Читать книгу Alles wird gut ... - Heidi Dahlsen - Страница 16
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ОглавлениеAm späten Nachmittag ist Lydia im Supermarkt. Sie geht langsam durch die Reihen. Ihr Korb füllt sich mit den nötigsten Dingen. Sie sucht nach einem Geschenk für Jutta zum Einzug. Eine größere Grünpflanze gefällt ihr ganz gut. Sie erinnert sich an Juttas Worte, als diese bei ihrem ersten Besuch die Dachterrasse bewundert hatte und äußerte, viele Blumen zu benötigen. Lydia stellt den Topf in ihren Einkaufswagen und überlegt, was sie noch alles braucht. Langsam geht sie weiter. Ein überdimensionales buntes Plakat macht sie auf die Angebote eines Diät-Suppenherstellers aufmerksam. Sie nimmt eine Dose in die Hand und liest ganz konzentriert die Angaben zum Inhalt.
Auf einmal bemerkt sie eine Berührung an ihrem Arm und vernimmt dicht an ihrem Ohr eine bekannte Stimme.
„Das hast du doch nicht nötig, bei deinen Maßen.“
Lydia fährt der Schreck durch alle Glieder. Sie dreht sich um und hat das dicke Mondgesicht des Herrn Schulze direkt vor Augen.
„Der hat mir gerade noch gefehlt“, denkt sie und tut so, als hätte sie ihn nicht erkannt.
Er schiebt sich jedoch genau vor sie. „Hallöchen. Nicht so eilig, schöne Frau. Na, wenn das kein besonderer Zufall ist. Heute scheint unser Glückstag zu sein.“
Lydia sagt: „Guten Tag, Herr Schulze.“
„Hatten wir uns nicht auf Hans geeinigt?“, fragt er und bewegt sich unaufhaltsam auf sie zu. „Wann hast du endlich Zeit, damit wir es uns mal so richtig gemütlich machen können?“, säuselt er.
„Lassen Sie mich doch einfach in Ruhe“, sagt Lydia abweisend.
Sie will den Massen des Herrn Schulze ausweichen, stößt aber an ein Regal. Ein weiterer Rückzug ist unmöglich, da müsste sie sich schon zwischen die Dosensuppen fädeln.
Er rückt ihr regelrecht auf den Leib und reißt seine Augen weit auf. Sie entdeckt ein lüsternes Funkeln darin, sodass ihr der Schweiß ausbricht.
„Herr Schulze, ich habe es eilig. Mein Freund wartet“, stammelt sie, denn etwas Dümmeres fällt ihr nicht ein.
„Ja, ja“, lacht er. „Darauf falle ich nicht rein. Nun hab dich nicht so. Wann treffen wir uns?“
„Nur über meine Leiche“, denkt Lydia und ringt um Atem.
Sein Gesicht ist nun sehr nah an ihrem. Er fährt sich mit seiner feuchten Zunge über die Lippen, als hätte er einen besonders appetitlichen Happen vor sich. Sein schlechter Atem weht ihr entgegen. Lydia kämpft gegen den aufsteigenden Ekel und gerät immer mehr in Panik.
Sie fordert ihn auf: „Herr Schulze, lassen sie mich vorbei!“
Sie versucht, den stämmigen Kerl mit beiden Händen zur Seite zu schieben. Da sie kaum noch Bewegungsfreiheit hat, ist es ihr nicht möglich, seine Massen auch nur einen Millimeter zu bewegen. Er steht wie ein Fels in der Brandung vor ihr und ergötzt sich an ihrer Hilflosigkeit.
„Lydia. Schatz, da bist du ja“, hört sie eine rettende Stimme.
„Ja. Hier bin ich“, piepst sie.
Herr Schulze springt erschrocken zur Seite, stößt aber schon mit Olli zusammen.
„Ach, wen haben wir denn da? Ist das nicht der Herr, der dich schon auf der Klassenfahrt bedrängt hat?“, fragt Olli und greift nach Herrn Schulze.
Der weicht schnell aus und geht ein paar Schritte zur Seite, um Abstand zu gewinnen.
„Das verstehen Sie falsch. Ich wollte ..... nur etwas ..... aus ..... diesem Regal .....“, stottert er.
„Da gibt es nichts falsch zu verstehen. Ich weiß, was ich gesehen habe. Nimm bloß deine Pfoten von meiner zukünftigen Frau, sonst sprechen wir uns vor Gericht wieder. Mein Gott, musst du es nötig haben. Mal sehen, was deine holde Gattin dazu sagt. Dort hinten kommt sie schon. Frau Schulze, huhu, hier her .....“, ruft Olli laut und winkt ihr zu.
Dem Herrn Schulze platzt bald der Kopf. Alles Blut scheint ihm hineingeschossen zu sein. Schnell läuft er seiner Frau entgegen, schiebt diese in die entgegengesetzte Richtung und redet auf sie ein.
„Danke, Olli. Was hätte ich nur gemacht, wenn du nicht gekommen wärst?“, sagt Lydia erleichtert, atmet erst einmal tief durch und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
„Ich dachte, ich sehe nicht richtig, wie diese Dampframme dich in das Regal drückt. Der kam mir heute gerade recht bei der Wut, die ich schon habe.“
„Hoffentlich bin ich den jetzt endgültig los“, sagt Lydia. „Wie kommst du denn auf zukünftige Frau? Nur gut, dass das Sybille nicht gehört hat. Sie versteht doch in dieser Hinsicht sicher keinen Spaß.“
„Viel schlimmer wäre das jetzt auch nicht mehr. Und der Kerl weiß ja nun, woran er mit uns ist.“
Olli legt noch ein paar Dinge in seinen Korb und beide gehen in Richtung Kasse.
Kurz nach ihnen kommt auch Familie Schulze dort an. Frau Schulze wirft einen wütenden Blick zu Lydia, holt Luft und will etwas sagen.
Lydia und Olli sehen beide gleichzeitig Herrn Schulze vernichtend an, sodass der sich schnell vor seine Frau stellt und wieder heftig auf sie einredet.
„Ich begleite dich jetzt bis zu deiner Wohnung. Nicht, dass du die alte Schulzen auch noch am Hals hast. Die scheint wirklich zu glauben, dass du ihr den Hansi ausspannen willst. Leute gibt´s, auf deren Gesellschaft könnte die restliche Menschheit verzichten“, sagt Olli und schüttelt lachend den Kopf.
Sie bringen alle Einkäufe in sein Auto und fahren zu Lydias Wohnung.
„Willst du noch mit nach oben kommen?“, fragt sie.
„Ein anderes Mal gern. Heute muss ich nach Hause, die Wogen glätten. Sybille hat mit mir wahrscheinlich keine Geduld mehr. Eheleben kann ganz schön anstrengend werden. Dafür ist Jutta geduldig und hat sich entschieden, in der Agentur mitzuarbeiten. Sie hat in den zwei Tage schon mehr positive Wunder vollbracht, als ich in den letzten Monaten“, sagt Olli stolz.
„Wie hat sie das geschafft?“, fragt Lydia.
„Jutta ist eben nicht betriebsblind und hat volles Vertrauen zu Menschen, die es nicht wert sind. Ich hätte nie gedacht, dass man sich in einem Menschen so sehr täuschen kann. Tom ist so egoistisch und verlogen. Ohne mit der Wimper zu zucken, hat er einfach an seiner eigenen Geschäftsidee gebastelt und alles auf Agenturkosten. Das erzählen wir euch ausführlich am Samstag zum Gartenfest. Vielleicht freut es dich, dass ich die Jungs mitbringe. Meine Frau hat nämlich wichtigere Dinge vor.“
„Das sind ja zwei tolle Überraschungen“, sagt Lydia.
„Äh. Wie meinst du das?“, fragt Olli und sieht Lydia nachdenklich an. „Ach so, ja. Da hast du eigentlich Recht. Ich muss jetzt aber wirklich los. Schließ die Tür ab, sowie ich weg bin und verrammle sie am besten mit einem großen Schrank. Nicht, dass das Walross hier aufschlägt und sich rächen will.“
„Den verkrafte ich heute nicht noch einmal“, sagt Lydia. „Wie macht man solchen Männern nur klar, dass man nichts von denen will? Das nächste Mal schreie ich jedenfalls ganz laut um Hilfe, wenn der in meiner Nähe ist. Lieber einmal mehr in der Öffentlichkeit blamiert als zerquetscht. Danke, Olli, dass du mich gerettet hast.“
„Schon gut.“