Читать книгу Alles wird gut ... - Heidi Dahlsen - Страница 18

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Lydia kommt etwas früher, um Jutta und Jenny abzuholen. Sie klingelt zweimal kurz hintereinander, worauf Jutta den Türöffner betätigt und in die Sprechanlage ruft: „Komm bitte nach oben.“

Sie fordert Lydia mit einem Wink auf, einfach durchzugehen.

„Möchtest du dir schon mal alles ansehen? Bis zur Einzugsparty wird es sicher noch etwas dauern.“

Lydia muss feststellen, dass die Wohnung gemütlich eingerichtet ist.

„Hier könnt ihr euch wirklich wohl fühlen“, sagt sie.

Im Wohnzimmer trifft sie auf ein junges Mädchen und sagt freundlich zu ihr: „Du bist sicher Juttas Tochter.“

„Ich bin Jenny“, antwortet diese kurz, ignoriert Lydias ausgestreckte Hand und verschwindet in ihrem Zimmer.

„Endlich lerne ich dich mal kennen“, ruft Lydia ihr nach.

„Sie ist heute wieder schlecht gelaunt“, sagt Jutta entschuldigend. „Das kann ja was werden. Sicher benimmt sie sich nachher voll daneben, und ich schäme mich für sie in Grund und Boden.“

„Warte doch erst mal ab. Tilly macht das schon, und die Pferde werden sie begeistern“, beruhigt Lydia ihre Freundin.

„Dein Wort in Gottes Ohr“, sagt Jutta wenig überzeugt. „Dein Buch habe ich gelesen. So vieles wusste ich gar nicht mehr. Wenn wir uns wieder mal sehen, gibst du mir bitte das nächste.“

„Wird gemacht“, sagt Lydia. „Können wir los?“

„Ich bin fertig“, antwortet Jutta und fragt ihre Tochter: „Jenny, hast du alles?“

„Ja. Muss ich denn wirklich mit?“

„Du weißt wohl noch gar nicht, was dich erwartet?“, fragt Lydia sie verwundert.

Jenny verdreht ihre Augen und antwortet genervt: „Was soll es im Wald, bei einem Treffen alter Schulfreunde, ausgerechnet für mich schon Besonderes geben?“

„Dann lass dich einfach überraschen“, sagt Lydia geheimnisvoll zu ihr.

Sie erntet aber nur einen skeptischen Blick.

Jenny setzt sich im Auto nach hinten und sieht während der Fahrt starr aus dem Fenster. Jutta hofft, dass sie mit diesem unangebrachten Verhalten nicht allen das Fest verdirbt.

„Olli ist auch schon da“, werden sie von Christine empfangen.

Die Jungs sind gerade dabei, sich von Daniel zeigen zu lassen, wie man auf einen Baum klettert.

„Ich will aber zu erst dleddern“, sagt Bertram ungeduldig.

„Halte dich ganz doll fest“, ermahnt ihn Daniel.

„Wird demacht“, antwortet Bertram und greift nach einem herunterhängenden Ast.

Richard zappelt vor lauter Aufregung. Er kann gar nicht erwarten, dass er endlich dran ist.

„Hallo, Jungs“, ruft Lydia.

Heute hat sie keinen Erfolg, lautstark empfangen zu werden. Die Kinder genießen ihre Freiheit und sind in ihre Kletterei ganz vertieft.

Tilly kommt aus dem Haus und mit ihr eine Duftwolke.

„Was hast du wieder gezaubert?“, fragt Lydia.

„Wird nicht verraten. Das gibt es erst am Abend“, antwortet sie und fällt ihrer Patentante um den Hals. „Schön, dass ihr endlich da seid.“

Jutta stellt allen ihre Tochter vor, die jedem nur lustlos die Hand gibt. Sie setzt sich mit einem versteinerten Gesichtsausdruck auf einen Stuhl, verschränkt die Arme und tritt mit ihrem Fuß mehrmals wütend an das Tischbein.

„Hallo, Jenny“, sagt Tilly freundlich zu ihr. „Mit dir habe ich endlich Verstärkung und muss die kleinen Jungs nicht mehr allein bändigen.“

„Ich glaube nicht, dass ich dir dabei eine große Hilfe bin. Ich habe keine Erfahrungen bei der Betreuung von Kindern und überhaupt keine Lust dazu“, antwortet Jenny mürrisch.

„Das lernst du ganz schnell“, sagt Jutta zu ihr. „Du musst nur aufpassen, dass kein Kind verloren geht. Das wäre sonst ein Albtraum für jede Mutter.“

„Setzt euch bitte“, fordert Christine alle auf. „Der Kaffee ist fertig. Außerdem haben die Kinder noch etwas vor und sollen nicht zu spät kommen.“

„Dürfen wir auf einer Decke picknicken?“, fragt Daniel.

„Na klar. Schnappt euch etwas zu essen und dann ab in den Schatten mit euch.“

„Ich will aber bitte nur einen dleinen Duchen“, sagt Bertram.

„Hier, mein Kleiner. Ist das Stück klein genug?“, fragt ihn Christine und ermahnt ihn: „Halte deinen Teller gerade, sonst fällt alles in den Dreck.“

Bertram himmelt Christine dankbar an und läuft dann schnell zu Daniel und Richard, um das Picknick nicht zu verpassen. Da er mit beiden Händen seinen Teller festhält, kann er sich nur umständlich auf die Decke plumpsen lassen. Er verliert das Gleichgewicht, und sein Kuchen landet im hohen Bogen im Gras. Er hebt ihn auf, zieht einen Grashalm ab, pustet die Erdkrümel weg, schüttelt noch ein bisschen und beißt herzhaft hinein. Als er bemerkt, dass Christine ihn beobachtet, strahlt er sie an und kaut genüsslich. Christine schmunzelt vor sich hin und ist froh, dass Sybille das nicht gesehen hat.

Tilly ignoriert einfach Jennys schlechte Laune und erzählt ihr, dass sie später auf den Reiterhof ihres Großonkels fahren will. Sie plaudert einfach drauflos und erzählt die unglaublichsten Dinge vom Reiterhof. Schon nach kurzer Zeit verändert sich Jennys Gesichtsausdruck.

„Möchtest du mitkommen?“, fragt Tilly.

„Richtige Pferde?“, fragt Jenny skeptisch.

„Natürlich“, nickt Tilly.

„Immerhin besser, als den ganzen Nachmittag hier zu vergammeln“, sagt Jenny.

„Ich kann euch mit dem Auto hinfahren“, bietet Olli an.

„Das musst du nicht. Es ist alles schon organisiert“, sagt Christine. „Jenny kann mein Fahrrad nehmen, und die zwei Kleinen nimmt Tilly im Anhänger mit. So haben wir das auch gemacht, als Daniel noch nicht allein fahren konnte. Deinen Jungs tut es sicher gut, einmal Landluft zu schnuppern. Du kannst aber auch gern selbst mitfahren und aufpassen, wenn du keine Ruhe hast. Nicht, dass du Ärger mit Sybille bekommst.“

„Ich glaube, die hat zurzeit andere Probleme. Sie plant gerade mit ihren Eltern unseren gemeinsamen Urlaub in Südfrankreich und hatte deshalb überhaupt nichts dagegen, dass ich die Jungs mitnehme“, sagt er sorgenvoll und rauft sich die Haare.

„Wir machen jetzt die Kinder abfahrbereit. Sowie hier etwas Ruhe ist, kannst du uns alles ausführlich erzählen“, sagt Christine.

Olli befestigt den Anhänger am Fahrrad und setzt die Jungs hinein. Die strahlen beide um die Wette und sind ganz aufgeregt. Solch ein Abenteuer durften sie bisher noch nicht erleben.

„Du musst dir keine Sorgen machen. Wir passen gut auf sie auf“, beruhigt ihn Tilly.

„Das weiß ich doch“, antwortet er. „Viel Spaß, Jungs. Und hört auf die großen Mädchen.“

„Machen wir“, antwortet Richard gleich für seinen Bruder mit. Bertram quietscht vor Vergnügen und klatscht in seine kleinen Hände. Er kann die Abfahrt kaum erwarten.

„Ruft an, wenn ihr Hilfe braucht“, sagt Jutta und sieht ihre Tochter ernst an.

„Mach dir nicht immer so viele Sorgen“, sagt Jenny. „Ich glaube es nicht – richtige Pferde. Ob ich auch reiten darf?“ „Na klar. Onkel Heinrich ist froh, wenn wir die bewegen. Die fressen sonst den ganzen Tag nur und werden fett und träge“, sagt Tilly. „Los jetzt! Oma wartet bestimmt schon.“

Noch kurze Zeit sind die leiser werdenden Stimmen der Kinder zu hören. Dann zwitschern nur noch die Vögel.

Jutta und Lydia räumen das Geschirr ab. Christine bringt Getränke und Knabbergebäck und verteilt alles auf dem Tisch. Olli sitzt auf der Hollywoodschaukel und guckt traurig vor sich hin. Jutta setzt sich zu ihm.

„Du wirst sehen, Tom wird bestimmt bald vernünftig. Er hat doch die Agentur mit aufgebaut“, versucht sie ihn aufzumuntern. „Ihm bleibt gar nichts anderes übrig. Er wird sich selbst ausrechnen können, dass sein Konzept nicht aufgeht und er seinen Lebensunterhalt davon nicht bestreiten kann. Und die Probleme mit Sybille bekommst du auch wieder in den Griff.“

„Zurzeit kreisen meine Gedanken alle durcheinander. Nach dem Gespräch mit meinem Anwalt bin ich zwar etwas beruhigter, denn das Büro könnte ich auch allein führen. Ob ich jedoch die Sache mit Sybille wieder hinbekommen möchte, da bin ich mir nicht sicher. Sie ist so unzufrieden. Schon seit langem haben wir kein vernünftiges Gespräch mehr führen können. Manchmal wünsche ich mir, dass sie einfach bei ihren Eltern bleibt, damit zu Hause endlich Ruhe ist. Aber das geht ja schon wegen der Kinder nicht. Sie sind doch noch so klein, und verlieren möchte ich sie auf keinen Fall.“

„Ist es schon so schlimm mit deiner Ehe? Ihr seid doch ein Traumpaar“, stellt Christine verwundert fest.

Olli sieht sie erstaunt an.

„Seit wann denn das? Eher ein Albtraumpaar. Aus dem Traum bin ich schon lange aufgewacht. Ihr wisst ja noch gar nicht, was sie mir zum Geburtstag geschenkt hat.“

Neugierig wird er von den drei Frauen angesehen.

„Das glaubt ihr mir sowieso nicht“, winkt Olli ab und erhöht die Spannung.

„Was denn? Nun lass dich nicht betteln. Sonst platzen wir“, sagt Lydia.

„Wollen wir wetten, dass ihr gleich um die Wette schreit?“

Lydia und Christine sehen sich ratlos an. Olli grinst.

„Sie hat mir nämlich eine Patenschaft für ein Tier im Zoo geschenkt. Sogar für ein ganzes Jahr.“

„Das ist doch eine vernünftige Idee, weil du ja schon fast alles hast“, stellt die praktische Jutta fest.

„Durftest du dir wenigstens eins aussuchen?“, fragt Christine.

„Natürlich nicht. Sybille hat ein Tier gewählt, das zu ihrer derzeitigen Stimmung passt. Eine riesengroße Vogelspinne“, sagt er.

Lydia und Jutta verziehen angewidert ihre Gesichter. „Nein“, sagen beide fast gleichzeitig.

„Na ja, vielleicht hätte es noch schlimmer kommen können“, sagt Christine.

„Aber nur mit einer Hyäne oder einem Stinktier“, antwortet Olli und runzelt die Stirn. „Mit Sybille allein würde ich ja sicher auskommen, aber mit diesem herrschsüchtigen Schwiegervater im Genick haben wir beide keine Chance. Wir hätten gleich nach der Hochzeit weit wegziehen sollen.“

„Da muss ich dir widersprechen“, wirft Jutta ein. „Auch wenn man weit weg wohnt, ist das keine Garantie für eine glückliche Ehe, wie du an meinem Beispiel siehst. Und Jenny leidet sehr, wie ihr ja alle selbst feststellen konntet. Ihre ständige Unzufriedenheit macht mich noch ganz krank.“

„Du solltest das einfach ignorieren, auch wenn es dir schwerfällt. Alles was du zu ihr sagst, macht die schlechte Laune doch bloß schlimmer. Du wolltest uns noch erzählen, was dir mit deinem zukünftigen Exmann widerfahren ist“, erinnert Lydia sie.

Christine und Olli werden aufmerksam.

„Ich kann mein Glück selbst kaum fassen“, sagt Jutta und lächelt. „Jenny hat mir erzählt, dass das Schlimmste für Cynthia ist, dass ihr Baby unehelich geboren wird. Sie fühlt sich in Rüdigers Nest aber schon sehr wohl und hat das ganze Haus neu eingerichtet, alles nur vom Feinsten. Geld spielt keine Rolle, denn sie muss es ja nicht ranschaffen. Und das Kinderzimmer soll aussehen, als wenn ein Prinz dort Einzug halten wird – alles himmelblau mit goldfarbenen Ornamenten. Nur gut, dass ich das nicht sehen muss. Cynthia habe ich die ganze Fuhre Möbel zu verdanken. Aber den Höhepunkt kennt ihr noch gar nicht. Jenny hat Rüdiger einen Golf für uns aus dem Kreuz geleiert. Der wurde sogar bis vor die Haustür geliefert. Ich wusste von nichts und habe bald vor Schreck einen Herzinfarkt bekommen.“

„Das ist doch ein schöner Schreck“, sagt Christine.

„Ich bin so wütend auf Rüdiger und dann tut er mir doch etwas leid, eigentlich aber auch nicht. Was weiß denn ich? Meine Gedanken und Gefühle fahren zurzeit Achterbahn. Da bin ich froh, dass ich Olli im Büro helfen kann und etwas abgelenkt werde.“

„Bei euch geht es wirklich sehr turbulent zu“, sagt Lydia und Christine nickt.

„Olli, was wird denn nun mit deiner Agentur?“, fordert Lydia ihn neugierig auf, endlich ausführlich darüber zu erzählen.

„Du witterst wohl schon wieder Material für ein neues Buch. Das kann ich dir brühwarm liefern“, sagt er und wird ernst. „Mein Anwalt sagt, dass Tom einer Vertragsauflösung zustimmen muss. Die einfachste Lösung wäre die, wenn wir uns einigen. Zwingen kann ich ihn nur mit einem Gerichtsprozess und das kann lange dauern. Bis dahin bin ich ruiniert, weil ihm ja monatlich die Hälfte vom Gewinn zusteht, ob er mitarbeitet oder nicht. Das weiß er natürlich. Um ihn zu verklagen, hatte ich bisher viel zu wenig in der Hand. Aber, dank der Geistesgegenwart meiner zukünftigen Mitarbeiterin“, er zeigt auf Jutta, „kann ich ihn jetzt unter Druck setzen. Hoffentlich verliere ich nicht die Beherrschung, und die Gespräche gehen unter die Gürtellinie. Dann habe ich nur noch schlagkräftige Argumente, so eine Wut habe ich auf ihn.“

Er schlägt die rechte Faust in die linke Handfläche. Jutta zieht erschrocken den Kopf ein und sieht ihn mit großen Augen an.

„Was habt ihr gegen ihn gefunden?“, fragt Lydia.

„Nichts Schlimmes ahnend habe ich Jutta Toms Büro zur Verfügung gestellt“, erzählt er weiter. „Das steht ja schon seit Monaten meistens leer. Sie ist auch gleich fündig geworden.“

„Wohl war mir nicht bei der ganzen Sache“, unterbricht ihn Jutta und sieht schuldbewusst in die Runde. „Aber irgendwie dachte ich, ich muss die Daten sichern.“

„Du sollst dich nicht immerzu entschuldigen“, sagt Olli zu ihr. „Du hast alles richtig gemacht. Tom ist derjenige, der sich Gedanken machen sollte. Wir dachten alle, dass er wenigstens das Nötigste erledigt hätte. Aber nein, er hat ein Konzept für Marathonläufer entwickelt und will sein eigenes Geschäft aufbauen und als Trainer und Veranstaltungsmanager wirken. Er hat Flyer entworfen und schon die Druckaufträge ausgelöst. Außerdem hat er stapelweise Werbebriefe, natürlich auch auf Agenturkosten, verschickt. Zum Glück fühle ich mich von meinem Anwalt gut beraten. Er hat mir so manchen Tipp gegeben.“

„Den werde ich auch mit meiner Scheidung beauftragen. Einen Termin habe ich schon“, sagt Jutta. „Da Cynthia bereits bei Rüdiger eingezogen und schon schwanger ist, werden beide froh sein, mich schnell loszuwerden und sich nicht querstellen. Seine Eltern sind sicher auch erleichtert, dass sie mich nicht mehr ertragen müssen. Nur meine Mutter macht mir Sorgen. Ich weiß einfach nicht, was ich für sie tun kann.“

„Freut sie sich nicht, dass ihr jetzt hier wohnt und dass sie Jenny oft sehen kann?“, fragt Christine.

„Schön wäre es. Zu Jenny ist sie eher abweisend. Sie hat nicht ein freundliches Wort für sie übrig und gibt ihr keine Chance. Und mich behandelt sie immer noch so, als wäre ich ein kleines Mädchen, das sie belehren muss.“

„Du warst ja früher schon nicht das geliebte Einzelkind. Wenn ich mich richtig erinnere, musstest du nur immer lernen, dich benehmen und bekamst reichlich Hausarrest, damit du williger wirst“, erinnert sich Olli.

„Meine Eltern dachten sicher, sie machen alles richtig und wollten nur mein Bestes“, antwortet Jutta. „Sie haben mir viel verboten, damit ich lerne, mit Entbehrungen fertig zu werden. Dass ich sparsam lebe, war ihnen fast noch wichtiger. Die haben mir das Taschengeld nachgerechnet und wehe, ich konnte nicht sagen, wo jeder einzelne Pfennig geblieben ist. Ich habe mich immer wie eine Angeklagte vor Richtern gefühlt und mir damals geschworen, meine Kinder nie so mies zu behandeln. Gibt es bei euch wenigstens etwas Erfreulicheres?“, fragt sie Christine und Lydia.

„Ich schreibe an meinem neuen Buch. Da habe ich zu tun“, sagt Lydia.

„Lydia war doch mit auf Tillys Klassenfahrt. Dabei hat sie Ideen gesammelt“, sagt Christine geheimnisvoll.

„Klassenfahrt. Welch ein Albtraum?“, sagt Jutta entsetzt.

„Ganz so schlimm war es nicht. Die Schüler haben sich im Großen und Ganzen anständig aufgeführt. Die Lehrerin war froh, dass uns Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie andere schlimme Dinge erspart geblieben sind. Nur der Vater von einem Jungen ist mir sehr auf die Nerven gegangen“, sagt Lydia. „Der verfolgt mich immer noch. Olli musste mich im Supermarkt sogar vor dem retten. Furchtbar lästig sind solche Männer“, stellt sie kopfschüttelnd fest.

In der Ferne sind fröhliche Kinderstimmen zu hören.

„Die Kinder kommen. Da wollen wir uns mal um die lieben Kleinen kümmern. Die haben bestimmt viel zu erzählen“, sagt Christine.

Daniel kommt angeflitzt und ruft: „Ich gehe zu Jason.“

„Halt! Du bleibst hier“, sagt Christine. „Wie war es denn?“

„Schön, aber das kann dir doch Tilly erzählen. Jason wartet. Darf ich jetzt gehen?“ fragt er ungeduldig.

„Nicht mehr so lange. Es gibt bald Abendessen“, antwortet Christine.

Daniel ist aber schon verschwunden.

Unterdessen hat Tilly die zwei Kleinen aus dem Anhänger gehoben. Die kommen strahlend auf Olli zugelaufen und gestikulieren aufgeregt mit ihren Armen.

„Papi, das war so schön. Wir durften Kutsche fahren und auf einem Pony reiten“, sagt Richard. „Dort sind ganz viele Tiere und Oma Hedi ist lieb.“

„Und ..... und ich habe einen droßen Hund und eine Siege dedreichelt“, sagt Bertram aufgeregt.

Olli schaut sich seine Söhne genauer an und sagt entsetzt: „Ihr seht ja saftig aus. Nur gut, dass die Mama euch so nicht sieht.“

„Oma hat uns frischen Kirschkuchen gegeben“, erzählt Tilly. „Bertram hat ein Stück gegessen und Richard sogar zwei. Die sind durch alle Ställe gerobbt. Zum Waschen hatten beide natürlich überhaupt keine Zeit.“

„Von den Ponys wollten sie nicht wieder runter“, ergänzt Jenny. „Eigentlich wollten sie gleich hierher reiten und euch zeigen, wie gut sie das können. Bertram hat den Hund verfolgt und ist sogar mit in seine Hütte gekrochen.“

„Ich will auch einen Hund“, sagt Bertram zu seinem Vater und Richard ergänzt: „Und ich auch.“

„Dafür seid ihr noch viel zu klein. Außerdem fahren wir doch bald in den Urlaub ans Meer. Da kann kein Hund mit“, erklärt Olli seinen Söhnen.

„Warum nicht?“, fragt Richard.

„Weil es eine lange Reise wird. Im Urlaub ist es viel zu heiß für einen Hund, und in einem Hotel fühlt er sich nicht wohl. Wir fahren aber bald wieder auf den Reiterhof, dann könnt ihr reiten und mit dem großen Hund spielen“, tröstet Olli seine traurig guckenden Jungs.

„Versprochen?“, fragt Richard.

„Verbrochen?“, fragt Bertram.

„Großes Indianerehrenwort“, sagt Olli und hebt eine Hand.

„Juhu“, freuen sie sich und laufen zum nächsten Baum, um ihre Kletterkünste zu zeigen. Olli geht ihnen nach und passt auf, damit sie nicht abstürzen.

„Wie hat es dir gefallen?“, fragt Jutta ihre Tochter.

„Diese Überraschung ist euch gelungen“, sagt sie begeistert. „Ich muss unbedingt mein Fahrrad bei Papa holen. Dann könnte ich öfter zum Reiterhof fahren. Außerdem habe ich Janek aus meiner Klasse getroffen. Der reitet schon Turniere. Das sah richtig professionell aus, wie im Fernsehen.“

Jutta ist froh, dass sich Jennys Laune gebessert hat.

„Du kannst von Oma ein Fahrrad haben“, sagt sie zu ihr.

„Das ist doch sicher ein uraltes Ding, oder?“ fragt Jenny. Jutta nickt.

Jenny schüttelt den Kopf und sagt: „Nein, das kann ich nicht nehmen. Das wird mir doch gestohlen, so antik und wertvoll wie das ist. Wie soll ich das dann Oma erklären?“

„Jenny, hilfst du mir beim Abendessen?“, fragt Tilly.

„Klar. Ich muss dich auch dringend etwas fragen“, sagt sie aufgeregt.

Kurze Zeit später kommt Daniel ausgehungert angeflitzt, gerade pünktlich, als Tilly einen Riesenauflauf auf den Tisch wuchtet und sagt: „Essen ist fertig.“

Jenny verteilt die Teller und das Besteck.

„Wie machst du das nur?“, fragt Lydia und schaut anerkennend in die Pfanne. „Das sieht nicht nur lecker aus, es riecht auch so.“

„Das habe ich dir doch schon einmal erklärt. Einfach alles in einen Topf, gut umrühren und dann im Ofen überbacken – fertig“, lacht Tilly in die Runde.

Sie ist stolz darauf, dass ihre Bemühungen in der Küche immer wieder Bewunderung finden.

„Wisst ihr schon, dass auf dem Reiterhof ein großes Weihnachtsfest geplant ist?“, fragt Jenny. „Alle Kinder dürfen mitmachen. Hoffentlich habe ich bis dahin reiten gelernt und blamiere mich nicht. Mama, du musst zugucken kommen und Oma – na, erst mal abwarten.“

„Und bevor ich es vergesse“, sagt Tilly. „Lydia. Du bist bitte so lieb und schreibst uns ein kleines Theaterstück. Vielleicht ein Märchen, damit die Knirpse auch verstehen, worum es geht.“

„Wie lange gibst du mir Zeit?“

„Bis September. Wäre das okay? Du bist dann auch unser Ehrengast.“

„Da fühle ich mich jetzt schon geehrt“, sagt Lydia.

„Dürfen wir auch zusehen?“ fragt Richard.

„Sicher. Alle dürfen kommen“, sagt Tilly. „Das wird dieses Jahr ein tolles Weihnachtsfest.“

Bertram klatscht in seine Hände. „Au fein. Ich reite auf dem droßen Hund und fahre mit die Dudsche.“

Der Kleine sitzt auf Ollis Schoß. Ihm fallen vor Erschöpfung fast die Augen zu. Hunger hat er nach dem großen Stück Kirschkuchen von Oma Hedwig nicht mehr.

„Ich werde die Jungs in Daniels Zimmer bringen“, sagt Christine zu Olli. „Sie können diese Nacht ruhig hier schlafen, und du holst sie morgen ab. Auf ein Kind mehr oder weniger kommt es in seiner Räuberhöhle auch nicht an.“

„Danke“, sagt Olli. „Wenn die Jungs ein Weilchen schlafen, reicht das sicher. Ich weiß ja nicht, wann Sybille zurück sein wird. Aber wenn, dann sollten sie schon zu Hause ordentlich in ihren Betten liegen.“

„Seid ihr alle satt?“, fragt Christine, nachdem alle ihre Teller restlos leergeputzt haben. Sie erntet ein zufriedenes Nicken. „Dann räume ich ab, und wir können zum gemütlichen Teil übergehen. Jungs, kommt. Ihr dürft bei Daniel schlafen.“

„Au fein“, jauchzt Bertram. „Dani, ich schlafe auch in deiner Heule. Huuuuhuu.“

„Ich auch“, sagt Richard.

„Ich helfe mit“, bietet Jenny an und steht auf. Sie nimmt sich einen Stapel Teller und geht in die Küche.

„Sie fühlt sich hier schon wie zu Hause“, sagt Jutta erstaunt.

„Wer nicht?“, fragt Olli.

„Ihr erzählt doch heute wieder von früher, oder?“, fragt Tilly. „Das wurde mir beim letzten Mal versprochen.“

„Nicht so ungeduldig, junges Fräulein“, grinst Olli sie an. Er holt unter dem Tisch einen Beutel hervor, in dem es laut klimpert. „Erst wird hier etwas Platz geschaffen. Christine, bring bitte ein paar große Gläser mit raus.“ Er zwinkert den Mädchen zu. „Der liebe Onkel Olli hat Wein mitgebracht und für euch zwei Küken sogar Gänsewein.“

„Prima. Dann können wir ja die ganze Nacht schnattern“, sagt Tilly.

Als alle in gemütlicher Runde zusammensitzen, erzählt Olli: „Ich habe euch noch gar nicht sagen können, dass ich mit der Annegret gesprochen habe. Unser Klassentreffen ist in Planung. Nächstes Jahr wird die Party steigen. Es ist also noch genug Zeit zur Vorbereitung.“

„Nun erzählt doch endlich ein paar Streiche aus eurer Schulzeit“, bettelt Tilly.

„Ich weiß überhaupt nichts aus dieser Zeit“, stellt Jenny fest.

„Da wirst du aber staunen, wie vorbildlich deine Mama früher war. Wir können richtig etwas lernen“, sagt Tilly zu ihr.

„Erinnert ihr euch noch an die Lusche? Wie der uns im Sportunterricht gejagt hat“, beginnt Olli.

„Meinst du den Herrn Lüscher?“, fragt Tilly. „Der ist immer noch an der Schule. Zum Glück darf er nur die Jungs stressen. Wir Mädchen haben eine junge Lehrerin.“

„Ja. Der gute Herr Lüscher“, sagt Jutta. „Der hatte doch die dickeren Kinder alle auf dem Kieker. `Habt euch nicht so und strengt euch etwas an. Zum Essen muss euch doch auch niemand scheuchen´, stellte er immer fest. Das war vielleicht peinlich, bis sich die Mutter von dem dicken Evchen mal beschwert hat.“

„Aber den Vogel hat Olli mit seinen Ausreden abgeschossen“, sagt Christine.

„Das waren gar nicht meine Ausreden. Die Lydia hat sich die immer alle ausgedacht. Ich konnte da gar nichts dafür“, sagt er unschuldig blickend. „Aber nun lasst uns erst einmal anstoßen. Ich habe unseren hochwohlgeborenen Weinkeller geplündert. Löscht euren Durst, es ist genug da.

Und bevor ich es vergesse. Jenny, wenn du möchtest, kannst du ein nagelneues Fahrrad haben. Das langweilt sich seit Jahren bei uns im Keller. Sicher quietscht das die ersten hundert Kilometer, bevor es eingefahren ist. Aber mit einer Kanne Öl kannst du sicher Abhilfe schaffen. Meine Frau ist sich zu fein zum Radfahren. Muss sie ja auch nicht, wenn Paps ihr zum Geburtstag öfter mal ein Cabrio schenkt.“

Jenny ist begeistert. „Wirklich. Das wäre ja prima. Dann kann ich mein altes bei Papa lassen und dort damit fahren.“

„Nun warte erst mal ab. Olli muss vorher Sybille fragen“, sagt Jutta.

„Muss ich gar nicht. Die Zeiten sind nämlich vorbei. Ich verschachere jetzt alles, dann müssen wir uns bei der Teilung nicht streiten. Ha, ha, ha .....“, lacht er über seinen Witz. „Prost, Mädels.“ Er leert sein Glas in einem Zug und gießt nach. „Ihr trinkt ja gar nicht. Schmeckt es euch nicht? Soll ich eine andere Flasche aufmachen?“

„Nein, danke. Wir genießen den guten Wein“, sagt Jutta.

„Na denn, Prost“, ruft Olli und hat schon wieder sein Glas ausgetrunken.

„Junge, mach langsam“, sagt Lydia.

„Das sagt meine Frau auch oft zu mir. Hi, hi, hi .....“, kichert er.

Tilly und Jenny sehen sich an und grinsen.

„Der Olli hatte es früh nie eilig, in die Schule zu kommen. Das heißt, er kam oft zu spät“, erzählt Lydia. „Damit er eine Begründung hat, habe ich mir so manche Ausrede für ihn einfallen lassen. Das war schon die denkerische Vorarbeit für meinen jetzigen Beruf. Den größten Teil habe ich schon verarbeitet.“

„Eine Notlüge hat er öfter benutzt: `Herr Lehrer, unser Brot war alle. Da musste ich erst zum Bäcker. Man soll doch früh richtig essen, damit man Leistungen bringen kann´“, erinnert sich Christine.

„Oder“, wirft Lydia ein: „`Frau Lehrerin, da kann ich nichts dafür, dass ich schon wieder zu spät komme. Nachbars Katze ist gerade in dem Moment als ich gehen wollte in unser Haus gehuscht. Die musste ich noch fangen und rausschmeißen.´ Die Lehrerin sagte: `Aber Oliver, das wäre ja nicht so schlimm, wenn die Katze einen Vormittag in eurem Haus bleibt, oder?´ Er setzt jedoch noch einen drauf. `Doch. Meine Mutter hat Katzenallergie. Das könnte für sie tödlich enden.´“

„Und wie oft mir ein Fahrrad geklaut wurde. So viele neue hatte ich gar nicht. Jeder Lehrer hat das mindendsdens einmal aufgetischt bekommen. Ha, ha ..... hick“, lacht er.

„Wie ist er denn auf solche Ideen gekommen? Ein Handy gab es ja zu der Zeit noch gar nicht, dass ihr euch hättet absprechen können“, stellt Jenny fest.

„Lydia hat ihm vor dem Unterricht einen Zettel an seinen Haken in der Garderobe geklemmt. Da war er immer gut vorbereitet“, sagt Christine.

„Manchmal musste ich beim Lesen von Lydias Notizen so lachen, dass ich vor der Tür gewartet habe, bis mein Gesicht wieder ernste Formen annehmen konnte. Ich wollte doch glaubhaft rüberkommen“, sagt Olli und verzieht sein Gesicht. „Prost, Mädels. Nun lasst euch nicht so bitten. Ist genug von dem Zeug da.“

„Olli, trink doch langsam. Der Wein hat es ganz schön in sich. Wie willst du denn die Jungs heute noch nach Hause bringen?“, fragt Lydia.

„Die schlafen doch. Und schlafende Jungs soll man nicht wecken, oder waren das Hunde? Na, ist doch alles egal. Mir fällt noch ein, dass auf so einem Zettel stand: Olli, dir ist ein Fisch aus dem Aquarium gesprungen. Den musstest du noch zurücksetzen. Da fragt mich doch der Lehrer, ob ich überhaupt ein Aquarium habe. `Klar, sonst könnte mir doch kein Fisch raus hopsen, oder?´, habe ich voller Überzeugung gesagt.“

„Hier trink zwischendurch ein Glas Wasser, sonst bekommst du ein Problem“, fordert Christine ihn auf.

„Nee, du. Mit Wasser bekommste keine Probleme weg. Das kann ich dir sagen“, erwidert er.

„Ein Lehrer hatte es irgendwann satt“, erzählt Lydia weiter. „Weil ich selbst spät dran war, hatte ich keine Zeit mehr, Olli etwas aufzuschreiben. Da musste er sich selbst etwas einfallen lassen und improvisieren. Ich war gespannt, wie er sich aus der Affäre ziehen wird. Aber auch dieses Hindernis hat er genommen. Er sagte: `Also, Herr Lehrer. Das war heute vielleicht eine Kettenreaktion unglücklicher Momente. Unglaublich. Also, erst .....´

`Stopp!´, rief der Lehrer: `Setz dich, sonst ist die Stunde um, bevor du mit deinem Märchen zu Ende bist.´“

„Ich muss öfter daran denken, was nur unserem Musiklehrer aufgefallen ist“, sagt Jutta. „Wie sagte er oft? Wir sind die vier unmusikalischsten Komponisten, die es je gab.“

„Wie kam er denn darauf?“, fragt Jenny verwundert.

„Ich glaube, ich weiß es“, sagt Tilly. „Olli heißt mit Nachnamen Wagner, Mama Schumann, Lydia Bach und deine Mama hieß als Kind wie deine Oma, Schubert. Und das hat niemand sonst bemerkt?“

„Darüber haben wir uns keine Gedanken gemacht“, sagt Lydia. „Enttäuscht war unser Lehrer, dass wir alle nicht singen können. Er meinte zwar, bei Olli könnte man noch auf den Stimmbruch hoffen. Aber das wäre eher unwahrscheinlich“, sagt Jutta.

„Schade, dass Richard den Nachnamen von Schönbeck bekommen hat. Es wäre doch toll, wenn er Richard Wagner heißen würde“, stellt Christine fest. „Klavier spielen kann er auch schon etwas.“

Olli hat schon wieder sein Glas geleert und öffnet schwerfällig die nächste Flasche.

„Vielleicht ist es besser, wenn wir jetzt fahren“, sagt Jutta.

„Jenny kann bei mir schlafen“, sagt Tilly.

Jennys Augen leuchten auf. „Das wäre ja prima. Mama, darf ich?“

Jutta sieht Christine fragend an.

„Mir ist das egal. Hier geht es sowieso ständig zu wie im Taubenschlag.“

Jenny ist begeistert. „Toll. Dann können wir gleich morgen früh wieder zum Reiterhof fahren.“

Christine nickt ihrer Tochter zu und zeigt in Richtung Haus. Tilly versteht die Geste und sagt: „Ich bin so müde. Kommst du mit, Jenny? Wir gehen lieber in mein Zimmer.“

„Okay. Es war ein schöner Tag heute. Gute Nacht“, verabschiedet sich Jenny.

„Schlaft schön“, sagt Jutta.

„Und macht keine Dummheiten“, ruft Olli ihnen noch hinterher und trinkt wieder sein Glas aus.

„Hör lieber auf, so viel zu trinken“, sagt Lydia zu ihm.

„Ich habe Durschd. Außerdem bin ich schon groß. Wir können doch was singen. Heute blau und morgen blau und übermorgen .....“, trällert er und fordert die anderen auf mitzusingen.

„Olli, mach nicht so laut! Die Kleinen schlafen“, sagt Christine.

„Ihr Spielverderber. Nicht mal singen darf man.“

Er lässt sich zur Seite fallen und macht es sich auf der Hollywoodschaukel bequem.

„Das is ja ein Waggelbedd hier. Ha, ha, ha ..... So etwas Tolles gönnt mir meine Frau zu Hause nicht.“

„Was machen wir mit ihm?“, fragt Jutta. „Wir können ihn doch in diesem Zustand nicht nach Hause fahren lassen. Hier bleiben kann er aber auch nicht. Und Sybille anzurufen, dass traue ich mich nicht. Dann bin ich wieder schuld.“

„Er kann an der frischen Luft schlafen. Morgen wird er schon irgendwann aufwachen. Das Donnerwetter von Sybille möchte ich nicht hören“, sagt Christine.

„Ich bin gespannt auf das Klassentreffen“, sagt Jutta. „Ob denn Max Schöne auch kommt? Der schöne Max – Schwarm aller Mädchen.“

Lydia und Christine sehen sich verunsichert an.

„Was habt ihr denn?“, fragt Jutta. „Ihr fandet den wohl nicht super? Heute denke ich auch anders darüber. Ich hoffe, dass Jenny so ein Kerl in ihrer Klasse erspart bleibt. Der bringt die Mädchen nur durcheinander und lenkt sie von den wichtigen Dingen im Leben ab.“

„Was? Der schöne Max is da“, lallt Olli.

Er setzt sich auf und guckt in die Runde. „Wo isser denn? Der hat ja immer geprahlt mit seinen Weibergeschichten und uns alles haarscharf erzählt. Das war manchmal ganz schön scharf. Ha, ha, ha .....“

Lydia wird blass und sieht besorgt zu Christine. Die schüttelt nur leicht ihren Kopf.

Olli holt tief Luft und singt: „Geh mer ma rüber, geh mer ma nüber, geh mer ma rüber zu Schmidt seiner Frau .....“

„Pssssst“, zischt Christine. „Und nicht zu Schmidts und schon gar nicht alleine zu seiner Frau. Ich glaube, Ärger mit ihrem Mann kannst du zurzeit nicht auch noch gebrauchen. Nachbar Schmidt ist bei einer Sicherheits-Firma und ein Mann wie ein Schrank“, erklärt sie Lydia und Jutta.

Christine geht ins Haus und kommt mit einer Decke und einem Kissen zurück.

„So, Olli. Jetzt legst du dich hin und schläfst schön.“

„Su Befehl, Muddi. Hi, hi, hi .....“, kichert er. „Muss abber noch was drinkn. Hab Durschd.“

„Hier hast du ein Glas Wasser. Das muss reichen. Und jetzt ist Schluss“, sagt Christine. „Musst du noch einmal ins Bad?“, fragt sie vorsichtshalber.

„Das is ne gute Idee.“

Christine hilft ihm auf und begleitet ihn bis zur Tür. „Rausfinden wirst du dich sicher alleine, oder?“

Als sie wieder auf der Terrasse erscheint, sagt sie, dass die Jungs tief und fest schlafen und die Mädchen viel Spaß haben, denn sie kichern die ganze Zeit.

„Armer Olli“, sagt Jutta. „Das hat er nicht verdient. Da wünscht man ihm, dass die Zeit schnell vergeht, damit er bald den ganzen Ärger hinter sich hat. Dass auch immer alles gleichzeitig kommen muss.“

„Dass Sybille mit ihm auf Dauer nicht glücklich werden kann, war ja von Anfang an klar“, sagt Christine. „Ihre Kindheit und Jugend musste sie in Internaten verbringen und dann soll sie wissen, wie man eine Familie führt. Die armen Jungs. Denen wird auch nichts erspart bleiben.“

Sie hören im Haus Gepolter und dann Olli rufen: „Sybille? Unser Lafsimmer is weg. Sybihille?“

Christine stürmt ihm entgegen und zieht ihn nach draußen. „Jetzt ist aber Schluss. Ab in die Haia, du großer Junge.“

„Das is ja wieder das Waggelbedd“, stellt er fest, legt sich aber ohne Widerstand hin und schläft auch sofort ein. Christine wickelt ihn in die Decke und schiebt das Kissen unter seinen Kopf.

„Meinst du, dass wir dich mit ihm alleinlassen können?“, fragt Jutta besorgt.

„Viel Schaden kann er hier draußen nicht anrichten. Und mit Sybille und seinem Kater muss er morgen selbst fertig werden“, antwortet Christine. „Ich kann es nicht fassen. Schenkt Sybille ihm eine Vogelspinne. Viel schlimmer geht nimmer.“

„Sie wird sich dabei schon etwas gedacht haben“, sagt Jutta. „Zu diesem Tier kann man nämlich die wenigsten Beziehungen aufbauen. Deshalb muss sie nicht eifersüchtig sein. Rüdiger hätte von mir eine Patenschaft zumindest für eine Kegelrobbe oder einen Pinguin bekommen, aber eine Vogelspinne ..... igitt.“

„Machen wir lieber Schluss für heute. Damit Olli in Ruhe schlafen kann und nicht noch die gesamte Nachbarschaft stört“, schlägt Lydia vor.

„Ich hole Jenny morgen gegen Mittag ab. Die nächste Party steigt bei mir zum Einzug“, sagt Jutta.

„Dann fahren wir jetzt. Tut mir leid, Christine, dass nun wieder alles an dir hängenbleibt“, sagt Lydia und umarmt ihre Freundin.

„Macht nichts. Kommt gut nach Hause.“

Alles wird gut ...

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