Читать книгу Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel - Страница 86
4.
ОглавлениеEs dauerte mindestens eine Minute, bis sich der Alte wieder einigermaßen erholt hatte. Solange lag er regungslos da, mit dem Gesicht nach unten, dann stemmte er sich langsam hoch und drehte sich zu mir um.
Sein Gesicht war noch immer von Furcht gezeichnet, obwohl er nun erkennen musste, dass ich wirklich nicht von seinem Planeten war. Er sah die Waffe an meiner Hüfte, also spreizte ich demonstrativ beide Hände zur Seite weg und lächelte ihm besänftigend zu.
»Was ich gesagt habe, stimmt, und ich kann es auch beweisen, wenn du mir Gelegenheit dazu gibst. Mein Schiff steht hinten auf dem Raumhafen. Ich bin ganz allein hierher gekommen, mit einem simplen alten Elektrokarren. Vertraue mir also und steh auf, dann können wir in Ruhe miteinander reden, mehr als einige Auskünfte will ich nicht von dir. Mein Name ist Atlan, und wie heißt du?«
»Ich bin Gentos«, sagte der Alte matt und kam halb hoch, sank dann jedoch erschöpft wieder zurück. Ich reichte ihm die Hand, um ihm aufzuhelfen, doch seine Beine gaben nach, und er setzte sich schwer atmend auf das Geröll.
Er war wirklich restlos ausgepumpt, und ich war, wenn auch ohne jede böse Absicht, schuld daran. Nun, das konnte ich auf meine besondere Weise wieder ausgleichen, ich griff unter meine Jacke und holte den Zellaktivator hervor. Sofort erschien aber erneut der Ausdruck tödlicher Angst in seinen Augen, ich winkte kurz ab und erklärte:
»Verdammt, ich will dich nicht umbringen, das könnte ich auf einfachere Weise tun! Dies ist nur ein Amulett, das seinem Träger bei Erschöpfung neue Kraft verleiht, und die hast du jetzt doch wohl dringend nötig. Nimm es und halte es eine Weile, dann wirst du bald seine Wirkung spüren.«
Gentos zögerte trotzdem noch, ich drückte ihm den Aktivator einfach in die Hände und setzte mich dann kurzerhand neben ihn. Das gab mir Gelegenheit, über mein weiteres Vorgehen nachzudenken, und ich legte mir die Rangfolge meiner Fragen zurecht.
So vergingen einige Minuten, ich schwieg und wartete geduldig ab. Dann erschien ein verwundertes Lächeln auf dem Gesicht des alten Daila und er sagte: »Dein Amulett ist wirklich sehr gut, ich fühle mich viel besser als seit langer Zeit. Hier, nimm es zurück, ich brauche es nicht mehr.«
Ich griff zu und hängte mir den Aktivator wieder um, und Gentos stand nun offenbar vollkommen mühelos auf.
»Es tut mir leid, wenn ich dich unberechtigt verdächtigt habe, Atlan«, bemerkte er. »Doch du ahnst wohl nicht einmal, was hier auf Cirgro alles geschehen ist ... nun, darüber können wir auch später noch reden. Gestatte mir zuvor, die Wasserbehälter von der Hauptstraße zu holen, wo ich sie in meiner Panik fortgeworfen habe. Ich bin auf ihren Inhalt angewiesen und muss mein Wasser von weit her holen, hier in Raybon gibt es schon lange keines mehr.«
So hieß also diese Stadt, aber das registrierte ich nur ganz nebenbei. Ich hatte das Bedürfnis, den Alten für den Schreck zu entschädigen, den ich ihm eingejagt hatte, lächelte ihm zu und erhob mich nun ebenfalls.
»Lass mich das besorgen, ich werde an deiner Stelle gehen. Ich lade die Kanister auf meinen Karren, du kommst dann nach, und wir fahren zusammen dorthin, wo du wohnst.«
»Das ist sehr großzügig von dir, ich danke dir sehr«, sagte der Alte, und ich ging los.
Ich lenkte den Karren zurück, verstaute die Kanister mit etwa dreißig Liter Inhalt auf der Ladefläche, und fuhr dann wieder bis zur Seitenstraße vor. Dort hielt ich aber vergebens Ausschau nach Gentos – er war nicht mehr zu sehen, und mein Extrasinn kicherte wieder einmal schadenfroh.
Man kann sich in nichts mehr täuschen, als in den Menschen, nicht wahr? Respektive in dem Daila in diesem Fall, doch ich sehe da keinen grundlegenden Unterschied. Gentos sollte dir trauen, dafür hast du ihm vertraut – und das hast du nun davon!
Ich knurrte einige nicht eben feine Worte vor mich hin, aber ich dachte natürlich nicht daran, nun einfach aufzugeben. Statt dessen verließ ich das Fahrzeug, um auf die Suche nach dem Alten zu gehen.
Er konnte sich nur durch diese Straße entfernt haben, sonst hätte ich ihn bemerken müssen, also nahm ich den gleichen Weg. Ich kletterte über die ersten Trümmer hinweg, und dann hatte ich auch bald seine Spur gefunden. In seiner Eile hatte er sich nicht besonders vorsehen können, hier und da war der Schutt losgetreten, es war mir also leicht, ihm zu folgen.
Schließlich führte die Fährte durch ein Mauerloch in eines der besser erhaltenen Häuser, und dort verlor sie sich zunächst. Ich durchstöberte alle Räume, doch darin hatte er sich nicht versteckt, folglich musste ich weitersuchen.
Wenn er klug ist, ist er auf einem Umweg wieder zur Hauptstraße zurückgekehrt, bemerkte der Logiksektor. Dann sitzt er jetzt in deinem Karren und ist damit bereits über alle Berge!
Ich zuckte zusammen, denn dieser Gedanke war alles andere als erfreulich. In diesem Fall war ich nicht nur den einzigen Mann los, von dem ich etwas erfahren konnte, sondern auch das Fahrzeug; und dann konnte ich vielleicht ewig in Raybon herumirren, ohne etwas zu erreichen ...
Doch soweit kam es nicht, ich öffnete die Tür zum Keller und entdeckte in dem monatealten Staub auf den Stufen frische Fußspuren. Weiter unten war es dunkel, doch ich hatte immer ein Feuerzeug bei mir, und dieses half mir nun weiter. Durch einen langen Gang kam ich bis ins Nebenhaus, dort ging es wieder eine Treppe hoch und dann durch einen Hinterausgang ins Freie.
Dort gab es eine verwilderte Grünanlage, und zertretene Pflanzen wiesen mir den weiteren Fluchtweg. Danach musste ich wieder über Trümmer klettern, und schließlich stand ich etwa dreihundert Meter weiter auf einer anderen Nebenstraße. Dort waren die meisten Häuser noch erhalten, ich sah mich um und entschied mich dann für die einzige Tür in der Reihe gegenüber, die geschlossen war.
Natürlich war sie auch verschlossen, und das sagte mir genug. Doch ich war nicht gewillt, noch mehr Zeit zu verlieren, deshalb schlug ich kurzerhand eine Fensterscheibe ein und gelangte so ins Haus. Eine Minute später hatte ich Gentos gefunden, er hockte in einem weiteren Hinterhof in einem Gebüsch und sah mir furchtsam und zitternd entgegen.
»Das war ziemlich dumm von dir«, stellte ich nüchtern, aber mit einem leichten Lächeln fest. »Komm, steh auf, ich trage dir trotzdem nichts nach; lass uns endlich vernünftig miteinander reden, ja?«
*
Der Alte hatte es alles andere als leicht gehabt, hatte aber das Beste aus seiner Lage gemacht. Nun hauste er in einer fremden, aber vollkommen intakten Wohnung, und darin hatte er einen großen Vorrat herrenloser Konserven und sonstiger haltbarer Lebensmittel zusammengetragen. Allein davon konnte er monatelang leben, aber außerdem zog er im Hinterhof noch Gemüse, denn er war Vegetarier.
Nach einigem guten Zureden ging er mit mir ins Haus, und dort entdeckte ich auch einige Flaschen Wein. Es war warm und ich hatte Durst bekommen, also öffnete ich eine davon, ohne lange zu fragen. Gentos zeigte sich nun endlich kooperativ und brachte Gläser, die allerdings nicht eben sauber waren.
»Bessere habe ich nicht, ich muss sehr mit Wasser sparen«, sagte er müde. »Ich war unterwegs, um welches zu holen, aber dann kamst du so plötzlich an ...«
»Und nun liegen die Kanister nutzlos auf der Straße«, vollendete ich den Satz. »Nun, du kannst sie dir später holen, nimm es als Strafe für dein Misstrauen mir gegenüber. Setz dich jetzt und gib mir dann einen Bericht darüber, was hier auf Cirgro in letzter Zeit geschehen ist. Wie kam es zu dem großen Chaos, und was ist aus den Bewohnern dieser Stadt geworden?«
Wir tranken einen Schluck, der Wein war zwar herb, aber gerade deshalb gut als Durstlöscher geeignet. Dann sah der Alte auf und zuckte resigniert mit den Schultern.
»Alles hat mit den Glückssteinen begonnen, die der Prospektor Moxey vor etwa einem halben Jahr irgendwo gefunden hat. Ich habe nie begriffen, was an ihnen so besonders war, denn ich bin kein Mutant, sondern einer der so genannten ›Normalen‹. Die anderen jedoch waren regelrecht verrückt danach, viele opferten ihren ganzen Besitz, um einen dieser Kristalle zu bekommen. Hatten sie ihn, fühlten sie sich so wohl wie nie zuvor, zugleich erlosch aber auch ihr altes Verlangen, nach Aklard zurückzukehren, das unsere Heimatwelt ist.«
Das wusste ich schon in groben Zügen, also nickte ich nur und fragte weiter: »Dann ist doch aber plötzlich eine fremde Macht über den Planeten gekommen und hat den Steinen ihr merkwürdiges Potenzial geraubt. War dies die Ursache dafür, dass die Mutanten regelrecht verrückt geworden sind?«
»Sie haben mich als Normalen nie ins Vertrauen gezogen, also kann ich nur wiedergeben, was ich indirekt erfahren habe, Atlan«, erklärte Gentos und leerte sein Glas in einem Zug. »Für einige Zeit waren sie vollkommen deprimiert, aber bald danach machte sich ihr Heimweh nach Aklard wieder bemerkbar, noch stärker als zuvor. Sie hatten erfahren, dass die Heimatwelt Hilfe brauchte, und nun versuchten sie, ihre Psi-Gaben wieder zu trainieren, die ihnen durch den Einfluss der Glückssteine abhanden gekommen waren.«
»Hatten sie Erfolg damit?«, erkundigte ich mich, trank ebenfalls aus und goss neu ein. Der Alte grinste nun fast schadenfroh.
»Sie haben sich immer viel auf diese Fähigkeiten eingebildet und uns Normale verachtet, aber besonders weit war es eigentlich mit ihnen nie her. Ein bisschen Gedankenlesen oder Bewegen einiger Gegenstände, kurze Teleportationen oder das Erzeugen flüchtiger Illusionen, mehr war bei den meisten nicht drin. Es gab nur relativ wenige, die wirklich etwas konnten, und in meiner Familie ...«
»Genug davon«, stoppte ich seinen Redefluss, denn auf Details dieser Art legte ich durchaus keinen Wert. »Wie ging es dann weiter, erlangten sie ihre Gaben zurück?«
Gentos verzog das Gesicht und griff erneut nach seinem Glas.
»Das allerdings, und für mich als Außenseiter ließ es sich kaum noch aushalten! Plötzlich konnten alle Mutanten viel mehr als je zuvor, aber ihnen fehlte die richtige Kontrolle über ihre Gaben. Teleporter, die eigentlich nur nach Hause wollten, tauchten weit entfernt irgendwo im freien Gelände auf, einige sogar in fremden Schlafzimmern ... Die Telekineten waren am schlimmsten, man musste dauernd darauf gefasst sein, dass einem plötzlich etwas auf den Schädel fiel. Vor den Telepathen konnte niemand mehr seine Gedanken verbergen ...«
»Sie erfuhren alles, was sie nicht wissen sollten«, folgerte ich und winkte ab. Ähnliche Phänomene hatten sich bereits damals auf Corgyar ereignet, nur waren die Folgen dort verhängnisvoller gewesen. »Und wie ging es dann weiter, wie kam es dazu, dass auf dem Hafen und in der Stadt geplündert und gekämpft wurde?«
Der Alte zuckte mit den Schultern und goss sich erneut Wein ein. Er hatte offenbar lange nichts mehr getrunken, seine Augen begannen bereits zu glänzen, und seine Beredsamkeit wuchs noch weiter. Nun, er hatte auch seit Wochen mit niemand mehr reden können, und mir war es nur recht, möglichst viel von ihm zu erfahren.
»Im Anfang ging es nur um die Waren, die die geflohenen Händler zurückgelassen hatten. Die Leute sahen sie als herrenloses Gut an, und die meisten hatten für die Glückssteine fast ihr ganzes Vermögen ausgegeben. Allmählich änderte sich aber ihre Mentalität, es gab immer öfter Auseinandersetzungen aus nichtigen Gründen. Andere sollen sich auch körperlich irgendwie verändert haben, ich habe jedoch nie einen davon gesehen.«
Das muss durch den Kontakt mit EVOLO geschehen sein!, sagte der Extrasinn, und damit hatte er vermutlich Recht. Ich nickte also nur, und dann sagte Gentos: »Richtig ging es aber erst los, als dann die Krelquotten kamen!«
»Die Pelzwesen?«, fragte ich verwundert. »Soviel ich weiß, sind sie doch früher in den Wäldern geblieben und haben keinen Wert auf den Kontakt mit euch gelegt.«
Der Alte trank wieder und rülpste dann ungeniert.
»Die ersten zeigten sich schon damals, bald nach dem Versagen der Glückssteine. Sie haben zwar nie jemanden direkt behelligt, aber von ihnen ging eine seltsame Aura von Angst und Schrecken aus. Die Fremdwesen spürten sie zuerst, sie war der Anlass dafür, dass sie Hals über Kopf geflüchtet sind. Nach und nach wirkte sie aber auch auf die Daila, und es kamen immer mehr Krelquotten bis in die Städte ... Entschuldige mich bitte für eine Minute, ja?«
Er ging mit unsicheren Schritten hinaus in seinen Garten, und ich dachte indessen eingehend über alles nach.
Bis dahin hatte ich den bärenartigen Wesen, gestützt durch die Analyse meines Logiksektors, keinen großen Stellenwert zugebilligt. Nun wurde mir langsam klar, dass dies ein Irrtum gewesen war, und dass die Krelquotten hinter all dem Geschehen hier auf Cirgro stecken mussten.
Vielleicht war EVOLOS Hiersein der Auslöser dafür gewesen, dass sie so plötzlich aktiv wurden? Durchaus möglich, denn Cirgro war schließlich ihre Welt, sie hatten die Daila nur toleriert, solange sie nicht in ihrem Frieden gestört wurden. Doch dann waren zuerst die Hyptons und Ligriden aufgetaucht und dann auch noch EVOLO, und das hatte wohl den Ausschlag gegeben.
Wenn es so war, dann mussten sie über Psi-Kräfte verfügen, die selbst die Kapazität meines kleinen Freundes Gucky weit überstiegen! Dass sie die Händler und Daila psychisch beeinflusst hatten, war für sie nur ein besseres Kinderspiel gewesen. Die Hyptons und ihre Handlanger dagegen ließen sich nicht so leicht einschüchtern – sie hatten sie aber trotzdem vertrieben, und dann hatten sie die Psi-Sperre um den ganzen Planeten gelegt!
Wahrscheinlichkeit fast hundert Prozent! Demnach habe ich mich also anfangs geirrt, urteilte mein Extrahirn.
Ich grinste kurz, denn es kam selten vor, dass mein zweites Ich einen Fehler so offen zugab. Zu weiterem Überlegen kam ich aber nicht, denn nun erschien Gentos wieder im Haus.
*
Die frische Luft draußen hatte dem Alten sichtlich gut getan, er wirkte wieder durchaus nüchtern. Nun goss ich mir ein zweites Glas ein, nahm einen großen Schluck und nickte ihm zu.
»Nachdem du nun deinen Garten neu gedüngt hast, können wir wohl ruhig weiterreden. Wie war das also mit den Krelquotten noch?«
»Es war einfach schrecklich, Atlan! Unsere Leute verloren die Kontrolle über ihre Mutantenfähigkeiten ganz, niemand traute sich noch, sie anzuwenden. Doch auch sonst schienen sie geistig nicht mehr intakt zu sein, die bewaffneten Konflikte gingen immer weiter. Wirklich schlimm wurde es jedoch erst, als plötzlich wie aus dem Nichts überall alle möglichen Phantome und Spukbilder erschienen. Ich konnte sie als solche erkennen, die Mutanten dagegen nicht. Sie kämpften tagelang gegen sie, feuerten wie wild um sich und zerstörten dabei fast die ganze Stadt.«
Er verstummte, trank hastig wieder fast ein ganzes Glas, und es arbeitete heftig in seinen Zügen. Während seines Alleinseins hatte er die Erinnerungen wohl weitgehend verdrängt, doch jetzt kamen sie wieder. Er tat mir ehrlich leid, doch ich musste noch mehr wissen, und so fragte ich: »Wie kommt es aber, dass alle Daila nun aus der Stadt verschwunden sind?«
»Die Krelquotten haben sie verschleppt!«, erklärte Gentos bitter. »Plötzlich tauchten sie überall in den Straßen auf, und irgendwie müssen sie die Leute gelähmt haben, sie konnten sich einfach nicht mehr bewegen. Dann verschwanden die Pelzwesen von einem Moment zum anderen wieder, und mit ihnen auch die Männer, Frauen und Kinder! Und so ging es immer weiter, obwohl sich die Leute verkrochen – sie wurden trotzdem aufgespürt, und Raybon wurde immer leerer ...«
Nun konnte er wirklich nicht mehr weiter, er sank in seinem Stuhl zusammen und begann leise zu schluchzen.
Ich ließ ihm Zeit, um sich wieder zu erholen, und inzwischen dachte ich scharf weiter nach.
So wie hier war es zweifellos überall auf Cirgro gewesen, die Krelquotten hatten bestimmt Tabula rasa gemacht. Mit anderen Worten, sie hatten nach und nach alle Daila entführt – aber weshalb wohl, und vor allem wohin ...?
Diese Frage stellte ich dem Alten, als er wieder ansprechbar war, aber er hob nur hilflos beide Hände.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, Atlan. Als ich erkannte, was da geschehen ist, habe ich mich natürlich auch versteckt und bin nur noch ins Freie gegangen, wenn ich es vor Hunger und Durst nicht mehr aushalten konnte. Meine Angehörigen waren schon in den ersten Tagen verschleppt worden, und seitdem war ich ganz allein. Wie allein, das merkte ich erst, als es dann nirgends mehr auch nur Anzeichen von Leben gab. Nicht nur die Daila waren verschwunden, sondern auch ihre Jäger, aber meine Furcht vor ihnen blieb. Als du dann nun so plötzlich erschienen bist ...«
Er vollendete den Satz nicht, aber das war auch gar nicht nötig. Ich konnte mich gut in seine Lage versetzen, und seine Reaktion auf mein Auftauchen war jetzt nur zu verständlich. Eins aber gab mir noch zu denken, und so erkundigte ich mich:
»Wie erklärst du es dir jedoch, dass die Krelquotten ausgerechnet dich nicht gefunden haben? Die anderen haben sich doch schließlich auch versteckt und sind trotzdem entführt worden! Den Pelzwesen mit ihren starken Psi-Gaben hätte es doch also leicht fallen müssen, dich ebenfalls aufzuspüren.«
»Ich weiß es nicht«, bekannte Gentos. »Natürlich habe ich viel darüber nachgedacht, bin aber zu keinem Ergebnis gekommen. Es könnte vielleicht daran liegen, dass ich ein ›Normaler‹ bin, in Bezug auf Psi-Gaben also vollkommen taub und blind, wie unsere Mutanten es nannten. Außerdem bin ich Vegetarier, und vielleicht wirkt sich dieser seltene Umstand irgendwie aus ...«
Er sprach noch weiter, aber ich hörte ihm nicht mehr zu, denn mich hatte ein scharfer Impuls meines Extrahirns erreicht.
Sofort zur STERNSCHNUPPE zurückkehren!, forderte es kategorisch. Dieser Alte ist nichts weiter als ein Köder der Krelquotten, und du bist auch prompt in ihre Falle getappt. Nein, frag mich jetzt nichts weiter – mach, dass du wieder ins Schiff kommst, schnell!
Das klang so alarmierend, dass ich es nicht ignorieren konnte, mein guter Geist hatte also wieder einmal schneller und weiter als ich gedacht.
Ich verabschiedete mich ziemlich überstürzt von Gentos und ließ ihn mit seinen Depressionen und dem restlichen Wein allein. Dann eilte ich aus dem Haus, spurtete hinüber zur Hauptstraße und warf mich in mein Vehikel.