Читать книгу Alles wird gut ... - Heidi Dahlsen - Страница 14
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ОглавлениеAm Abend erzählt Jutta ihrer Tochter, dass sie am nächsten Tag in einer Werbeagentur einen Vorstellungstermin hat.
„Es wäre doch schön, wenn ich gleich um die Ecke arbeiten könnte. Dann kannst du schnell mal vorbeikommen, wenn du ein Problemchen hast.“
„Dann drücke ich dir noch einmal die Daumen. Das erste Mal hat es ja nicht viel geholfen“, sagt Jenny.
„Das ist lieb von dir. Es kann aber auch sein, dass ich Olli nur helfen muss, seine Agentur zu schließen. Er hat große Probleme mit seinem Partner. Es steht also alles noch in den Sternen.“
„Irgendwann wirst du ja auch mal Glück haben“, sagt Jenny.
Voller Erwartungen auf den nächsten Tag gehen beide bald darauf schlafen.
Am nächsten Morgen betritt Jutta pünktlich neun Uhr die Werbeagentur Wagner/Rudolph.
Die Empfangsdame kommt aufgeregt auf sie zu.
„Sind Sie Frau Seidel?“
Als Jutta nickt, sagt sie erleichtert: „Gott sei Dank. Herr Wagner erwartet sie schon.“
„Ich bin doch pünktlich.“
Jutta blickt erschrocken auf ihre Uhr. Sie vermutet, die Frau würde denken, dass sie bereits am ersten Tag zu spät kommt.
„Oh nein. Das meine ich nicht. Herr Wagner hat uns viel von ihnen erzählt. Wir hoffen doch alle, dass Sie uns helfen können.“
Sie öffnet Ollis Büro und schiebt Jutta mit den Worten hinein: „Herr Wagner, Frau Seidel ist jetzt da.“
Olli springt gleich auf und streckt ihr seine Hand entgegen.
„Jutta, komm rein und setz dich. Ich habe mir das so gedacht. Da Tom kaum noch erscheint, könntest du an seinem Schreibtisch arbeiten. Im Computer findest du alles, was du wissen musst. Es wäre schön, wenn du auch einen Teil seiner Kunden übernehmen könntest. Guck dir einfach alles an und wenn du Fragen hast, kannst du hier jeden fragen. Niemand ist böse darüber, dass du da bist – im Gegenteil. Falls du dich entscheidest, hier nichts retten zu wollen, das würde ich dir nicht übelnehmen – ich wäre nur enttäuscht. Vielleicht kommst du aber doch zu der Überzeugung, das sinkende Schiff in den Hafen schleppen zu können. Dann bekommst du in den nächsten Tagen deinen Vertrag. Bist du damit einverstanden?“
„Das ist eine klare Ansage“, sagt Jutta.
„Komm, ich stelle dir die Mitarbeiter vor. Am Empfang, das ist Frau Wiehmer. Die hast du ja schon kurz gesehen.“
Frau Wiehmer ist ungefähr Mitte fünfzig und hofft wahrscheinlich, mit besonders viel Freundlichkeit Jutta zum Bleiben zu bewegen, denn sie strahlt sie ununterbrochen an. Jutta kann das gut verstehen, denn sie weiß, dass die ältere Frau noch größere Schwierigkeiten als sie selbst haben wird, einen neuen Job zu finden.
In dem angrenzenden Büro sitzt ein junges Mädchen, das hochsieht, sowie sich die Tür öffnet.
„Das ist unsere jüngste Mitarbeiterin, Fräulein Krause“, stellt Olli sie vor.
„Ich bin Jutta Seidel.“
„Schön, dass sie da sind. Sie können mich ruhig Grit nennen“, sagt Fräulein Krause.
Aus dem Nebenzimmer kommt ein Mann, der höchstens vierzig Jahre alt ist.
„Und ich bin Markus Siebert und zu allen Schandtaten bereit“, sagt er.
Als er Juttas überraschten Blick sieht, fügt er hinzu: „Was die Agentur betrifft, meine ich.“
„Dann bin ich ja beruhigt“, sagt sie, schüttelt seine Hand und sieht dabei in seine stahlblauen Augen.
„Markus, wir wollen keine Zeit verlieren“, sagt Olli zu ihm und drängt Jutta gleich weiter zu der Tür, an der ein Schild darauf verweist, dass es sich um das Büro von `Tom Rudolph – Manager´ handelt. Jutta sieht Olli erstaunt an. Er grinst und zieht die Schultern nach oben.
„Darüber ärgere ich mich schon lange nicht mehr“, sagt er und zeigt Jutta ihren Arbeitsplatz.
„So, das wäre ab heute dein Reich. Lass dich nicht hetzen. Sieh dir alles an. Frage einfach, wenn du Fragen hast.“
Olli will gehen, dreht sich aber noch einmal um: „Ach so, das hätte ich beinahe vergessen. Falls Tom irgendwann doch hier erscheinen sollte, kannst du ihn ruhig mir überlassen. Am besten, du ignorierst ihn einfach.“
Jutta sieht Olli schelmisch an.
„Ich könnte auch behaupten, dass ich von der Steuerfahndung bin.“
Obwohl ihm schon die Haare zu Berge stehen, muss Olli schmunzeln.
„Wie ich sehe, wirst du deine Sache gut machen“, sagt er und lässt Jutta allein in Toms Büro.
Sie sieht sich um und startet den Computer. Kurz darauf klopft es. Frau Wiehmer steckt den Kopf durch die Tür.
„Darf ich Ihnen einen Kaffee bringen und ein paar belegte Brötchen?“
„Das wäre sehr nett von Ihnen“, antwortet Jutta.
Der Computer ist unterdessen startklar. Jutta setzt sich in den Chefsessel und sieht auf den Bildschirm. Sie klickt hierhin und dorthin, um sich im Programm zurechtzufinden. Was sie zu sehen bekommt, lässt sie sehr staunen.
„Der Herr Rudolph hat sicher nicht damit gerechnet, dass jemand anderes als er selbst diesen Computer benutzt“, denkt sie, blättert die letzten Dateien durch und staunt immer mehr. „Ist ja klar, dass Herr Rudolph keine Zeit mehr hatte, für die Kunden der Agentur zu arbeiten.“
Sie kopiert alle Dateien, die nichts mit Werbung zu tun haben, auf ihren Speicherstick. Den hat sie am Morgen in ihre Tasche gesteckt. Eigentlich nur für den Fall, dass sie viel liegengebliebene Arbeit vorfindet, die sie dann abends zu Hause erledigen könnte.
Als Frau Wiehmer mit einem Tablett beladen hereinkommt, springt Jutta auf und geht ihr entgegen.
„Vielen Dank. Bei dieser guten Verpflegung kann ich heute gleich Überstunden machen“, sagt Jutta dankbar zu ihr.
Nachdem Frau Wiehmer die Tür wieder geschlossen hat, bringt Jutta ihre Detektivarbeit zu Ende. Schnell nimmt sie den Speicherstick und lässt ihn in ihrer Tasche verschwinden. Sie muss erst einmal in Ruhe über ihren Fund nachdenken, bevor sie Olli noch mehr beunruhigt.
Sie beschäftigt sich mit den Dateien der Werbekunden und verschafft sich einen Überblick.
Gegen Mittag klopft es. Sie ist so vertieft in ihre Arbeit, dass sie darauf gar nicht reagiert. Erst als die Tür aufgeht, sieht sie hoch und blickt Herrn Siebert direkt ins Gesicht.
„Ich wollte fragen, ob ich Sie zum Essen einladen darf“, sagt er.
„Danke. Das ist nett von Ihnen, aber Frau Wiehmer war schon so freundlich und hat mir etwas gebracht.“
Sie zeigt zu dem Teller.
„Das ist ja lecker“, lacht er. „Lassen Sie Ihr Essen immer reifen?“
Nun sieht auch Jutta die vertrockneten Brötchen und muss auch lachen.
„Oh, das habe ich gar nicht gemerkt.“
„Da bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als meine Einladung anzunehmen“, sagt er hoffnungsvoll.
„Das glaube ich auch. Vielen Dank. Ich komme gleich.“
Schnell stellt sie den Computer aus und schnappt sich ihre Tasche. Am Empfang schließen sich ihnen Frau Wiehmer und Grit an. Jutta ist darüber gar nicht böse, denn es ist ihr lieber, alle in einer lockeren Atmosphäre kennenzulernen. Sie gehen in das italienische Restaurant auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
„Die Lasagne ist besonders gut“, gibt ihr Grit eine Empfehlung.
„Dann nehme ich die zuerst“, sagt Jutta und lacht, als sie in drei erstaunte Gesichter sieht. „Das sollte ein Scherz sein. So etwas sind Sie wohl alle nicht mehr gewöhnt?“, fragt sie in die Runde.
Das ist das Stichwort für Grit und Frau Wiehmer, einfach draufloszureden. Sie wechseln sich mit den Berichten über die Vorkommnisse im Büro ab und Jutta hört ihnen gespannt zu.
Sie bemerkt auch bald, dass Herr Siebert sie beobachtet und immer, wenn sie ihn ansieht, schaut er ihr direkt in die Augen und lächelt.
„Was für ein Mann?“, denkt sie. „Diese pechschwarzen, lockigen Haare geben einen tollen Kontrast zu den blauen Augen. Er sieht aus wie ein spanischer Stierkämpfer. Nur selten habe ich so einen attraktiven Mann gesehen.“
Ihr Herz klopft heftig, und es laufen abwechselnd heiße und kalte Wellen durch ihren Körper.
Irritiert senkt sie ihren Blick und bemüht sich, wieder dem Gespräch zu folgen.
Nervös geht sie nach der Mittagspause in Toms Büro und versucht, sich auf die Arbeit zu konzentrieren.
Am Nachmittag kommt Olli herein.
„Ich wollte dich nicht stören, aber du brauchst doch sicher eine Pause.“
„Ich würde gern Schluss machen. Für heute habe ich genug in diesem Computer rumgeschnüffelt. Reicht es, wenn ich morgen früh wieder gegen neun Uhr hier bin?“
„Klar. Mach nur, wie du es für richtig hältst. Ich bin dir für alles sehr dankbar“, sagt Olli.
„Würdest du mir bitte noch die Telefonnummer von deinem Anwalt geben. Dann kümmere ich mich gleich noch um einen Termin“, sagt sie. „Wozu soll ich die Scheidung noch lange hinauszögern?“
„Natürlich. Hier ist seine Visitenkarte.“
„Danke. Grüß bitte Sybille und die Jungs von mir.“
„Ja. Mache ich.“