Читать книгу Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel - Страница 85
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ОглавлениеDer Schweiß lief dem Alten in Strömen von der Stirn herab, das schüttere graue Haar klebte an seinem Kopf. Seine Beine waren wie taub, doch dafür taten seine Füße weh, er schleppte sich nur noch mühsam vorwärts.
Schließlich konnte er einfach nicht mehr weiter, die schwere Last glitt ihm aus den kraftlosen Händen. Er taumelte, fing sich jedoch gerade noch ab und setzte sich der Einfachheit halber auf einen der Behälter.
Seine Lungen keuchten und gierten nach Luft, er brauchte einige Minuten, bis er sich wieder halbwegs erholt hatte. Dann holte er ein früher einmal sauber gewesenes Tuch aus der Tasche, wischte zunächst sein Gesicht trocken und danach die ebenfalls nassen Hände.
»Womit habe ich das verdient?«, murmelte er tonlos vor sich hin.
Er wusste es nicht, und es war auch niemand da, der ihm diese Frage hätte beantworten können. Schon seit Wochen war er allein, allein und vor allem sehr einsam.
Geistig war er in gewisser Weise schon immer allein gewesen, denn er war anders als die meisten Daila auf Cirgro. Er verfügte über keinerlei Parafähigkeiten, war auf telepathischer Ebene völlig taub und konnte mittels Geisteskraft nicht einmal den kleinsten Gegenstand bewegen.
Man bezeichnete ihn als einen »Normalen«, obwohl das unter den gegebenen Verhältnissen fast als Hohn anzusehen war. Entstammte er doch einer Sippe, in der es seit der Verbannung von Aklard stets nur psi-begabte Männer und Frauen gegeben hatte, soweit man zurückdenken konnte.
Normal sein hieß anders sein als das Gros der Daila hier auf Cirgro, und das war kein beneidenswerter Zustand.
Man war und blieb ein Außenseiter, sein ganzes Leben lang. Man konnte sich mit niemand auf rein geistiger Basis verständigen, man stand hilflos daneben, wenn sie Dinge durch die Luft schweben ließen oder gar unversehens teleportierten. Das war hier normal, konnte man so etwas nicht, galt man als Versager.
Doch der Alte war unter solchen Umständen aufgewachsen, etwas anderes kannte er nicht. Notgedrungen hatte er sich ebenso damit abfinden müssen wie eine Handvoll von Leidensgenossen.
Sie hatten sich nie direkt abgesondert, um nicht ganz ins Abseits zu geraten, aber immer Kontakt zueinander gehalten. Dies war vor allem dann wichtig gewesen, wenn es um die Wahl eines ständigen Partners ging, Verbindungen zwischen Mutanten und Normalen hatte es relativ selten gegeben. Wenn ein Teil dem anderen von vornherein überlegen war, ging das nur selten gut.
Der Alte hatte einst eine Frau gefunden, die so war wie er, und in der Verbindung hatten sich beide wohl gefühlt. Allerdings nur in den ersten Jahren – dann hatte sich herausgestellt, dass ihre Kinder doch wieder Psi-Gaben besaßen! Ihre rezessiven Gene kamen eben nicht gegen die Übermacht des dominierenden Erbes von Aklard an.
Trotzdem hatte das Familienleben kaum darunter gelitten.
Fremden gegenüber kehrten die Mutanten gern ihre Überlegenheit heraus, ihren direkten Angehörigen jedoch nicht. So waren auch der Alte und seine Frau von ihren Kindern stets respektvoll behandelt worden, ungeachtet deren paramentaler Fähigkeiten. Dass sie später ihre eigenen Wege gingen, als sie herangewachsen waren, war auch unter den Normalen eine Selbstverständlichkeit.
Doch wie lange war dies alles nun schon her ...
Der Alte schüttelte die Erinnerung ab, griff in die Tasche und holte eine Kapsel mit einem Stärkungsmittel hervor. Es war seine vorletzte, und es würde schwer sein, sich neue zu beschaffen, aber er brauchte jetzt Kraft für den restlichen Weg. Er zerbiss sie also, seine Mundschleimhäute nahmen die Wirkstoffe auf und überführten sie in den Blutkreislauf.
Die Sonne war höher gestiegen, der alte Mann begann wieder zu schwitzen. Seufzend löste er den Verschluss des zweiten Behälters und kippte diesen etwas, ließ Wasser in die hohle Hand rinnen und nahm einige tiefe Schlucke. Dann übergoss er das Tuch, drückte es mehrmals aus, bis es halbwegs sauber war, und legte es sich über den Kopf.
So blieb er noch eine Weile sitzen, atmete tief durch, und bald fühlte er sich besser. Er trank noch etwas, verschloss den Behälter dann sorgfältig wieder und erhob sich, um weiterzugehen.
Seine Last war schwer, und er musste öfters rasten, aber es war niemand da, der ihm hätte helfen können. Es gab ihm einen Stich, wenn er daran dachte, wo seine Kinder und Enkel jetzt wohl sein mochten. Seine Frau war schon vor Jahren gestorben, und zuweilen beneidete er sie fast darum, so einsam, wie er nun war.
Um sein trostloses Leben fristen zu können, musste er etwa alle zehn Tage diesen beschwerlichen Weg zurücklegen, mehrere Kilometer weit. Er brauchte Wasser, und das gab es in der Stadt nicht mehr, seit das große Chaos begonnen hatte. Entweder war das Wasserwerk zerstört worden oder seine Automatik ausgefallen, die Leitungen gaben jedenfalls keinen Tropfen mehr her. Nur am Stadtrand gab es einen artesischen Brunnen, der immer noch sprudelte, im Garten einer einst begüterten Familie, die nun auch verschollen war.
Der Alte hatte mit dem Gedanken gespielt, dorthin umzuziehen, das hätte ihm diese Ungelegenheiten erspart. Doch gerade die Villen der Reichen waren das bevorzugte Ziel der Plünderer gewesen und würden es wohl wieder sein, falls diese irgendwann zurückkehrten. Nein, da blieb er lieber in seinem Versteck, das er sich mit viel Mühe eingerichtet hatte.
Zum einen lag es in der Nähe seiner früheren Wohnung, zum anderen gab es unweit davon einen Lagerkeller, in dem sich noch ein großer Vorrat an Konserven befand. Der Laden darüber war ausgeplündert und zerstört worden, den Eingang zum Keller hatten die Chaoten aber offenbar übersehen. Was der Alte sonst brauchte, um nicht auf lebensnotwendige Vitamine verzichten zu müssen, zog er selbst heran, und so hatte er wenigstens etwas zu tun. Mit Pflanzen kannte er sich aus, denn er hatte in seiner Jugend auf einer Farm gearbeitet, bis diese dann automatisiert worden war.
Seine Wegstrecke führte kreuz und quer, denn er war bemüht, die relativ freien Hauptstraßen zu vermeiden, auf denen er weithin zu sehen gewesen wäre. Zu frisch war noch die Erinnerung an die Jagd auf alle Stadtbewohner im Verlauf der Kämpfe jeder gegen jeden – er wollte ihr nicht nur entkommen sein, um nun durch Leichtsinn schließlich auch noch eingefangen zu werden.
Jetzt bedauerte er es oft, nicht wenigstens ein Telepath der schwächsten Stufe zu sein. Dann hätte er die Möglichkeit gehabt, die Gedanken anderer aufzufangen, die vielleicht gleich ihm dem Verhängnis entronnen waren. Zwar hätte er sich gehütet, Kontakt zu ihnen aufzunehmen, denn er traute niemand mehr, aber es hätte seine Einsamkeit wenigstens etwas gemildert.
Er hätte viel darum gegeben, wieder einmal mit anderen reden zu können, wieder den Klang einer fremden Stimme zu hören!
Zuweilen, wenn er das Alleinsein gar nicht mehr ertragen konnte, hatte er sich auf den Weg ins Stadtinnere gemacht. Natürlich mit der gebotenen Vorsicht, um nicht entdeckt zu werden, aber auch umsonst. Nirgends in den einst so belebten Straßen, auf denen oft auch seltsame fremde Wesen von anderen Planeten zu sehen gewesen waren, hatte sich auch nur das geringste Anzeichen von Leben gezeigt.
Sicher, die Fremden waren meist gleich zu Anfang geflohen, noch ehe das umfassende Chaos begann. Die plötzliche Panik hatte sie als erste erfasst, die Händler hatten ihre Waren im Stich gelassen und waren hinaus zum Raumhafen gerast. Von dort starteten dann die Raumschiffe in rascher Folge, die Daila blieben allein auf Cirgro zurück.
Nun aber war auch von ihnen nirgends mehr etwas zu entdecken, die Jäger hatten offenbar alle aufgespürt und verschleppt. Wohin, das wusste der einsame Mann nicht, doch eines stand für ihn fest:
Er war ganz allein zurückgeblieben – in Raybon gab es außer ihm kein intelligentes Lebewesen mehr ...!
Doch daran dachte der Alte jetzt nicht, er hatte andere Probleme. Um sein Asyl zu erreichen, musste er eine Strecke überwinden, die voll von den Trümmern zerschossener Häuser war. Einzige Alternative dazu war ein großer Umweg über zwar freie, aber breite Straßen ohne Deckungsmöglichkeit, und davor scheute er zurück.
Er rastete noch einmal, setzte sich wieder auf einen Behälter und versuchte, neue Kräfte zu sammeln. Doch die Sonne meinte es nach dem Regen in der Nacht etwas zu gut, die Luft war feucht und schwül, und das machte ihm zu schaffen.
Schon der erste Haufen von Trümmern überforderte seine müden Beine, die schwere Last zog ihn unbarmherzig zurück. Er schaffte den steilen Aufstieg trotz aller Anstrengung nicht, sein Herz begann wie wild zu rasen, und fast wäre er gestürzt. Das konnte er gerade noch vermeiden, er bewegte sich stolpernd wieder rückwärts und legte keuchend eine weitere Pause ein.
Dann erkannte er endgültig, dass es diesmal so nicht ging.
Er besaß zwar noch eine letzte Stärkungskapsel, doch die hatte er als eiserne Reserve in seiner Unterkunft gelassen. Die erste hatte ihm nur bis hierher geholfen, nun ebbte ihre Wirkung ab und sein Alter machte sich deutlich bemerkbar. Ihm blieb also nichts weiter übrig, als den längeren, dafür aber bequemen Weg zu nehmen, ungeachtet des möglichen Risikos.
Er wartete noch eine Weile, bis er sich wieder kräftig genug fühlte, nahm dann die Wasserbehälter wieder auf und begab sich auf den Weg zurück. Auf der Hauptstraße kam er dafür nun zügig vorwärts, bog bald darauf in eine andere ein und wechselte nach einer kurzen Rast nochmals die Richtung.
Dann hatte er es fast schon geschafft, nur zweihundert Meter trennten ihn noch von seinem Ziel. Er atmete auf, dann setzte er die Behälter nochmals ab und massierte die Druckstellen an seinen Händen. Nun war er sicher, dass ihm nichts mehr geschehen konnte, er lächelte flüchtig und setzte sich wieder in Bewegung.
Doch kaum zehn Sekunden später hörte er hinter sich ein fremdes Geräusch! Es war nicht besonders laut, aber die absolute Stille über der Stadt machte es weithin hörbar.
Der Alte fuhr panikerfüllt zusammen, sein Lächeln gefror zu einer Grimasse der Angst. Er blieb stehen und sah über die Schulter zurück, und dann begann er zu zittern.
Nein, er hatte sich nicht getäuscht – von dort her näherte sich ihm ein Fahrzeug! Es war zwar nicht besonders schnell, aber schnell genug, um ihn mit seiner Last bald einzuholen. Was sollte er nun tun?
Er zweifelte nicht daran, dass da die Jäger kamen, um auch ihn noch zu fangen und zu verschleppen, wenn nicht gar umzubringen. Gehetzt sah er sich nach einem Versteck um, aber gerade hier gab es keines. Die Straßenmitte war wohl frei, doch die Häuser auf beiden Seiten lagen in Trümmern, alle Eingänge waren blockiert ...
Er wählte den einzigen Ausweg, der ihm noch blieb, ließ beide Behälter fallen und lief los, so schnell ihn seine müden Beine trugen. Wenn es ihm gelang, rechtzeitig die nächste Querstraße zu erreichen, hatte er noch eine Chance.
Dort sah es zwar auch wüst genug aus, aber eben das war sein Vorteil. Das Fahrzeug der Jäger musste im Schutt steckenbleiben, und das würde sie gerade so lange aufhalten, dass er durch eine Lücke im Mauerwerk verschwinden konnte. In dieser Straße kannte er sich aus, hier hatte er einst gewohnt, ehe er in sein Versteck umgesiedelt war.
Die Angst trieb ihn voran, und er holte das letzte aus seinem ermatteten Körper heraus.
*
Mein Karren hielt wider Erwarten durch, der Elektromotor surrte ruhig vor sich hin. Bald lag der Raumhafen hinter mir, die Straße führte zunächst durch Ödland, und hinter diesem lagen beiderseits ausgedehnte Felder.
Von der Agrarwirtschaft auf Cirgro verstand ich natürlich nichts, aber trotzdem erkannte ich schnell, dass hier nichts so war, wie es eigentlich sein sollte. Die fremden Gewächse waren zum Teil wild ins Kraut geschossen, andere Kulturen wieder bereits verwelkt, alle Ordnung war dahin. In einiger Entfernung sah ich Maschinen stehen, deren Metallteile dick von Rost überzogen waren, und das ergänzte das trostlose Bild.
Um diese Felder hatte sich offenbar niemand mehr gekümmert, seit damals über dem Planeten das Chaos ausgebrochen war. Doch warum nur, wovon sollten sich die Daila jetzt ernähren – und wo waren sie überhaupt ...?
Außer Scharen von Vögeln bekam ich kein Lebewesen zu sehen, und daran änderte sich auch während der nächsten fünfzehn Minuten nichts. Dann hatte ich den Stadtrand erreicht, die ersten Häuser tauchten beiderseits der Straße auf, und ihr Anblick deprimierte mich erst recht.
Offenbar hatten hier einst die Upper Ten dieser Stadt gewohnt, das war unschwer zu erkennen. Im Gegensatz zu den verkommenen, aus vorgefertigten Elementen errichteten Bauwerken am Hafen hatte man hier Naturstein verwendet, die Gebäude waren durchweg Villen oder luxuriöse Bungalows.
Gewesen, musste ich mich sehr bald korrigieren, denn auch hier sah es aus, als hätten Attilas Hunnenscharen gewütet. Nicht ein Komplex war noch heil, die Fenster waren zersplittert, und die Mauern an vielen Stellen zerschossen. Und hier mussten ebenfalls Plünderer am Werk gewesen sein, davon zeugten viele herumliegende und teilweise kostbare Gegenstände.
Man hatte sie herausgeschleppt, um sich daran zu bereichern, aber das hatte wiederum anderen nicht gefallen. Vielleicht hatten sich die Besitzer gewehrt, vielleicht waren andere Banden gekommen und hatten den ersten die Beute wieder abjagen wollen?
Wie auch immer, das Resultat war niederschmetternd im wahrsten Sinn dieses Wortes. Und zum Schluss hatte niemand etwas davon gehabt, die Sachen lagen am Straßenrand oder in den verwilderten Vorgärten und waren inzwischen restlos vergammelt. Was mochte nur über die Daila gekommen sein – waren sie etwa kollektiv verrückt geworden?
Gar nicht so unmöglich, urteilte mein Extrasinn. Gerade hier auf Cirgro ist manches nicht so wie auf anderen Welten, hier ist der einzige bekannte Fundort der Glückssteine! Und dass diese unter bestimmten Umständen nicht unbedingt ihren Besitzern auch Glück bringen, hast du ja bereits erfahren.
»Sicher, das stimmt«, gab ich zu. »Andererseits sind es aber gerade diese Gebilde, denen es vor allem zu verdanken ist, dass sich die Lage auf Aklard stabilisiert hat. Einmal Glück und einmal nicht, wie reimt sich das zusammen?«
Ich sprach eben von bestimmten Umständen, erinnerte mich mein zweites Ich lakonisch, und diese sind bekanntlich nirgends im Universum auch nur annähernd gleich. Schon ein winziger, für deine Sinne überhaupt nicht erkennbarer Faktor kann die Dinge ins genaue Gegenteil verkehren, das weißt du doch.
Ich verzichtete auf eine Entgegnung und konzentrierte mich statt dessen darauf, die Umgebung weiter zu beobachten. Das Bild blieb jedoch immer annähernd gleich, auch in den inneren Bezirken der für mich noch namenlosen Stadt. Überall war gekämpft worden, es gab nur wenige Gebäude, die noch heil geblieben waren. Zuweilen blockierten Schutt und zerschossene Fahrzeuge selbst die breiten Straßen und zwangen mich zu Umwegen, aber ich behielt die Richtung zur Stadtmitte bei.
Mich tröstete allein die Tatsache, dass nirgends Leichen zu sehen waren.
Die Plünderer, Chaoten oder wie immer sie zu bezeichnen waren, hätten sich bestimmt nicht die Mühe gemacht, erschossene Gegner wegzubringen und zu bestatten, dessen war ich sicher. Demnach sah es so aus, als hätten die Daila zwar die Zerstörung von Gebäuden und den Raub oder die Vernichtung von Gütern betrieben, dabei aber das Leben anderer geschont.
Vielleicht hing das damit zusammen, dass sie fast alle Mutanten waren, und viele davon Telepathen?
Ich wusste von der Rettung der Mutantenexpedition auf Corgyar und anderen Gelegenheiten her, dass diese den Tod anderer Lebewesen so intensiv miterlebten, dass ihre eigene Psyche schwer darunter litt. Das konnte diese Leute trotz ihrer offenbaren geistigen Verwirrung davon abgehalten haben, ihre eigenen Rassegefährten ums Leben zu bringen.
Das ist zwar nicht sicher, hat aber einiges für sich, räumte mein Extrahirn ein.
»Sofern die bestimmten Umstände gegeben sind, nicht wahr?«
Diesmal erhielt ich keine Antwort. Ich grinste kurz und lenkte den Karren um einen zerstörten Gleiter herum. Dahinter war die Straße in der Mitte wieder frei, ich spähte aufmerksam nach vorn und hielt Ausschau nach irgendwelchen Anzeichen von Leben. Es war mir immer noch ein Rätsel, wo die Stadtbewohner geblieben sein mochten, es mussten immerhin etwa fünfzigtausend gewesen sein.
Plötzlich fielen mir auch die Krelquotten wieder ein, von denen bei unserem ersten Besuch in diesem System in diversen Funksprüchen die Rede gewesen war.
Sie waren die Ureinwohner von Cirgro, dem Vernehmen nach große bepelzte Wesen, so etwas wie aufrecht gehende Bären. Sie sollten zwar intelligent sein, aber trotzdem keine nennenswerte Zivilisation besitzen, sondern in den vielen Wäldern hausen. Sie hatten die Daila wohl toleriert, nachdem diese hier gelandet waren, jedoch nie Wert auf einen Umgang mit ihnen gelegt.
Konnte es sein, dass sie etwas mit dem seltsamen Geschehen hier zu tun hatten?
Unwahrscheinlich!, urteilte der Logiksektor. Welchen Grund sollten sie dafür gehabt haben, selbst falls sie ebenfalls Psi-Gaben besitzen? Viel eher ist zu vermuten, dass es sich hier um eine Spätfolge der Anwesenheit EVOLOS handelt.
Weiter hörte ich nicht zu, denn plötzlich sah ich weit vorn auf der Straße eine Bewegung.
Tatsächlich, dort ging jemand – das konnte eigentlich nur ein Daila sein! Er war offenbar aus einer anderen Straße auf diese gekommen, sonst hätte ich ihn schon früher sehen müssen, er bewegte sich langsam und schien etwas zu schleppen. Demnach schien diese Stadt doch nicht ganz ausgestorben zu sein, und ich hatte endlich Aussicht zu erfahren, wie es zu dem großen Chaos gekommen war.
Leider konnte ich dem Karren keine größere Geschwindigkeit entlocken, also musste ich meine Ungeduld noch bezähmen. Dann hielt der Unbekannte jedoch an und setzte seine Last ab, und nun wurde die Distanz zu ihm schnell geringer. Ich hoffte, ihn noch während seiner Rast zu erreichen, doch er nahm schon nach kurzer Zeit die beiden Packen wieder auf und ging weiter.
Nur noch etwa hundert Meter trennten mich von ihm, da blieb er plötzlich wieder stehen. Offenbar hatte er das leise Surren des Elektromotors gehört, denn er wandte sich um. Ich hob die Rechte und winkte ihm zu, doch seine Reaktion darauf war ganz anders, als ich erwartet hatte.
Er dachte gar nicht daran, auf mich zu warten – nein, er warf seine Traglast hastig weg und rannte davon.
Offenbar hatte er Angst, und das war ihm angesichts der Zustände kaum zu verdenken. Ich rief ihm nach, um ihn zu beruhigen, doch er schien mich nicht zu hören, denn er lief weiter. Nicht sehr schnell allerdings, und beim Näherkommen sah ich auch, weshalb.
Es war ein alter Mann, der keine Chance hatte, sich gegen den Überfall irgendwelcher Chaoten zu wehren. Er tat mir leid, denn ich konnte mich gut in seine Lage versetzen, aber ich fuhr trotzdem weiter. Er war nun einmal der einzige Mensch weit und breit, und ich konnte nur von ihm Informationen bekommen.
Kein Mensch – ein Daila!, sagte der Extrasinn.
Ich blockte ihn ab, ehe er weiter überflüssige Kommentare geben konnte, und rief den Alten erneut an. Er reagierte jedoch auch jetzt nicht, lief weiter und bog dann plötzlich nach rechts in eine Seitenstraße ein.
Offenbar hoffte er, mir dort eher entkommen zu können, und als ich die Kreuzung erreichte, wusste ich, warum. Diese Straße war so voller Trümmer, dass sie kein Gefährt mehr passieren konnte, aber das war zugleich auch sein Handikap.
Augenscheinlich hatte er sich während der Schlepperei und dem folgenden Lauf vollkommen verausgabt. Er bemühte sich verzweifelt, die Schuttberge hinter sich zu bringen, doch er kam nicht weit. Plötzlich sackte das Geröll unter ihm weg, er rutschte zurück, blieb dann laut keuchend liegen und gab auf.
Ich ließ ihm etwas Zeit, um wieder zu Atem zu kommen, und dann sagte ich behutsam: »Hab keine Angst, ich denke nicht daran, dir etwas zu tun! Ich bin ein Fremder und mit einem Raumschiff nach Cirgro gekommen; mit dem schlimmen Geschehen der letzten Zeit habe ich nichts zu tun, das darfst du mir glauben.«