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b) Die Apologie(n) Justins (ca. 150 n. Chr.)

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Philons Bemühungen um die philosophisch-rationale Vermittlung des Glaubens Israels im kulturellen Zentrum des Römischen Imperiums seiner Zeit hatte vor allem aus politischen Gründen im jüdischen Denken selbst keine Resonanz. Nach der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 n. Chr. und der Vertreibung der Juden aus Jerusalem (135) gab es überhaupt nur noch ein „Diaspora-Judentum“, das über das je tiefere Verstehen seiner ureigenen Tradition die ursprüngliche Kraft seines Glaubens über die Jahrhunderte hinweg lebendig erhielt.

Römisches Recht als Chance für das christliche Denken

Aufgrund dieser politischen Entwicklung konnte sich das Christentum nun leichter von dem Verdacht befreien, eine bloße Sekte des „aufrührerischen Judenvolkes“ zu sein. Es selbst galt zwar als eine „unzulässige“ Religion, weil Christinnen und Christen sich weigerten, an dem allgemeinen Staatskult teilzunehmen. Unter von stoischem Denken bestimmten Kaisern durften sie aber vor allem um die Mitte des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts nur dann – und zwar ausschließlich in einem formellen Gerichtsverfahren – verurteilt werden, wenn ihnen Vergehen gegen die staatlichen Gesetze nachgewiesen werden konnten.

Der Logos auch über dem Kaiser

Die Gunst der Stunde nutzte Justin, „Philosoph und Märtyrer“, in seiner an Kaiser Antoninus Pius (138–161) gerichteten „Apologie“ (bzw., der Überlieferung nach, seinen beiden „Apologien“). Sich auf die Selbstbezeichnung der Kaiser als „Gottesfürchtige und Philosophen (eusebeis kai philosophoi)“ beziehend, erinnert er sie, daß sie damit derselben höchstrichterlichen Instanz wie die Christen unterstehen. Wenn die Christen ihr Leben und ihre Lehren als dem Logos entsprechend nachwiesen, so müßten auch sie sich in ihrem Spruch als dem Logos gehorchende Richter erweisen. Sonst stünden sie in Zukunft vor Gott unentschuldbar (an-apo-logetoi) da (vgl. Apol. I 3,4–5).

Apologie als Ruf nach Recht

Zentrale Voraussetzung für die von Justin vorgetragene Apologie ist, daß der Logos eine universale Verständnis- und Verständigungskraft verleiht (vgl. auch Apol. I 28,3). Implizit enthält seine Rede ein Kompliment. Wohl nur wenige Machthaber sonst haben sich eine solche „Verteidigungsrede“ gefallen lassen, wie Justin sie in seinem „offenen Brief“ an die Kaiser vortrug – im Vertrauen darauf, daß bei der Gesetzgebung wie in der Rechtsprechung weder der blanke Positivismus noch ein aus dem Ruder gelaufener Pluralismus herrschte. Die Frage nach universal verpflichtenden Forderungen des Logos hatte in dieser kurzen Zeitspanne des Römischen Imperiums offenbar auch in staatsrechtlichen Dingen Gewicht. Wenigstens ansatzweise war Philosophie hier zu so etwas wie einer „dritten Gewalt“ geworden im Kräftespiel zwischen religiösem Anspruch und staatlicher Macht.

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