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Vorwort

Eine Einführung in die Fundamentaltheologie zu schreiben ist heute kein leichtes Unterfangen. Noch immer stößt man auf die abwegige Vorstellung, in dieser Disziplin gehe es wohl um die Verteidigung eines religiösen Fundamentalismus. Leider vermag die Fundamentaltheologie in ihrer derzeitigen Verfassung aber nur wenig zur Klärung ihrer wirklichen Ziele beizutragen. Wie konnte es dazu kommen?

Was die katholische Theologie angeht, gab es schon um die Wende zum 20. Jahrhundert herausragende Versuche, der Kirche den längst fälligen Anschluß an die neuzeitliche Wissenschaft zu erleichtern. Über all dies legte sich jahrzehntelang ein lehramtlich verordnetes Schweigen. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begannen die alten Bastionen zu bröckeln – vor allem dank der Umsicht von Theologen wie Karl Rahner und Hans Urs von Balthasar, die in ihren Neuansätzen zugleich ein reiches kirchliches Erbe zu Wort brachten. In hartem Ringen setzte das Zweite Vatikanische Konzil schließlich wichtige Wegmarken für eine Vermittlung zwischen dem Wahren der Tradition und der Wahrnehmung der „Zeichen der Zeit“.

Statt dieser Vermittlung kam es zu einer sich schnell verschärfenden Polarisierung. „Pioniere einer weltoffenen Kirche“ und „Hüter der wahren christlichen Lehre“ standen sich nicht zuletzt in der Fundamentaltheologie gegenüber. Sieht man von den inhaltlichen Fragen ab, so sind es vor allem zwei methodische Probleme, die in der Diskussion zutage traten und bis heute keine zufriedenstellende Lösung gefunden haben.

(1) Nie zuvor wurde in der Theologie die Geschichtlichkeit des Denkens ernsthaft bedacht, die seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts ins Zentrum der Philosophie rückte. Die Seinsfrage des späten Heidegger, der wirkungsgeschichtliche Ansatz Gadamers, die Hermeneutik Ricœurs, die von Wittgenstein geprägte Philosophie der Alltagssprache, schließlich der Poststrukturalismus und die neue Wertschätzung Nietzsches und Freuds: sie alle führen zu dem Ergebnis, daß nicht nur das glaubende Subjekt das Wort Gottes unausweichlich durch das Prisma säkularer Einflüsse gebrochen aufnimmt. Auch das Sprechen der Kirche selbst vermittelt mit dem Wort Gottes zugleich Vorstellungen vom Menschen und seiner Welt, die einer „ideologiekritischen“ Überprüfung bedürfen. Wie kann dann überhaupt ein Glaube rational verantwortet werden, der behauptet, Gott habe sich selbst in der Geschichte letztgültig mitgeteilt? Die Fundamentaltheologie ist damit heute vor die Aufgabe gestellt, philosophisch die Offenheit der Vernunft auf einen geschichtlich begegnenden unbedingten Anspruch zu sichern und gleichzeitig dem hermeneutisch orientierten Philosophieren gerecht zu werden.

(2) Karl Barth und Rudolf Bultmann hatten mit ihrem Nein zur „Rückfrage nach dem historischen Jesus“ eine Verantwortlichkeit des Glaubens vor der historischen Wissenschaft generell zurückgewiesen. Ebenfalls seit der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde diese Rückfrage unter neuen Vorzeichen wieder aufgenommen: Wenn sich historisch keine Kontinuität zwischen dem „verkündigten Christus“ und der Verkündigung Jesu aufweisen läßt, verliert die kirchliche Botschaft außerhalb des Binnenraums eines blinden Glaubens jede Relevanz. Dieser Neuansatz wurde bald im protestantischen wie katholischen Raum als wesentlich für die inhaltliche Bestimmung des Glaubens aufgenommen. Insofern die Theologie die bei dieser Suche nach dem wirklichen Jesus der Geschichte angewandten Methoden nicht hinterfragte, geriet sie aber in die schon von Lessing aufgezeigte Sackgasse: Wie will man eine Vermittlung zwischen der Unbedingtheit des Glaubens und historischen Argumenten zuwege bringen, die nie über einen bestimmten Grad von Wahrscheinlichkeit hinauskommen? Die Fundamentaltheologie muß sich bemühen, einen adäquaten Begriff historischer Kritik zu entwickeln, der eine wissenschaftliche Verantwortung der Unbedingtheit des christlichen Glaubens ermöglicht.

Die hier vorgelegte „Einführung“ zielt vor allem auf eine Klärung der beiden genannten methodischen Probleme. Im ersten Teil werden Begriff und Herkunft der Fundamentaltheologie als „apo-logia“, als Verantwortung des Glaubens vor einer für alle Menschen verbindlichen Vernunft, umrissen. Der zweite Teil führt vom Beginn des schon zweitausendjährigen Weges rationaler Glaubensverantwortung bei dem jüdischen Philosophen Philon über Hauptstationen im Christentum und Islam bis zur Revolution des abendländischen Denkens bei Levinas – mit einem Seitenblick auf Derrida. Auf diesem Hintergrund werden im dritten Teil fundamentaltheologisch zentrale Fragen des Glaubens und an den Glauben angegangen. Das soll zum Bedenken von Fragen ermutigen, denen niemand ohne Verlust seiner Integrität auszuweichen vermag.

Mein Dank gebührt an erster Stelle Herrn Dr. Bernd Villhauer, dem Lektor der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft. Er hat über das übliche Maß hinaus das Werden dieses Buchs mit Kompetenz und persönlichem Engagement begleitet. Meiner Frau Ingrid danke ich für die kritische Durchsicht des gesamten Manuskripts und manche hilfreiche Anregungen. Herr Gunnar Anger und Frau Angela Haury haben mit großer Sorgfalt mein vorläufiges Literaturverzeichnis gründlich überarbeitet und ergänzt. Meinem Nachfolger auf dem Freiburger Lehrstuhl für Fundamentaltheologie, Herrn Professor Magnus Striet, bin ich dankbar, daß er diese wichtige Unterstützung ermöglicht hat. Der lebendige Gedankenaustausch, der weiterhin zwischen Freiburg und meinen Münsteraner „Mitstreitern“, Thomas Pröpper und Klaus Müller, besteht, hat auch in diesem Buch seinen Niederschlag gefunden.

Merzhausen bei Freiburg, den 6. August 2008

Hansjürgen Verweyen

Einführung in die Fundamentaltheologie

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