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1.3 Subsidiaritätsvorschriften in SE-VO zugunsten des nationalen Rechts

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An verschiedenen Stellen ist in der SE-VO bestimmt, dass die Regelung der SE-VO zurücktritt, wenn der Sitzstaat für seine AG abweichende Regelungen getroffen hat. Für die Hauptversammlung gibt es Subsidiaritätsregelungen in Art. 54 Abs. 1, 57 und 59 Abs. 1 SE-VO.

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Gem. Art. 54 Abs. 1 S. 1 SE-VO muss die Hauptversammlung mindestens einmal im Kalenderjahr zusammentreten, sofern das Recht des Sitzstaats nicht häufigere Versammlungen vorsieht. Dies ist im deutschen Aktienrecht nicht vorgesehen; nach dem Aktiengesetz reicht es aus, einmal im Jahr eine Hauptversammlung durchzuführen. Im Gegensatz zu anderen Verweisungs- und Subsidiaritätsvorschriften spricht der Verordnungsgeber hier von Rechtsvorschriften für „Aktiengesellschaften, die dieselbe Art von Aktivitäten wie die SE betreiben“. Es wird also nicht pauschal auf das im Sitzstaat der SE für AG maßgebliche Recht verwiesen, sondern zusätzlich eine Art Identität des Unternehmensgegenstandes gefordert. Da das deutsche Aktienrecht aber nicht nach Art des Unternehmensgegenstandes differenziert, hat dieser Formulierungsunterschied für eine SE mit Sitz in Deutschland keine Relevanz.

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Art. 57 SE-VO bestimmt, dass Beschlüsse der Hauptversammlung mit der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen gefasst werden, sofern die SE-VO oder gegebenenfalls das im Sitzstaat der SE für AG maßgebliche Recht nicht eine größere Mehrheit vorschreibt. Abgesehen von der Satzungsänderung, deren Mehrheitserfordernisse auch bei der SE in Art. 59 SE-VO grundsätzlich davon abweichend geregelt sind, gibt es im deutschen Aktiengesetz eine Reihe von Vorschriften, die höhere Beschlussmehrheiten vorsehen. Zu unterscheiden ist hier zwischen dem Erfordernis einer qualifizierten Stimmenmehrheit (z.B. Abberufung der von der Hauptversammlung ohne Bindung an einen Wahlvorschlag gewählten Aufsichtsratsmitglieder, § 103 Abs. 1 S. 2 AktG, und Zustimmung der Hauptversammlung zu Maßnahmen der Geschäftsführung auf Verlangen des Vorstands, § 111 Abs. 4 S. 4 AktG) und dem einer besonderen Kapitalmehrheit, z.B. für die Erhöhung des Grundkapitals (§ 182 AktG) und den Abschluss von Unternehmensverträgen (§ 293 AktG), wobei jeweils eine Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals notwendig ist.[9]

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In Art. 59 Abs. 1 SE-VO ist geregelt, dass ein Beschluss zur Änderung der Satzung einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf, sofern die Rechtsvorschriften für AG im Sitzstaat der SE keine größere Mehrheit vorsehen oder zulassen. Dies ist im deutschen Aktienrecht der Fall, da § 179 Abs. 2 S. 1 AktG eine Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals vorsieht. Allerdings erlaubt § 179 Abs. 2 S. 2 AktG eine davon abweichende Satzungsbestimmung. Aufgrund der Regelungen in Art. 59 Abs. 2 SE-VO i.V.m. § 51 SEAG ist dies auch für die SE zulässig, jedoch für eine Änderung des Gegenstands des Unternehmens nur eine größere Kapitalmehrheit.[10] Nach überwiegender Auffassung kann die SE-Satzung entsprechend § 179 Abs. 1 S. 2 AktG auch vorsehen, dass der Aufsichtsrat Satzungsänderungen vornehmen darf, welche nur die Fassung betreffen.[11]

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