Читать книгу Alles wird gut ... - Heidi Dahlsen - Страница 20
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ОглавлениеNach dem Frühstück nimmt Jutta die Fahrzeugpapiere und geht zum Parkplatz. Während sie den Schlüssel in das Schloss steckt, murmelt sie vor sich hin: „Der Wagen hat nicht einmal zehntausend Kilometer runter. Wie Rüdiger das wohl vor seinen Eltern gerechtfertigt hat? Aber auch das ist mir egal. Verdient habe ich eine satte Abfindung für die jahrelange moralische Folter.“
Jedes Mal, wenn sie an Rüdiger und seine Familie erinnert wird, läuft ihr eine unangenehme Kälte über den Rücken. Sie ist jedoch zuversichtlich, dass ab jetzt alles nur noch besser werden kann, und ist davon überzeugt, dass die neuen Herausforderungen in der Agentur sogar Spaß machen werden. Sie denkt an die freundlichen Kollegen und sieht auch Markus vor sich. Sofort zieht ein Kribbeln durch ihren Körper. Die Gedanken an diesen gutaussehenden Mann mit den strahlend blauen Augen lassen sie verträumt lächeln. Sie seufzt.
„Leider ist er für mich tabu“, ruft sie sich schnell in Erinnerung. Sie ist der Überzeugung, dass man einem Techtelmechtel mit einem Kollegen von Anfang an einen Riegel vorschieben sollte.
Zum Glück ist sie fast in der Waldsiedlung angekommen. Sie fährt auf dem schmalen Weg langsam und muss sich konzentrieren, denn hier ist schon Leben eingekehrt. Ihr kommen Jogger entgegen. Einige Familien sind bereits mit Rädern und Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern unterwegs.
Vor Christines Haus stellt sie ihr Auto ab und steigt aus. Kaum ist sie ein paar Schritte gegangen, hört sie eine lautstarke Diskussion.
„Hoffentlich hat Jenny keinen Ärger gemacht?“, denkt sie erschrocken und beschleunigt ihre Schritte.
Auf der Terrasse sieht sie Olli ganz verdattert auf der Hollywoodschaukel sitzen. Vor ihm hat sich die wütende Sybille aufgebaut.
„Guten Tag“, sagt sie. Wird aber von beiden nicht weiter beachtet, sodass sie schnell im Haus verschwindet.
„Christine?“, ruft sie.
„Hier oben sind wir, in Daniels Zimmer“, hört Jutta die Stimme ihrer Freundin.
„Ich wollte Jenny abholen.“
„Die Mädchen müssten bald zurück sein. Ich beschäftige die Kleinen, damit sie von dem Theater da unten nichts mitbekommen“, flüstert sie Jutta zu und sagt zu den Jungs, „Baut mal schön an der Burg weiter. Ich bin gleich zurück und schaue mir an, was ihr geschafft habt.“
Richard guckt traurig vor sich hin. Es ist ihm anzumerken, dass er ahnt, was im Garten zwischen seinen Eltern vor sich geht. Sicher ist das nicht das erste Mal, dass die beiden streiten.
„Sybille hat acht Uhr schon angerufen und damit hier alle aus den Betten geholt – außer Olli natürlich“, sagt Christine. „Die hat mir bereits am Telefon die Hölle heiß gemacht und ist dann sofort hergekommen. Eigentlich nur, um die Jungs abzuholen, sagte sie. Sie steht aber seit einer reichlichen Stunde auf der Terrasse und diskutiert mit Olli – besser gesagt, sie schimpft nur auf ihn ein. Ich glaube, er ist noch gar nicht richtig bei Bewusstsein. Komm mit in die Küche. Ich mache uns Kaffee. Du hast doch noch etwas Zeit?“
„Ja. Zeit habe ich heute genug. Nachher fahre ich mit Jenny nur noch kurz zum Friedhof.“
Sybilles Geschrei auf der Terrasse ist deutlich zu hören.
„Zieh doch gleich hierher“, tobt sie. „Ihr könnt doch eine Kommune gründen, so gut wie ihr euch versteht. Der beliebte Herr Wagner und seine drei unentbehrlichen Frauen. Statt dich wie ein verantwortungsbewusster Familienvater aufzuführen, besäufst du dich und überlässt meine Kinder sich selbst.“
„Übertreibe nicht .....“, wirft Olli ein.
Weiter kommt er nicht.
„Ich fahre jetzt nach Hause. Wage es auf gar keinen Fall, in diesem Zustand bei uns aufzukreuzen“, schreit Sybille und geht in die Küche.
Ohne Christine oder Jutta anzusehen, sagt sie: „Ich hätte gern meine Kinder!“
Christine geht nach oben.
„Richard, Bertram, kommt. Die Mama möchte mit euch nach Hause fahren.“
„Ich will noch in der Räuberheule spielen“, sagt Bertram und springt übermütig in Daniels Bett.
„Das kannst du das nächste Mal. Richard, du musst doch nicht weinen. Ihr dürft bald wiederkommen.“
Christine wühlt sich durch die Kissen, um an Bertram ranzukommen und zieht ihn zu sich. Sie nimmt ihn auf den Arm und geht langsam die Treppe runter. Richard ist dicht hinter ihr.
„Beeilt euch! Ich halte es hier nicht länger aus. Habt ihr eure Sachen?“, fragt Sybille Richard unfreundlich.
Er nickt nur und putzt sich die Nase.
Unsanft nimmt Sybille ihre kleinen Söhne an die Hand und zieht sie, ohne sich zu verabschieden, hinter sich her.
Christine nimmt die Kaffeekanne und Jutta drei Tassen. Sie gehen zu Olli.
„Es tut mir so leid, dass ihr das Theater mitbekommen habt. Das wollte ich nicht. Ich weiß gar nicht, wieso ich noch hier bin“, jammert Olli. „Oh, mein Kopf. Ich glaube, ich habe eine Dauerkarte fürs Karussell gekauft. Mir ist so schwindlig.“
„Trink erst mal einen starken Kaffee, dann kannst du duschen und die Welt sieht sogar für dich wieder freundlicher aus“, sagt Christine.
„Wie hat sie das mit der Kommune gemeint?“, fragt Jutta.
„Sybille ist bloß eifersüchtig auf uns“, antwortet Christine und winkt ab.
„Warum bin ich denn gestern Abend nicht mehr nach Hause gefahren?“, fragt Olli fassungslos. „Das musste ja so enden.“
„Du konntest nicht mal mehr stehen. Sei froh, dass du nicht noch Ärger mit Herrn Schmidt bekommen hast“, sagt Christine.
„Wieso? Was hat der damit zu tun? Den kenne ich doch gar nicht“, stellt Olli fest.
„Du hattest so ein nettes Trinklied drauf und wolltest zu Schmidt seiner Frau. Wir haben dich aber gebremst.“
„Danke“, kann Olli nur sagen. „Ich fahre in die Agentur und lege mich dort noch etwas hin. Am Abend werde ich sehen, ob sich zu Hause die Wogen geglättet haben. Eher werde ich mit Sybille gar nicht reden können. Danke Christine, dass du dich um die Jungs gekümmert hast.“
„Das habe ich doch gern getan.“
„Dann bleibt uns nur, dir viel Glück zu wünschen. Wir sehen uns morgen im Büro“, sagt Jutta.
Als Olli weg ist, ergänzt sie: „Mit ihm möchte ich nicht tauschen. Vielleicht wäre es besser, man bindet sich nie, dann bleibt einem sicher viel erspart. Oder kennst du jemanden, der glücklich verheiratet ist?“
Beide trinken nachdenklich ihren Kaffee.
Tilly und Jenny kommen unterdessen angeradelt.
„Hallo, Mama. Guten Morgen“, begrüßt Jenny ihre Mutter und gibt ihr sogar einen Kuss.
„Darf Jenny morgen wieder mitkommen?“, fragt Tilly. „Montags ist Reitunterricht für Anfänger. Es sind noch Plätze frei.“
„Darüber müssen wir noch sprechen. Jenny sagt dir Bescheid. Wir wollen jetzt fahren“, antwortet Jutta.
„Bist du mit dem neuen Auto hier?“, fragt Jenny.
Jutta nickt.
„Da komme ich gleich mit raus und sehe mir das an“, sagt Christine.
„Tschüss, Tilly und danke“, verabschiedet sich Jenny.
„Ja, tschüss. Bis morgen.“