Читать книгу Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel - Страница 75
4.
ОглавлениеNach neun Stunden Gefangenschaft wusste Fartuloon immerhin so viel, dass er der Situation mit mehr Optimismus gegenüberstehen konnte:
Die Roboter stammten aus den Arsenalen der Hyptons.
Die vielen mittelgroßen Pelzwesen mit den muskulösen Gliedmaßen und den schlanken, achtfingrigen Händen und kennzeichnenden Haltebändern an den Körpern waren die Ikuser. Sie nannten sich Volk der Techniker und waren auf keinen Fall jenes mysteriöse dritte Volk des Konzils.
Die Ikuser schienen die »technische Abteilung für Höchstleistungen« der Hypton-Trauben zu sein.
Roboter und Ikuser arbeiteten miteinander. Es schien stellenweise vorzukommen, dass die Maschinen den Ikusern Befehle gaben. Aber das konnte Fartuloon aus seinen Beobachtungen nicht einwandfrei ableiten.
Die gefangenen Ligriden, deren Schiff vor zwei Stunden gestartet und am Rand der Savanne wieder gelandet war, wurden schwer bewacht. Er wusste nicht, an welcher Stelle der Anlage sie sich befanden.
Er und seine drei Kameraden blieben unbelästigt.
»Es wird Zeit, dass ich mich umsehe«, sagte er zu sich selbst und wandte sich von dem schmalen Fenster ab, das die gesamte Breite seiner Zelle einnahm und einen verblüffend guten Ausblick auf die wachsende Anlage gestattete. Jetzt, nach Einbruch der Dunkelheit, waren wieder unzählige Scheinwerfer an allen Punkten aufgeflammt und verwandelten die Baustelle in einen blitzenden Kosmos aus Helligkeit und vielen Farben.
Die Roboter in den Raumschiffen und jene, die hier arbeiteten, gehorchten denselben Herren: den Hyptons.
»Auch das ist klar!«, brummte der Bauchaufschneider.
Sein Konzept stand längst fest. Er musste über das Geschehen auf Yumnard soviel wie möglich herausfinden. Mit diesem Wissen musste er zu Atlan stoßen – das bedeutete Flucht vom Planeten. Zusammen konnten sie dann eine Strategie entwickeln. Der erste Schritt, wie sah er aus?
Er musste annähernd dieselbe Technik anwenden wie in der Gefangenschaft bei den Ligriden.
An diesem Punkt seiner Überlegungen angekommen, zog er langsam das Skarg. Indirekte Beleuchtungskörper in den Ecken der Decke erhellten seine Zelle nicht vollständig. Dennoch blitzte die Schneide der Waffe auf, als Fartuloon die Spitze auf den Schlossmechanismus der Gittertür richtete. Niemand kontrollierte ihn, und die Zelle war frei von Linsen oder Mikrophonen. Das Skarg schien ihm zu gehorchen, denn er fühlte den Strom einer vibrierenden Kraft, die seine Finger und sein Handgelenk ergriff.
Der schützende Energieschirm, der im Innern des Schlosses die Kontakte umgab, wurde kreisförmig zerschnitten, als Fartuloon die Spitze bewegte. Er nahm das Skarg in die linke Hand und öffnete das Gitter mit der Rechten.
Ein leises, schleifendes Geräusch ertönte. Gefängnisse, die von zivilisierten Völkern gebaut wurden, ähnelten in den Grundzügen einander stark. Auch hier waren viele einzelne Zellen von einem längs verlaufenden Korridor verbunden. Fartuloon spähte nach links und nach rechts und sah erwartungsgemäß auf der rechten Seite einen Robot stehen, über dessen Brust und Rücken ein gelbes Farbmuster bandförmig verlief.
Es war jene Maschine, die ihm einige dürftige Informationen gegeben hatte, bis ein lautloser Befehl sie stoppte.
Die Nacht würde kurz sein: Nach der winzigen Uhr, die als unscheinbarer Knopf seiner Kleidung getarnt war, dauerte sie nicht einmal sechs Stunden. Fartuloon konzentrierte sich, ehe er die Zelle verließ, wieder auf die Kraft des Schwertes. Er musste geschützt werden, unsichtbar sein für die Sehzellen des Robots, was wahrscheinlich weniger schwierig war als für die Augen eines normalen Wesens.
Die Muskeln seines wuchtigen Körpers versteiften sich. Langsam und konzentriert atmete er. Seine Energiewaffe hatte er in der KLINSANTHOR versteckt und hoffte, dass die Roboterstoßtrupps sie nicht gefunden hatten.
Nach einer Weile wagte sich Fartuloon in den breiten Korridor hinaus. Er bestand, wie auch die Zellen selbst, aus Metall. Zum ersten Mal kam Fartuloon der Gedanke, dass sich sein Gefängnis entweder innerhalb eines speziellen Raumschiffs befand oder einen riesigen Container darstellte, der zusammen mit den Ikusern von einer »Baustelle« zur anderen transportiert wurde. Er trat nur mit den Zehenspitzen auf und ging langsam die Reihe der Zellen entlang.
Mit je zwei leeren Zellen Abstand waren Kornen Fus, Rubernek und Sparken in derselben Reihe eingesperrt worden, in der auch er sich befand.
Er hielt bei Fus an, drehte sich wachsam um und erkannte, dass ihn der Robot direkt anstarrte. Die Sehlinsen glühten intensiv, als bemühe sich die Maschine, durchdringender zu schauen.
Also wirkte das Schutzfeld, das vom Skarg produziert wurde!
»Nicht erschrecken«, wisperte Fartuloon in die Zelle hinein, den Mund dicht zwischen den Gitterstäben. »Ich bin's, Fartuloon. Komm näher, ich kann nicht laut sprechen.«
Fus hatte auf seiner Pritsche gelegen, den Rand seiner verwegenen Mütze über den Augen. Er zuckte zusammen, als er die Stimme des Bauchaufschneiders hörte. Dann sprang er mit einem Satz seines riesigen, plumpen Körpers auf und blieb vor dem Gitter stehen.
»Du bist schon wieder in Freiheit«, fauchte er zwischen den spitzen Zähnen hindurch. Seine Augen leuchteten bernsteingelb.
»Ebenso wie in BASTION Zwei«, flüsterte Fartuloon. »Ihr werdet gut behandelt?«
»Ja. Fliehen wir schon wieder?«
»Nein. Noch lange nicht. Dir ist klar, dass hier auf Yumnard etwas sehr Wichtiges ausgeheckt wird?«
»Natürlich, Fartuloon. Was hast du vor?«
»Wir müssen alles darüber erfahren. Ich versuche, einen Freund zu finden. Natürlich einen wichtigen Mann unter der Riesenschar der Ikuser. Ich weiß noch nicht, wie ich das schaffe.«
»Ich verstehe. Willst du jetzt aus diesem Kasten hinaus?«
»Wenn es möglich ist. Ich muss abwarten, was ich leisten kann, ohne dass mich die Roboter erwischen. Hör gut zu, Fus ...«
Er teilte dem Zyrpher mit, was er in Erfahrung gebracht hatte, und was er darüber hinaus vermutete. Schweigend, die dunkelgraue Stirn in tiefe Falten gelegt, hörte Fus zu. Mehrmals nickte er, denn das Gehörte deckte sich mit seinen eigenen Beobachtungen.
»Wir rätseln also noch herum. Ist es so?«, fragte er schließlich. Diesmal nickte der Bauchaufschneider.
»Meine Neugierde ist längst geweckt. Die kleinen Pelzwesen bauen für die Hyptons, die Feinde des Erleuchteten und die Freunde der Ligriden. Ist es nicht fabelhaft verwirrend?«
»Noch viel verwirrender ist, dass ich dich nicht sehen kann«, erwiderte Kornen Fus.
»Das gibt sich nach einer gewissen Zeit«, murmelte Fartuloon. »Ich versuche, hinauszugelangen. Werde ich erwischt, dann sagt ihr, dass ich euch vom ausgefallenen Türschloss erzählt habe.«
Fus zerrte die Mütze über seine runden Ohren.
»Irgendwoher kenne ich das doch!«
»Wahrscheinlich. Bis später.«
Fartuloon schlich weiter. Er durfte die Verwirrung der optischen Systeme, die den Roboter partiell lähmte und an sinnvollen Handlungen hinderte, nicht auch noch durch eine Überreizung der akustischen Detektoren steigern. Lautlos, Schritt um Schritt, tappte er bis zum Ende des Korridors und blieb vor einem Raumschiffsschott stehen.
Zuerst tippte er auf die Schalter. Erwartungsgemäß rührte sich nichts. Inzwischen befand er sich, da der Korridor einen Knick machte, außer Sichtweite der Wächter-Maschine. Er versuchte, die Hebel zu bewegen. Sie rührten sich nicht.
Wieder konzentrierte er sich auf das Skarg, dessen durch Bänder unkenntlich gemachten Griff er nach wie vor umklammert hielt. Wieder beschrieb die Spitze des kurzen Schwertes einen Kreis, größer diesmal, und im Innern der Metallwand klickte und summte es leise.
Dann öffnete Fartuloon das Schott, schlüpfte hindurch und schloss die runde Platte wieder. Jetzt war er fast völlig sicher, dass diese Metallmassen von Raumschiffen transportiert und je nach Bedarf abgesetzt wurden. Also – dies als weiterführender Gedanke – war die gesamte Baustelle mit allen Geräten und Mitarbeitern eine Art wandernde Einheit.
Über eine Rampe, die in Art einer Wendeltreppe nach unten führte, gelangte er ins Freie. Auch unmittelbar vor einer Raumschiff-Rampe musste er das Schott auf die bekannte Weise öffnen.
»Jedenfalls nehmen sie nicht an, dass ihre Gefangenen sich ungehindert in der Nacht draußen bewegen können«, murmelte er im Selbstgespräch und lief hinüber in den Schatten einer riesigen Maschine, deren Zweck er noch nicht kannte.
Der Größenunterschied zwischen ihm und einem Ikuser betrug rund einen Viertelmeter. Mit einigem Glück verwechselte man ihn aus größerer Entfernung mit einem der unzähligen Spezialarbeiter.
Wohin?
Wenn er hier umherrannte und versuchte, in mühseliger Arbeit die vielen Teile des Projekts zu entschlüsseln, würde er nichts erfahren. Überdies erhöhte er die Wahrscheinlichkeit, dass man ihn wieder einfing.
Also musste er in ein Zentrum vorstoßen, an eine Schaltstelle, zu einem Punkt, an dem er möglichst viel in möglichst kurzer Zeit erfahren konnte.
Fartuloon löste sich aus der Dunkelheit und ging über weiches, feuchtes Gras in die Richtung eines Bauwerks aus hausgroßen Containern, die in gleicher Größe und unterschiedlichen Farben zu einem Komplex übereinander zusammengebaut waren, ähnlich den Teilen eines Systembaukastens für Heranwachsende.
»Nur ein Zufall kann dir helfen, Bauchaufschneider«, brummte er. »Oder ein Wunder.«
*
Summend bewegten sich die beiden Antigravschlepper durch die Nacht. Sie hatten sämtliche Scheinwerfer und Tiefstrahler eingeschaltet. An jedem Vorsprung zuckten starke Blinklichter. Einige kleinere Gleiter eskortierten die beiden Giganten, die langsam auf das Kiesfeld am Rand des Projekts zuschwebten.
Jeder Ikuser, der diesen Transport begleitete, hatte einen Teil seiner knapp bemessenen Freizeit geopfert. Die aufregende Problemstellung hatte sich rasend schnell in den Quartieren herumgesprochen; ein fremdes Raumschiff war zu reparieren. Eine Herausforderung an Können und technisches Verständnis!
Zwischen den Schleppern hing das fremde Schiff. Zweiunddreißig Meter breit, dreiundzwanzig Meter hoch. Unentwegt rieselte getrockneter Schlamm von den Landestützen und den Auflagetellern. Sie waren tief in den weichen Boden des Flussufers eingesunken gewesen.
In der Pilotenkabine des vorderen Schleppers leuchtete ein Funkkontrolllicht auf.
In Yassinos Kopfhörern klickte es, dann fragte Tarnons Stimme fast fröhlich:
»Wir haben es wieder einmal hervorragend geschafft, wie?«
Ebenso gutgelaunt antwortete der Teamleiter:
»Wenn wir es auch noch schaffen, den Hundert-Meter-Winzling ohne Bruch abzusetzen, bin ich zufrieden.«
»Keine Sorge. Wir haben Roboter. Sie koordinieren noch besser als wir.«
»Das ist zu bezweifeln.«
Tarnon und Yassino trugen gelbe Bänder mit roten und grauen Streifenmustern. Sie gehörten zur vierten Ebene der Technikerhierarchie, also drei Ebenen unterhalb des Wissenden und Könnenden. Sie waren es gewesen, die das Schiff der vier gefangenen Fremden als Herausforderung erkannt hatten, kaum dass es notgelandet war.
Jetzt schwebten sie, zusammen mit anderen Kameraden, über dem letzten Stück der Wegstrecke. Jede Schaltung beider Trägermaschinen wurde synchron durchgeführt. Keiner der maßgeblichen Roboter hatte gegen diese Sonderaktion etwas einzuwenden gehabt. Das Problem war nicht groß genug, um das Projekt Psionisches Tor entscheidend zu beeinflussen.
»Roboter oder nicht, Yassino. Das Schiff der Ligriden bietet keinerlei technische Delikatessen.«
»Dieses hier schon. Und es hat nicht einmal einen Namen.«
Vom voraussichtlichen Landeplatz des Wracks war seit mehr als einer Stunde ein System von Peilstrahlen und Landehilfen gesendet worden. Bis zum gegenwärtigen Moment steuerten beide Antigravschlepper akribisch genau auf diesem Leitpfad. Das seltsame Gespann schwebte, unbeeindruckt von der hektischen Betriebsamkeit der Anlage, an dem kreisförmigen Gebiet tangential vorbei.
»Ein Name wird sich finden«, antwortete der Teamleiter, »wenn die Gefangenen verhört werden.«
»Angeblich haben sie den Ligriden dieses Schiff gestohlen.«
»Die Galaxis, lieber Kollege, ist voller Gerüchte. Darum sollen sich die Stahlmänner kümmern.«
»Das werden sie tun.«
Für einige Minuten verschwand ein großer Teil der gesamten Baustelle hinter der Kuppel. Die Außenhülle näherte sich der Vollendung. Es war keine Konstruktion für die Ewigkeit; aber einige Jahrzehnte würde sie ihren Dienst ohne bemerkenswerte Störungen verrichten können.
Das Wrack, die Schlepper und die Begleitmaschinen zielten in einem flachen Winkel auf den Landeplatz. Fast geräuschlos näherte sich der Konvoi dem Endpunkt der Reise.
»Achtung. Aufsetzen in neunzig Sekunden«, ertönte eine Warnung.
»Verstanden. Alle Systeme arbeiten einwandfrei.«
Das namenlose Wrack setzte leicht auf. Als die Auflageteller sich in den Kies senkten, lösten die Schlepper ihre Traktorstrahlen. Gleichzeitig schwenkten die wuchtigen Maschinen nach links und steuerten langsam auf ihren nummerierten Abstellplatz zu. Minuten später kletterten Yassino und Tarnon über die seitliche Leiter hinunter zum Boden und blieben einen Augenblick neben dem Gleiter stehen.
Yassino warf einen Blick auf die grünleuchtenden Digitalziffern seines breiten Mehrzweckarmbands.
»Wie immer blieben wir genau in der veranschlagten Zeit.«
Sie lachten laut und begeistert.
»Für das Wrack liegt aber noch keine Zeitschätzung vor.«
»Das erledigen wir morgen, nach unserer Schicht. Das ist um ...«
Sie trafen schnell eine Vereinbarung, dann brachte sie der Gleiter zurück zu ihren Quartieren. Hinter ihnen blieb die geschäftige Unruhe dieses riesigen Ameisenhaufens aus Metall, Stein und Kunststoff zurück, an dem gegenwärtig mehr als fünfzehnhundert Ikuser und Tausende von Robotern arbeiteten.
*
Neben dem riesigen Asteroiden schwebte eine Metallkonstruktion von seltsamem Aussehen. Jedes Mal, wenn Udvani das Bild der optischen Beobachtung anblickte, fühlte er dieselbe Begeisterung.
Die Ikuser hatten diese geometrische, kantige Balkenkonstruktion nicht selbst erbaut.
Aber natürlich hätte es ihnen keine Schwierigkeiten bereitet, sie herzustellen.
Hinter ihm fragte ein noch klassenloser Techniker.
»Teamleiter Udvani. Darf ich etwas fragen?«
»Nur zu.«
»Wie alt ist das Fünfeck mit dem Strahlungsträger?«
Bereitwillig erwiderte Udvani:
»Uralt. Ein Volk soll es hergestellt haben, das zwar mit den Hyptons befreundet war, das es aber nicht mehr gibt. Ich kenne den Namen nicht, und selbst wenn die Hyptons ihn uns sagen würden, bedeutete er nichts für uns.«
Nur ein informierter Techniker war ein guter Techniker. Nach diesem Grundsatz handelte Udvani, auch wenn es nur um die Ausbildung eines jungen Ikusers ging.
»Ich habe die Spuren am Metall der Außenhülle gesehen. Die Anlage scheint eine lange Geschichte hinter sich zu haben.«
Auf dem Asteroiden, dessen Hälfte in grelles Sonnenlicht getaucht war, arbeiteten Roboterkommandos. Die Basiselemente des Transmitters waren fertig und justiert. Auf einem langgezogenen Kommunikationsschirm zitterten die Buchstaben und Worte.
Transmitterdurchgang: Zeit minus neunundzwanzig Minuten.
»Die Geschichte dieser Anlage ist alt und wechselvoll. Unzählige Abenteuer, Misserfolge und Erfolge sind in der Bibliothek gespeichert«, gab Udvani bereitwillig Auskunft. »Ich war drüben und kenne ein paar Geschichten.«
Die insgesamt sieben Kanten, das Fünfeck und der bügelartige Ausläufer, würden in einen Würfel mit zweihundertvierzig Metern Kantenlänge passen. Das Metall war dunkel und zerschrammt. Siebzig Ikuser und ebenso viele Roboter bildeten die Besatzung.
»Wohin schaffen wir das Tor?«, fragte der Junge ehrfurchtsvoll. Er war von dieser Demonstration funktionierender Technik schier überwältigt.
»Auch das weiß ich noch nicht. Ins Innere von Manam-Turu hinein, sehr weit hinein, Kleiner«, brummte der Techniker gönnerhaft. »Ich bin nicht so wichtig, als dass uns die Hyptons mit allen Informationen versorgen würden.«
»Ich verstehe. Aber dann, wenn du in die oberste Kaste aufgestiegen sein wirst ...«
»Vielleicht dann.«
Udvani steuerte einen mittelgroßen Schlepper mit einem Spezialgreifer und überdimensioniert großem Triebwerk. Das Tor besaß nur ein Unterlicht-Triebwerk. Es würde zur Sicherheit in das Feld des Transmitters hineinbugsiert werden müssen.
Fünfundzwanzig Minuten.
Vor etlichen Tagen war der Transmitter aufgeflammt. Zwischen den halbrunden Strahlenbögen zuckten plötzlich Blitze. Eine Art Nebel bildete sich, aus dem das Tor herausdriftete und förmlich aus dem Nichts entstand. Woher es kam, wohin es gehen würde – nur die Hyptons wussten es.
»Es wird doch funktionieren, nicht wahr?«, fragte der Junge. Der Chefingenieur brummte:
»Lass den Piloten in Ruhe, Kleiner. Er soll nicht abgelenkt werden.«
Ohne seine Instrumente und die Batterie von Bildschirmen, Signalen und Monitoren aus den Augen zu lassen, hob Udvani die Hand und meinte:
»Erst in zehn Minuten wird's interessant. Natürlich, Junge, wird es funktionieren. Es sind schließlich siebzig speziell ausgebildete Techniker von uns drüben.«
Sein Selbstbewusstsein war vollauf berechtigt. Selbst das Lockfeld und das Fesselfeld wurden von den hochrangigen Ikusern kontrolliert. Jede nur denkbare Reparatur konnte mit Bordmitteln durchgeführt werden.
»Fangen wir EVOLO?«, fragte der Lehrling in einem Tonfall, als rechne er nicht mit einer Antwort.
»Das ist schwer zu beantworten«, murmelte Udvani und überlegte. »Erstens wissen wir nicht genau, wer oder was EVOLO ist. Sicherlich ist er ein Feind unserer Freunde, also auch unser Gegner. Wenn diese Maschine in der Lage ist, EVOLO zu fangen, dann wird sie es tun.«
Das Tor befand sich endlich in Manam-Turu. Transmitter sorgten für den Weitertransport über größere stellare Strecken hinweg. Auf dem Bildschirm erschienen jetzt zwei Schriftreihen.
Durchgang: fünfzehn Minuten.
Transmitterzündung: drei Minuten.
Udvani drückte eine Taste. Die Beleuchtung in der Pilotenkanzel erlosch bis auf die dunkelroten Notlichter und die Anzeigenbeleuchtungen. Dann sagte er:
»Achtung. Es geht los.«
»Verstanden. Greifer klar.«
»Danke.«
Der Schlepper befand sich bereits in der richtigen Position. Jetzt begann er sich langsam zu bewegen und schwebte auf den Bügel zu. Breite Farbmarkierungen bezeichneten die massive, besonders verstrebte und gesicherte Stelle, an der die Greiferarme ansetzen mussten. Die Kontrollscheinwerfer an den Greiferarmen wurden nacheinander angeschaltet. Der Pilot dirigierte den tropfenförmigen Flugkörper mit unendlich behutsamen Bewegungen an das eckige Tor heran, bremste ab und ließ dann die breiten, abgewinkelten Greiferarme langsam zufahren.
Zwölf Minuten.
Kurz nachdem der Greifer fest saß, breiteten sich haarfeine Linien von den Basisplatten aus. Sie züngelten jeweils halbkreisförmig durch das Dunkel und trafen sich. Jetzt bildeten sie einen Kreis. Dann kroch die Transmitterenergie als dicke, glühende Farbe entlang der Pilotentladungen und füllte schließlich den Kreis voll aus. Die Anlage wurde von der Energie der Sonne gespeist, in deren Nähe der Asteroid geschleppt worden war.
»Geschafft ... fast«, murmelte der Pilot und gab Energie auf das Zentraltriebwerk. Die Kraft des Bugsierraumschiffs übertrug sich auf die kantige Torkonstruktion. Zuerst so gut wie unmerklich, dann in winzigen Beträgen immer schneller, glitt das Tor durch den Schlagschatten des Felsbrockens und auf das Zentrum des Transmitterkreises zu. Schweigend und völlig in seine Aufgabe versunken betätigte der Pilot die Hebel der Steuerung. Sein Schiff war von jedem Punkt des Kreises gleich weit entfernt. Ein Rechner unterstützte mit Messungen, Vergleichen und winzigen Korrekturen der Richtungstriebwerke den Kurs, der nur über eine kurze Strecke führte.
Neun Minuten.
Ohne nachzudenken und zu antworten, hörte Udvani den jungen Technikerlehrling flüstern.
»An welcher Stelle dieser wunderbaren Milchstraße werden wir aus dem Gegengerät herauskommen?«
Ein anderer Computer verglich die Geschwindigkeit des Gespanns mit den vorgegebenen Werten. Lautlos und ohne jede Drehung oder Verkantung segelte die offene Balkenkonstruktion auf den leuchtenden Kreis zu. Der Pilot drosselte den Rückstoß des wuchtigen Haupttriebwerks.
Die neun Minuten vergingen plötzlich rasend schnell. Ständig wechselten die großen Zahlen. Schließlich murmelte Udvani:
»Noch fünfundvierzig Sekunden, Freunde.«
Fast hatte die Toranlage die Ebene des Wirkungskreises berührt. Unaufhaltsam schob sie sich darauf zu. Die Sekunden tickten herunter. Genau zur errechneten Zeit schwebte das Gespann in den Transmitter hinein, verschwand für jeden Beobachter auf der gegenüberliegenden Seite und wurde von dem brodelnden Feld innerhalb des Kreises aufgesaugt und verschluckt. Als letztes glitt eine lange, funkelnde Stabantenne des Schleppers mit einem Positionslicht daran in das unbestimmbare Schwarzgrau hinein.
Das Psionische Tor war verschwunden, und mit ihm der Bugsierschlepper.
An einer anderen Stelle schob sich die Kombination zeitgleich aus dem Gegentransmitter.
Andere Sterne breiteten sich auf den Bildschirmen aus. Gasschleier und einige Sonnenballungen lagen weit voraus. Eine diffuse, rote Sonne brannte rechts auf den Bildschirmen – im Gegensatz zu der stechend gelben, die den Asteroiden angestrahlt hatte.
Ein dunkles Fünfeck, dessen Kanten in düsterem Rot brannten, schob sich lautlos in den Weltraum.
Das Psionische Tor war auf seinem langen Weg durch die Galaxis Manam-Turu.
»Jetzt hast du deinen wunderbaren Kosmos, Kleiner«, sagte Udvani zufrieden und schaltete das Triebwerk ab.
Das kleine Team wartete auf neue Anweisungen. Es würde eine Weile dauern, bis dieser Transmitter neu justiert und somit vom Empfänger zum Sender geworden war.
»Wir können unmöglich an unserem Ziel sein«, sagte der Lehrling. »Sonst würde es hier ganz anders aussehen.«
»Warte es ab«, brummte der Pilot. »Wir sind nicht zum Bewundern, sondern zum Arbeiten hier. Allerdings nicht in den nächsten Stunden.«
Der Chefingenieur schnallte sich los und sagte nachdrücklich:
»Pause! Zeit zum Essen und Schlafen.«
»Bis auf weiteres«, schwächte Udvani ab.
Er war mit der Leistung des Teams zufrieden. Alles lief wie ein riesiges Uhrwerk, das aus vielen Zahnrädern bestand.