Читать книгу Alles wird gut ... - Heidi Dahlsen - Страница 19
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ОглавлениеAls Jutta am nächsten Morgen erwacht, ist es fast zehn Uhr. „So lange habe ich eigentlich noch nie geschlafen. Das ist ein gutes Gefühl. Daran könnte ich mich gewöhnen“, denkt sie.
Als Kind musste sie immer zeitig aus dem Bett, egal wie müde sie noch war. Mit Sprüchen wie: `Der frühe Vogel fängt den Wurm´, wurde sie von ihren Eltern auch an den Wochenenden aufgefordert aufzustehen. Pünktlich sieben Uhr wurde sonntags gefrühstückt – ob die Geschmacksnerven noch im Tiefschlaf waren oder nicht.
Später sorgte dann Jenny dafür, dass sie nicht lange im Bett bleiben konnte.
Irgendwie hatte sie immer ein schlechtes Gewissen, wenn sie nicht mit den Hühnern aufstand.
„Warum eigentlich?“, fragt sie sich. „Es hat niemanden mehr zu interessieren, wann ich aus den Federn komme. Endlich kann ich tun und lassen was ich will.“
Als das Telefon klingelt, bekommt sie einen Schreck.
„Hoffentlich ist Jenny nichts passiert“, murmelt sie vor sich hin, und das schlechte Gewissen packt sie.
„Jutta Seidel“, meldet sie sich.
„Wo bleibst du denn so lange?“, vernimmt sie die ungehaltene Stimme ihrer Mutter. Sag nicht, dass du noch im Bett warst. Eine Unart ist das. Das haben wir dir früher schon gesagt.“
„Guten Morgen, Mutti. Ich wünsche dir auch einen schönen Sonntag“, sagt Jutta übertrieben freundlich.
Sie reckt sich, um die müden Knochen in Schwung zu bringen. Ein herzhaftes Gähnen kann sie gerade noch unterdrücken.
„Nur gut, dass ich kein Bildtelefon habe“, denkt sie erleichtert und grinst.
„Weswegen ich eigentlich anrufe ..... Du bringst mich ganz aus dem Konzept. Ach ja. Ich wollte fragen, ob du denn nun schon einen Job gefunden hast?“
„Ich arbeite mich gerade in einer Agentur ein und wie es aussieht, steht einem Vertrag nicht mehr viel im Weg“, antwortet Jutta und ist froh, wenigstens eine gute Nachricht in Aussicht stellen zu können.
„So lange du keinen Vertrag unterschrieben hast, kannst du nicht davon sprechen, einen sicheren Job zu haben“, wird sie von ihrer Mutter belehrt. „Ich glaube, du träumst dich immer noch durchs Leben. Jutta! Du solltest endlich erwachsen werden und deiner Tochter ein Vorbild sein.“
„Das weiß ich selbst. Was hältst du davon, wenn wir uns zum Kaffee treffen? Jenny ist am Nachmittag auch zurück.“
„Wieso ist sie nicht zu Hause?“
„Wir waren gestern zum Gartenfest bei Christine. Weil es ziemlich spät geworden ist, hat Jenny dort übernachtet.“
„Wie willst du deine Tochter in den Griff bekommen, wenn du sie nicht ständig unter Kontrolle hältst? Dass du aber auch keine Lehre annehmen willst.“
„Jenny hat es gestern so gut gefallen. Sie war auf dem Reiterhof und .....“
„Das kannst du mir ein anderes Mal erzählen. Ich muss jetzt zum Friedhof.“
„Und was ist mit einem gemütlichen Kaffeenachmittag?“, fragt Jutta mit sehr gemischten Gefühlen.
„Vielleicht ein anderes Mal“, bekommt sie zur Antwort.
Einerseits erleichtert, andererseits aufgetankt mit noch mehr schlechtem Gewissen, legt Jutta den Hörer auf und geht ins Bad.
Zu ihrem Spiegelbild sagt sie: „Guck mich nicht auch noch so vorwurfsvoll an. Du siehst ja aus wie Klagens Klara. Ich mach jetzt Frühstück und fahre dann in den Wald. Wage es nicht, mir den Sonntag zu verderben.“
Sie muss schmunzeln und sagt zu sich: „Siehst du, es geht doch“, worauf sich ihr Gesicht weiter erheitert.
Aufgemuntert geht sie in die Küche.