, des alten Hurenbocks, hatten zu Beginn des Winters immer so gelacht, wenn sie in der Taverne davon geredet hatten, einen Wal zu erlegen oder einen Schatz zu finden.

Himmlisches Feuer

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