Читать книгу Vernehmungen - Heiko Artkämper - Страница 76

2.9Vorgespräche

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201Der Begriff des Vorgesprächs weist durchaus unterschiedliche Konnotationen auf: In der Vernehmungsliteratur wird teilweise ein allgemeines „Vorgeplänkel“ – die Einhaltung zwischenmenschlicher Umgangsformen, der Versuch, einen Zugang zu dem zu Vernehmenden zu schaffen – von dem Einstieg in die eigentliche Vernehmungsmaterie und der sich damit einstellenden Vernehmungsatmosphäre unterschieden. Ersteres soll mangels Sachbezug in keinem Fall eine Vernehmung oder ein Vorgespräch darstellen. Dies ist zweifelhaft und gefährlich.

Praxistipp:
202 Der Beschuldigte ist in keiner Weise verpflichtet, irgendwelche Angaben zu machen; dieses Einlassungsverweigerungsrecht bezieht sich auch auf solche Umstände, die in keinerlei Zusammenhang mit der Vernehmungsmaterie stehen. Er darf umfassend schweigen.

203An dieser Stelle soll auch ausdrücklich auf die Gefahren hingewiesen werden, die aus den häufig geführten Vorgesprächen oder Vorbesprechungen resultieren. Es ist jedermann, der selbst Vernehmungen führt, bekannt, dass derartige Vorgespräche nötig sind und stattfinden. Sie sollen dazu dienen, eine entspannte Gesprächsatmosphäre und dem Vernehmenden Zugang zu dem Beschuldigten zu schaffen. Dabei weisen sie regelmäßig Bezüge zur Tat auf, derentwegen die Vernehmung erfolgen soll. Auch wenn Vorgespräche aus der Rechtsrealität nicht wegzudiskutieren sind, sind sie bei genauer Betrachtung bereits Teil der Vernehmung.

Beispiel:

204Hat ein Polizeibeamter einen Beschuldigten für einen bestimmten Zeitpunkt in sein Dienstzimmer geladen, klopft jemand zu diesem Zeitpunkt an die Tür und die dort eintretende Person ist identisch mit jener Person, die auf einem dreiteiligen Lichtbild abgebildet ist, das auf dem Schreibtisch des Polizeibeamten liegt, ist für eine wohlgemeinte Konversation eigentlich kein Raum. Andererseits würde eine sofortige Konfrontation des den Raum betretenden Beschuldigten mit seinen Rechten ein sinnvolles Gespräch mehr oder minder unmöglich machen.

205Wichtig ist, dass sich aus den geführten Vorgesprächen oftmals Vermengungen mit der eigentlichen Vernehmung ergeben. Der rechtsstaatlich gebotene Weg ist hier eindeutig: Auch den vernehmungstaktisch gebotenen Vorgesprächen ist eine Belehrung voranzustellen, zumal ansonsten die Beschuldigtenrechte ausgehebelt werden könnten. Wurde eine Belehrung versehentlich vergessen, so kann die Verwertbarkeit der nachfolgenden Vernehmung nur dadurch sichergestellt werden, dass der Beschuldigte vor Beginn der eigentlichen Vernehmung darauf hingewiesen wird, dass die von ihm im Vorgespräch getätigten Äußerungen nicht verwertbar sind.

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