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a) Philon von Alexandria (ca. 20 v. Chr. – 45 n. Chr.)

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Diaspora–Judentum

Nach der Eroberung Jerusalems und der Zerstörung des Tempels 587 v. Chr. wurde die Oberschicht der jüdischen Bevölkerung nach Babylon deportiert. Vor allem während dieser „Babylonischen Gefangenschaft“ entstanden zahlreiche jüdische Gemeinden in der „Diaspora“ („Zerstreuung“). Deren bedeutendste, an Einwohnerzahl Jerusalem weit überlegene Gemeinde bildete sich in Alexandria. Im Vergleich zu der übrigen, multiethnischen Bevölkerung Alexandrias genoß ein großer Teil der Juden hier ein hohes soziales Ansehen, politisch als Kommunalverband mit relativer Autonomie privilegiert.

Tora

Die wichtigste Kraft für die Erhaltung der Identität in den jüdischen Diasporagemeinden war die Tora, die im „Pentateuch“, den fünf Büchern Mose, enthaltene(n) Weisung(en) Gottes für sein Volk.

Septuaginta

In Alexandria entstand bereits um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. mit der Übertragung der Tora ins Griechische der erste Teil der „Septuaginta“, der bedeutendsten griechischen Übersetzung der hebräischen Bibel.

Auf diesem Hintergrund ist die große Leistung Philons von Alexandria als „erstem Fundamentaltheologen“ zu würdigen. Israel galt in der hellenistischen Welt als ein ständig um seine eigene Achse kreisendes Völkchen, das darauf pochte, eine über alles andere erhabene, aber alle Völker angehende göttliche Offenbarung in einer Sprache empfangen zu haben, die jedem gebildeten Nichtjuden als „barbarisch“ vorkam. Philon fühlte sich verpflichtet, den Nachweis für die universale Verbindlichkeit der Tora vor der gesamten Völkergemeinschaft auf einem von jedem philosophisch Gebildeten nachvollziehbaren Niveau zu erbringen.

Hier kam Philon der damalige Stand hellenistischer Philosophie gelegen. Bereits kurz vor Beginn unserer Zeitrechnung war über die Zusammenführung zentraler Gedanken platonischer und stoischer Philosophie eine im Grunde eklektizistische Denkrichtung entstanden, die man behelfsweise als „Mittelplatonismus“ bezeichnet. De facto hat dieser im dritten Jahrhundert durch Plotins Neuplatonismus systematisch überwundene philosophische Zwitter nicht nur Philon, sondern vor allem der christlichen Theologie wertvolle Hilfe für die rationale Durchdringung ihres Offenbarungsglaubens geleistet. Von besonderem Gewicht waren dabei zwei Schritte:

„Schöpfungslehre“ des Timaios

1) Im „Timaios“, dem von der Antike bis zur Gegenwart am meisten diskutierten Dialog Platons, ist von „dem Gott“ bzw. dem göttlichen „Werkmeister“ („Demiurg“) die Rede, der im Hinblicken auf die unwandelbaren Ideen, d. h. hier die reinen geometrischen Strukturen, die Welt bildet. Dabei bleibt unklar, wer oder was dieser „gute Gott“ ist, und in welcher Relation er zu den ewigen Urbildern seines Werkes steht. Im Mittleren Platonismus versteht man diesen Gott als absolute Einheit und die ewigen Ideen als seine Gedanken.

„Logos“ als Grundbegriff von Denken und Sein

2) Möglicherweise schon vor Philon wurden diese „Gedanken Gottes in Gott“ als ein untergeordnetes, für das Wirken Gottes in der Welt zuständiges göttliches Prinzip mit dem der Stoa entlehnten Begriff „Logos“ bezeichnet. Damit drang ein Platon völlig fremdes Element in „sein Denken“ ein, das „die Philosophie Platons“ aber gerade dadurch Philon und mehr noch den frühen christlichen Theologen als besonders geeignet für ihre eigene Reflexion erscheinen ließ. Heraklit von Ephesus (ca. 544–483) hatte den Terminus „Logos“ erstmals zu einem philosophischen Grundbegriff geprägt. Im Anschluß an ihn bezeichneten die Stoiker damit die universale göttliche Ordnungskraft, die der Welt ihr Gesetz gab und der Vernunft die Fähigkeit verlieh, diese Gesetzlichkeit in der Natur und den zwischenmenschlichen Verhältnissen auf dem Wege sorgfältiger empirischer Forschung zu erkennen. Sich dieser natürlichen Ordnung entsprechend zu verhalten, war für die Stoa der Inbegriff guten, sittlichen Lebens. Sah man von der nicht-dualistischen, ganz auf das „Diesseits“ bezogenen Grundbedeutung des Logos-Begriffs in der Stoa ab, so bot seine Verbindung von kosmischer und sittlicher Ordnung die Möglichkeit, den – gemäß der „5 Bücher Mose“ Schöpfung, Geschichte und Gesetz umfassenden – Begriff „Tora“ nichtjüdischen Lesern näherzubringen.

Die Tora schon in der Schöpfungsordnung

Philon zufolge liegt das „Gesetz Gottes“ aufgrund der Tätigkeit des Logos schon von jeher, vor jedem „Bundesschluß“, der Schöpfungsordnung zugrunde. Er findet es aber auch bereits in der Zeit der Patriarchen am Werke. Das Verhalten Abrahams bei dem Besuch der drei Männer bei den Eichen von Mamre (Gen 18) beweise zum einen seine Tugend der Gastfreundschaft, vor allem aber seine überragende Gotteserkenntnis: Indem er die „drei“ Besucher mit „Du“ anredet, sei klar, daß er die beiden Grundbegriffe für Gott – den philosophischen Begriff „des Einen“ und den biblischen Begriff „des Seienden“ (nach der griechischen Übersetzung von Ex 3,14) – in eins zu schauen vermag.

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