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1.4 Gläubigerschutz

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Durch die Herabsetzung des Grundkapitals steht den Gläubigern der Gesellschaft ggf. eine geringere Haftungsmasse zur Verfügung, auf die sie im Insolvenzfall zugreifen können. Das Aktiengesetz enthält daher für den Fall der Kapitalherabsetzung einige Regelungen zum Schutz der Gläubiger:

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Gem. § 225 AktG haben die Gläubiger der Gesellschaft einen Anspruch auf Sicherheitsleistung wegen Forderungen, die gegen die Gesellschaft begründet wurden, bevor die Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses bekannt gemacht worden ist. Die Forderungen können schuldrechtliche Ansprüche jeder Art sein, die aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage entstanden sind.[35] Nicht erforderlich ist, dass sich die Forderung auf eine Geldzahlung oder die Übereignung einer Sache bezieht.[36] Der Wortlaut des § 225 Abs. 1 AktG („Forderungen“) indiziert, dass dingliche Rechte und die zu ihrer Sicherung bestehenden Ansprüche (§§ 985, 1004 BGB) nicht von § 225 AktG erfasst sind.[37]

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Die Forderung muss vor der Bekanntgabe der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses begründet worden sein. Der Stichtag bestimmt sich nach § 10 HGB.[38] Die Forderung ist begründet bei Setzung des Rechtsgrundes, d.h. regelmäßig bei Vertragsschluss.[39] Nicht erforderlich ist die Fälligkeit der Forderung. Sie kann auflösend bedingt oder aufschiebend bedingt sein, jedenfalls solange der Bedingungseintritt nicht ungewiss ist und deshalb ein anerkennenswertes Schutzbedürfnis besteht.[40] Soweit Dauerschuldverhältnisse betroffen sind, gelten die vorstehenden Grundsätze.[41] Abzustellen ist insoweit auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und nicht auf die Fälligkeit von Einzelansprüchen. Letztere müssen jedoch hinreichend konkretisiert sein, wie dies etwa bei wiederkehrenden Abschlagszahlungen der Fall ist. Die Höhe der Sicherheitsleistung bestimmt sich bei Dauerschuldverhältnissen nach dem konkreten Sicherungsinteresse des jeweiligen Gläubigers.[42] Für die Höhe der zu sichernden Forderungen ist insoweit nach § 160 HGB auf einen maximalen Zeitraum von fünf Jahren abzustellen.[43] Auch bestrittene Forderungen müssen gesichert werden, allerdings nur, wenn sie nicht offensichtlich unbegründet sind.[44] Gem. § 225 Abs. 1 S. 1 AktG müssen sich die Gläubiger innerhalb von sechs Monaten seit der Bekanntmachung der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses melden, um die Sicherheitsleistung zu erlangen.

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Soweit die Gläubiger Erfüllung verlangen können, ist der Anspruch auf Sicherheitsleistung ausgeschlossen (§ 225 Abs. 1 S. 1 AktG). Wird die Forderung während der sechsmonatigen Ausschlussfrist fällig, hat der Gläubiger bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit einen Anspruch auf Sicherheitsleistung, danach entfällt dieser.[45] Wird der Anspruch hingegen fällig, nachdem die Sicherheit geleistet worden ist, so entfällt damit nicht auch gleichzeitig der Rechtsgrund für die Sicherheitsleistung.[46]

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Ein weiteres Schutzrecht der Gläubiger ist das Auszahlungsverbot gem. § 225 Abs. 2 AktG. Danach dürfen Zahlungen der Gesellschaft an ihre Aktionäre erst nach Ablauf des Sperrhalbjahres und nicht vor der vollen Befriedigung oder Sicherung der Gläubiger erfolgen, die sich rechtzeitig bei der Gesellschaft gemeldet haben. Das Auszahlungsverbot betrifft sämtliche Zahlungen an die Aktionäre wie z.B. Dividendenzahlungen und die unmittelbare Rückzahlung von Grundkapital.[47] Zulässig sind lediglich Zahlungen, die auch ohne die Kapitalherabsetzung möglich gewesen wären.[48] Verstöße gegen das Auszahlungsverbot haben zur Folge, dass die Aktionäre die empfangene Leistung der Gesellschaft gem. § 62 AktG zurückzugewähren haben. Daneben besteht eine Schadensersatzhaftung von Vorstand und Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschaft nach §§ 93, 116 AktG und gegenüber den Gläubigern nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 225 AktG.

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Neben dem Zahlungsverbot besteht während der sechsmonatigen Sperrfrist auch eine Regelung, welche eine Befreiung von Aktionären von Einlageverbindlichkeiten untersagt, § 225 Abs. 2 S. 2 AktG. Die Gesellschaft darf demzufolge Aktionäre während dieser Frist nicht mittels eines Erlassvertrages oder durch Verzicht von ihrer Einlagepflicht befreien. Anders als bei § 225 Abs. 2 S. 1 AktG führt ein Verstoß gegen die Norm jedoch lediglich dazu, dass ein abgeschlossener Erlassvertrag bis zum Ablauf der Frist schwebend unwirksam ist.[49]

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