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2.4.1 Hilfsfrist

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HilfsfristZeitenIn die Hilfsfrist gehen die folgenden grundsätzlich von der Feuerwehr zu beeinflussenden Zeiten ein (nach [2.3] und [2.12], siehe auch Abbildung 2-3):

Gesprächs-GesprächszeitHilfsfrist und DisponierungszeitDisponierungszeitHilfsfrist Entgegennahme des Alarmierungsanrufes in der Leitstelle der Feuerwehr, Disponierung der zuständigen und geeigneten Einheiten, Auslösen der Alarmierungseinrichtungen
Ausrückezeit AusrückezeitHilfsfrist Verlassen des Arbeitsplatzes (auf der Feuerwache oder im Berufsleben), Weg zur Wache/zum Fahrzeug, Anlegen der Schutzkleidung, Besetzen der Fahrzeuge, Ausrücken
Anfahrtszeit Verlassen der Wache, Fahrt auf dem günstigsten Weg, Eintreffen, AbsitzenAnfahrtszeitHilfsfrist
Erkundungszeit Erfassen der Lage, Beurteilung, Entschluss, Befehlsgebung (siehe FwDV 100 [2.11]) ErkundungszeitHilfsfrist
Entwicklungszeit EntwicklungszeitHilfsfrist Aufbau der Angriffsleitungen und ggf. Leitern, Wasserversorgung, Eindringen ins Objekt, Aufnahme der Brandbekämpfung

Abbildung 2-3:

Hilfsfrist und Eingreifzeit nach [2.3], [2.12] – verfügbare Zeiten

HilfsfristAbbildungEingreifzeitEingreifzeitn. AGBFBrandentdeckungszeitn. AGBFMeldezeitn. AGBFBesonders kritisch für die Bemessung der Hilfsfrist der Feuerwehren sind die Zeiten, die zur Personenrettung bei Bränden zur Verfügung stehen. Hierzu muss angemerkt werden, dass die meisten Menschen nicht durch Feuer, sondern durch Rauch zu Schaden oder sogar ums Leben kommen. Auswertungen der Brandversuche LehrteBrandversuche Lehrte [1.18] haben ergeben, dass selbst bei geschlossenen Türen ein Schwelbrand in einem Raum einer Wohnung dazu führt, dass (schlafende) Personen im Nebenraum schon nach ca. 13 Minuten so viel Kohlenmonoxid Vergiftungd. COeingeatmet haben, dass Handlungsunfähigkeit eintritt und sie ohne Fremdrettung sterben würden. Bereits etwa 17 Minuten nach Brandausbruch im Nebenraum ist für etwa 50 % dieser Personen die ReanimationsgrenzeReanimationsgrenzebei CO-Vergiftung erreicht, d.h., auch alle Maßnahmen der modernen Intensivmedizin sind nicht mehr in der Lage, das betroffene Leben zu retten (vgl. Abbildung 2-4). Berechnungen im Rahmen des TIBRO-Forschungsprojektes haben 2015 ergeben, dass Personen im Brandraum bei ventilationsgesteuerten Bränden bereits innerhalb von ca. 12 Minuten letale Dosen Kohlenmonoxid aufnehmen können [2.9].

Abbildung 2-4:

CO-Konzentration, Selbstrettungsgrenze und Überlebenschance in Abhängigkeit von der Vorbrenndauer (visualisiert nach Daten aus TIBRO [2.9] und Wilk et al. [2.49])

COim NebenraumHilfsfristf. PersonenrettungAus diesen Daten ist abzuleiten, dass die Feuerwehr spätestens nach ca. 13 Minuten den Einsatzort erreicht haben mussHilfsfrist13 Minuten und dann noch ca. 4 Minuten zum Auffinden, Retten und Reanimieren von im Nebenraum befindlichen Personen verbleiben.

Anmerkung: Die Selbstrettungsgrenze und die Überlebenswahrscheinlichkeit 50 % in Abbildung 2-4 stellen keine scharfen Grenzen dar, sondern sind Durchschnittswerte.
Neuere Untersuchungen zur Überprüfung der Fristen für die Personenrettung bei Bränden im Rahmen des TIBRO-Forschungsprojektes haben ergeben, dass neben Kohlenmonoxid auch HCN eine wesentliche Rolle bei der Vergiftung von Rauchtoten spielt [2.9]. Insbesondere die Zeit vom Eintreten der Bewusstlosigkeit (Handlungsunfähigkeit, die eine Selbstrettung verhindert) bis zur Aufnahme einer letalen Dosis scheint noch kürzer zu sein, als in Abbildung 2-4 dargestellt (Wilk et al. [2.49]).
4 Minuten sind eine sehr kurze Zeit zum Retten von Personen, da zunächst das Brandgeschoss erreicht werden muss und dann aufgrund der Verrauchung der Brandwohnung die Personensuche „unter Nullsicht“, d.h. tastend, erfolgen muss.
Neuere Untersuchungen haben ergeben, dass die durchschnittliche Rettungszeit selbst bei kleineren Gebäuden deutlich über den oben abgeleiteten 4 Minuten liegen (Lindemann [2.46], Kaiser [2.47]). Aus diesen Ergebnissen sind bis dato noch keine allgemein anerkannten Folgerungen festgeschrieben.

Weitere Auswertungen der Brandversuche Lehrte, wie auch Beobachtungen bei realen Schadenfeuern, haben ergeben, dass in einem Zeitfenster von ca. 10 Minuten bis ca. 18 Minuten nach Brandbeginn der sog. „FlashoverFlash-over” eintritt. Bis dahin haben sich im Brandraum aufgrund der Wärmeeinwirkung in großem Maße brennbare PyrolysegasePyrolysegase entwickelt, die Temperatur im Brandraum ist auf 400 °C bis 600 °C angestiegen. Bei diesen Temperaturen versagen üblicherweise verwendete Fenster, so dass (schlagartig) Sauerstoff in den Brandraum eintritt. Dies führt zu einem sofortigen DurchzündenDurchzündungFlash-over der vorhandenen brennbaren Gase, der Raum steht unmittelbar im VollbrandVollbrand. Die Feuerwehr muss nun vermeiden, in dieser Phase des Flashover die Brandbekämpfung aufzunehmen, da die Gefahren für das eingesetzte Personal nicht abschätzbar sind (vergl. bei Widetschek [2.26]). Aus diesem Grund muss eine Feuerwehr also anstreben, deutlich vor der 18. Minute mit der BrandbekämpfungBrandbekämpfungv. 18. Minute vor Ort zu beginnen (zur gesetzlichen Verpflichtung diese Hilfsfrist auch einzuhalten siehe bei Bentz [2.10]).

Abbildung 2-5:

Flashover-Gefahr und Eingreifzeit der Feuerwehr

Eingreifzeitbei BauteilversagenAls dritte Einflussgröße ist zu berücksichtigen, dass die Feuerwehr sich nach Möglichkeit nicht im Gebäude aufhalten will, wenn es aufgrund der Temperaturerhöhung in den tragenden Bauteilen zum Versagen derselben kommt (vergl. Abbildung 1-7). Zwar liegen in der Regel die entsprechenden Zeiten bei mindestens 30 Minuten (F 30-Bauweise, siehe hierzu MBO [2.5]), jedoch muss stets damit gerechnet werden, dass sich der Beginn der eigentlichen Brandbekämpfung aufgrund des notwendigen Rettens von Personen, des Aufbaus einer Wasserversorgung etc. bis auf 30 Minuten oder länger ausdehnen kann (Punkt 2.5).

Abwehrender und Anlagentechnischer Brandschutz

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