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II. Eigentum

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Der absoluten Natur des Eigentums entsprechend ist das Recht, insbesondere verfassungsrechtlich durch Art. 14 GG, umfassend geschützt: Enteignung ist nur auf Grund eines Gesetzes zulässig; sie löst ebenso wie enteignungsgleiche und enteignende Eingriffe (Rn 55 ff) unter bestimmten Voraussetzungen Entschädigungsansprüche aus, vorher muss jedoch feststehen, dass die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen eines hoheitlichen Eingriffs in das Eigentum gegeben waren. Als Grundlage bedarf es stets einer Abwägung zwischen entschädigungsloser Sozialbindung des Eigentums, die insbesondere aus der Situationsgebundenheit des Grundstücks folgt, und dem Eigentumsschutz; hieraus folgt ein durch die Rechtsprechung zu konkretisierendes Spannungsverhältnis.

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Gegen widerrechtliche Beeinträchtigungen hat der Eigentümer Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gegen den Störer, § 1004. Typisch dabei ist, dass es nicht auf das Verschulden, sondern nur auf die objektive Widerrechtlichkeit der Störung ankommt. Störer ist der, auf dessen Willen der beeinträchtigende Zustand zurückgeht oder von dessen Willen die Beseitigung abhängt, vgl. Rn 63.

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Die Lage von Grundstücken im nachbarlichen Raum löst Pflichten zur Duldung unwesentlicher und ortsüblicher Beeinträchtigungen aus, falls der Störer die Beeinträchtigungen nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindern oder mindern kann, § 906. Ortsüblich ist die Beeinträchtigung, wenn das beeinträchtigende Grundstück raumentsprechend genutzt wird. Der Maßstab wechselt mit der Entwicklung des Raumes; eine Berufung auf die Priorität der Nutzungsart macht diese allein nicht ortsüblich. Für ortsübliche, aber unzumutbare Beeinträchtigungen hat der Störer dem Beeinträchtigten einen Ausgleich zu zahlen, § 906 Abs. 2 S. 2; diese Regelung wird entsprechend angewendet, wenn der Beeinträchtigte eine rechtswidrige Störung aus tatsächlichen Gründen nicht verhindern oder beseitigen kann (Rn 90). Gegenüber gewerbepolizeilich genehmigten Betrieben gibt es überhaupt keinen Unterlassungsanspruch, wohl aber muss der Betriebsinhaber zumutbare Schutzmaßnahmen ergreifen und Entschädigung für die über das ortsübliche Maß hinausgehende Beeinträchtigung leisten, § 14 BImSchG. Gegenüber Beeinträchtigungen, die von Grundstücken ausgehen, die von juristischen Personen öffentlichen Rechts im öffentlichen Interesse genutzt werden, gibt es keinen Unterlassungsanspruch, auch hierfür ist der Eigentümer in besonderen Fällen zu entschädigen (Aufopferungsgedanke).

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Auf wirtschaftlichen Erwägungen und auf einer Anerkennung des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses beruht die Pflicht des Nachbarn, einen Überbau zu dulden (§§ 912 ff), allerdings gegen eine Entschädigung, die sich nach dem Verkehrswert der überbauten Fläche bestimmt[3]. Vorausgesetzt ist, dass der Bauende nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig die Grenze überschritten und der Nachbar nicht sofort widersprochen hat. Der die Grenze überschreitende Teil des Gebäudes ist Bestandteil des Grundstücks, von dem aus überbaut worden ist; das bestimmt auch die Eigentumsverhältnisse.

Wenn die Voraussetzungen der Duldungspflicht nicht vorliegen, hat der Eigentümer des überbauten Grundstücks einen Beseitigungsanspruch aus § 1004. Wenn aber der Abriss des Gebäudes den Überbauenden zu untragbaren Aufwendungen zwingen würde und das Stehenbleiben des Gebäudes den Eigentümer des überbauten Grundstücks nicht besonders beeinträchtigt, hielt der BGH[4] die Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs für rechtsmissbräuchlich. Das Notwegrecht der §§ 917, 918 soll eine vernünftige Ausnutzung der Grundstücke ermöglichen. Diese Einrichtung tritt neben die auf einer vertraglichen Grundlage beruhende Benutzungsmöglichkeit eines fremden Grundstücks auf Grund von Dienstbarkeiten (Rn 529). Eine gewisse Bedeutung im Hinblick auf die Sicherung des Rechtsfriedens kommt auch den gesetzlichen Regelungen der Grenzverhältnisse zu. In städtischen Siedlungsverhältnissen spielen die Eigentumsverhältnisse und die Benutzungsrechte bezüglich der Grenzanlagen bei einer Mauer (§ 921) eine nicht unerhebliche Rolle. Ein auf der Grenze zwischen zwei Grundstücken stehender Baum, der nach der Rechtsprechung beiden Grundstückseigentümern in der Weise geteilt zusteht, dass jedem der auf seinem Grundstück befindliche Teil gehört, löst Verkehrssicherungspflichten beider Eigentümer aus, die etwa beim Umstürzen des „Grenzbaums“ auf eines der Grundstücke Schadensersatzansprüche gegen beide Eigentümer begründen können.

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Letztlich aus § 242 abgeleitet, aber auch auf anderen positiv-rechtlichen Vorschriften über Duldung und Zumutbarkeit in nachbarschaftlichen Verhältnissen beruhend, ist von der Rechtsprechung das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis entwickelt worden. Daraus können sich Pflichten und korrespondierende Ansprüche besonders dann ergeben, wenn die zT recht kasuistisch gefassten Bestimmungen des gesetzlichen Eigentums- und Besitzschutzes, aber auch der Duldungspflichten im Einzelfall nicht als ausreichend erscheinen. So kann ein Grundstücks- und Gebäudeeigentümer verpflichtet sein, an sich zulässige bauliche Anlagen an seinem Gebäude oder Gebäudeteil nur in einer die Belange des anderen Teil-Eigentümers schonenden Weise durchzuführen[5].

Allerdings ist davor zu warnen, die genau abgewogenen Lösungen der §§ 903 ff, insbesondere auch der Duldungspflichten und Entschädigungsansprüche, durch das gesetzlich nicht geregelte Institut zu verdrängen.

Teil I Eigentum und Besitz§ 4 Ergänzende Zusammenfassung der Darstellung des Besitz- und Eigentumsrechts › III. Besitzrecht

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