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3. Übergabeersatz gem. § 930

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Eine Übergabeform, bei der die Sache bleibt, wo sie ist, ist die des § 930.

An die Stelle der Übergabe des unmittelbaren Besitzes tritt eine Einigung darüber, dass der Veräußerer als Besitzmittler des Erwerbers besitzen will; der Eigenbesitz des Veräußerers wird damit zum Fremdbesitz (zu den Begriffen Rn 35). Das hängt damit zusammen, dass das BGB den unmittelbaren und den mittelbaren Besitz weitgehend gleich bewertet (s. bereits Rn 32): Der Verschaffung des unmittelbaren Besitzes des Erwerbers stellt es die des mittelbaren Besitzes für die Eigentumsübertragung gleich. Die Besonderheit betrifft lediglich die Übergabe, die Einigung über den Eigentumsübergang ist die gem. § 929. Das Traditionsprinzip wird durchbrochen, denn die Publizitätsfunktion des mittelbaren Besitzes ist nur gering. Allerdings stehen dann bei der Übereignung nach § 930 zwei Einigungen nebeneinander, nämlich die über den Eigentumsübergang und die über die Schaffung des Besitzmittlungsverhältnisses, die freilich oft in einem Akt zusammenfallen. So kann bei Kauf einer Ware, die der Käufer sofort bezahlt und der Verkäufer für den Käufer aufzubewahren verspricht, Einigung und Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses uno actu geschehen sein. Allerdings muss das Besitzmittlungsverhältnis den in § 868 aufgestellten Anforderungen (Rn 32, 34) entsprechen. Dem müssen besonders die Vereinbarungen über eine Sicherungsübereignung genügen (dazu Rn 171). Aber auch sonst kann manchmal angenommen werden, dass der Veräußerer hinfort für den Erwerber den Besitz ausüben will. Die Konstruktion hat den Vorteil, dass der Veräußerer bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Sicherungszweck erfüllt ist, die Sache weiter nutzen kann und das Eigentum danach durch bloße Einigung zurückerhalten kann, wenn nicht die Übereignung unter der auflösenden Bedingung der Erledigung der gesicherten Forderung stand (Rn 173).

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In einem hier schon erwähnten Fall[33] ging es um die Veräußerung von Hausratsgegenständen durch einen (offensichtlich einen Zugriff seiner Gläubiger fürchtenden) Ehemann an seine Frau. Die Eheleute hatten den von ihnen gewollten Eigentumsübergang nicht in irgendeiner Weise kenntlich gemacht (was bei Zusammenleben in einem Haushalt auch nicht gut erwartet werden kann). Daher konnte man eine Übergabe iSd § 929 nicht annehmen. Der BGH hielt es aber für möglich, dass der Ehemann im Rahmen des bestehenden Mitbesitzes (§ 866) betreffend alle Hausratsgegenstände seine besitzrechtliche Position hinfort im Rahmen eines vereinbarten Besitzmittlungsverhältnisses (§ 868) für seine Frau halten wollte, sodass diese, wie § 930 ausreichen lässt, mittelbare Besitzerin wurde[34]. Dies wäre eine Lösung auch im Fall 8 gewesen.

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Wie auch hieran deutlich wird, kommt § 930 auch für den Verlautbarungstatbestand bei Veräußerung unter Familienangehörigen in Betracht[35], obwohl hier Schwierigkeiten mit der Konkretheit des Besitzmittlungsverhältnisses (Rn 34) auftreten können. Wenn Eheleute gemeinsam einen einem Ehegatten allein gehörigen Hausratsgegenstand nutzen, so ist der Eigentümer unmittelbar Eigen-Mitbesitzer, der andere Ehegatte einerseits unmittelbarer Mitbesitzer, andererseits Besitzmittler für den Eigentümer. Denn die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 S. 2) umfasst, sich gegenseitig die Benutzung der ehelichen Wohnung und der Hausratsgegenstände zu gestatten, wobei auffällt, dass hier ein gesetzlich normiertes Rechtsverhältnis als Besitzmittlungsverhältnis fungiert. Der Eigentümer ist dann auch noch mittelbarer Eigenbesitzer iS des § 868[36]. Diese nicht leicht zu durchschauenden Besitzverhältnisse können nach einer Einigung über den Eigentumswechsel unter den Eheleuten unter Anwendung des § 930 und des § 929 S. 2 (dazu sogleich Rn 149) verändert werden. Auch die aus dem Eltern-Kind-Verhältnis entspringende Pflicht der Eltern zur Vermögenssorge für das Kind kann ein Besitzmittlungsverhältnis darstellen, sodass der BGH[37] eine Schenkung von Hausratsgegenständen der Eltern an ihr im Hausstand lebendes (minderjähriges) Kind ohne Vereinbarung eines besonderen Besitzmittlungsverhältnisses als gültig vollzogen anerkannt hat; auch hierbei dürfte es eine Rolle gespielt haben, dass ein Zugriff der Gläubiger der Eltern auf die Gegenstände verhindert werden sollte, was Bedenken unter dem Gesichtspunkt der „Konkursschiebung“ auslöst.

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Gewöhnlich beruht das Besitzmittlungsverhältnis auf einer besonderen Vereinbarung, woran es nichts ändert, dass entscheidend der effektive Wille desjenigen ist, der die tatsächliche Gewalt innehat, die Sache für den anderen zu besitzen[38]. Demgemäß wird die Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses oft nur als rechtsgeschäftsähnliche Handlung verstanden, während das zugrundeliegende Verhältnis, also etwa die Darlehensforderung, die durch eine Sicherungsübereignung gesichert werden soll, oder der Kaufvertrag, der durch diese Art der Übereignung erfüllt werden soll, schon rechtsgeschäftlicher Natur ist[39]. Jedenfalls kann aber das Besitzmittlungsverhältnis unabhängig von der Gültigkeit des Grundverhältnisses durch Änderung der tatsächlichen Willensrichtung des Besitzers beendet werden, was ihn schadenersatzpflichtig machen kann, aber einen einmal erfolgten Eigentumsübergang nicht rückgängig macht[40]. Das wird nicht beeinflusst durch den Grad der Konkretheit der von den Beteiligten vereinbarten auf die Sache bezogenen Rechte und Pflichten, obwohl die verbreitete Annahme, ein rein abstraktes, lediglich den Willen zur Besitzvermittlung zeigendes Verhalten reiche (für § 868 und damit für § 930) nicht aus[41], die Praxis etwa der Sicherungsübereignung nicht gehindert hat, auch Vertragsbestimmungen über den Inhalt des – etwa als Verwahrung oder Miete – bezeichneten Besitzkonstituts genügen zu lassen, die nicht wörtlich und ernsthaft im Sinne des in Bezug genommenen Schuldverhältnisses gemeint sind (näher Rn 177). Dazu passt, dass ein Besitzmittlungsverhältnis auch begründet werden kann, bevor der Veräußerer überhaupt die Sache erworben hat, die danach aber von der getroffenen Abrede über die Besitzverhältnisse erfasst wird (vorweggenommenes oder antizipiertes Besitzkonstitut, näher Rn 124, 137).

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